Geschrieben am 25. März 2004 von für Musikmag

Jonathan Fischer (Hg.): Black & Proud.

The Soul of the Black Panther Era.

„Black & Proud“ auf jeden Fall ist ein Projekt, das keinesfalls in Nostalgie aufgeht, sondern diese USA today umso verständlicher macht. Schön ist das nur als Musik.

Ältere Menschen wissen es noch aus den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts: Public Enemy, Tupac Shakur und alle Gangsta-Rapper und HipHopper unserer Tage sind nicht vom Himmel gefallen, sondern stehen in einer langen Tradition. Als sich die Bürgerrechtsbewegung in den 60ern und 70ern zu radikalisieren begann und Huey P. Newton 1967 die „Black Panther for Self Defense“ gründete, mangelte es an musikalischer Begleitung und Flankierung nicht. Jazzer wie Archie Shepp, Charlie Mingus, Max Roach & Co. hatten schon seit geraumer Zeit radikalere Töne angeschlagen – auch musikalisch. Teilweise so radikal für die Gehörgänge, dass das breite Publikum ausstieg. Populär wurde das, was man damals gerne „Soul“ nannte und vornehmlich aus den Häusern Stax und Motown kam. Starke Bässe, schwerer groove, die Tanzbarkeit und sexy Performances, die man durchaus mit politischen Inhalten füllen konnte, wurden zur Erfolgsformel der black music jener Jahre. Die konnte auch ein weißes Publikum goutieren (cf. Isaac Hayes & James Brown), wenn es auch nicht immer so genau verstehen (wollte) konnte, um was es da ging. Der Sex-Appeal auf jeden Fall war mit Händen zu greifen.

Auf zwei sehr sinnvollen CDs hat Jonathan Fischer jetzt einen bunten Querschnitt dieser Ära versammelt – mit bekannten Protagonisten und deren explizitesten Songs. Also mit eher unbekannten, wenig anthologisierten, wenig gesendeten Titeln, denn wie deklamiert doch einer der Großen dieses Genres, Gil Scott-Heron zurecht: „The revolution will not be televised“. Insofern müssen auch wir älteren Menschen gar nicht wissend abwinken, wenn wir Namen wie Marvin Gaye, Curtis Mayfield, die Staple Singers, Miriam Makeba, Larry Williams oder Cannonball Adderley lesen – diese Titel hier kennen wir nicht, wenn wir nicht ausgesprochene Spezialisten sind – oder haben sie schon wieder vergessen. Es sind zornige, giftige Gesänge, die weit über die „Black & Proud“-Rhetorik hinausgehen und die Machtverhältnisse zwischen Schwarz und Weiß präzise benennen. Damit landete man auch damals schon keine mainstream-Hits, konnte aber durchaus bei der eigenen Klientel eine halbe Million Platten verkaufen wie die Last Poets etwa. Natürlich ist auch viel pseudorevolutionärer Kitsch dabei, und natürlich schlägt auch, ex post doppelt deutlich gehört, der schwarze Rassismus (vor allem gegen Juden und Latinos) durch. Vom immer problematisch gebliebenen Sexismus wollen wir gar nicht reden. Aber das gehört historisch (und aktuell, siehe die oben genannten Herrschaften) zum Spiel dazu.

Trouvaillen gibt es natürlich auch – die erstaunlichste ist vielleicht die Ausgrabung von Assata Shakur, der Tante von Tupac Shakur, die sich auf Kuba der Verfolgung der US-amerikanischen Behörden entzog und hier mit der britischen Asian Dub Foundation kräftig vom Leder zieht.

„Black & Proud“ auf jeden Fall ist ein Projekt, das keinesfalls in Nostalgie aufgeht, sondern diese USA today umso verständlicher macht. Schön ist das nur als Musik.

Thomas Wörtche

Black & Proud. The Soul of the Black Panther Era. Vol. 1 + 2. Herausgegeben von Jonathan Fischer. Trikont.