Geschrieben am 2. August 2024 von für Crimemag, Litmag, Special Thomas Wörtche, Thomas Wörtche

Petra Hardt, Bodo V. Hechelhammer, Nele Hoffmann, Jan Karsten

Petra Hardt: Moskau

Wer Thomas kennenlernen möchte, gehe mit ihm durch Moskau.

Wie alle Metropolen ist diese wunderschöne Stadt ein Katalysator vorhandener Kapazitäten – und da sind wir wieder bei Thomas.

Die Besichtigung des Roten Platzes geriet zu einem historischen und militärhistorischen Hauptseminar. Es war die wohl längste touristische Besichtigung der Place Rouge. Ich musste mich zwischendurch hinsetzen und alles verstanden habe ich auch nicht, aber Thomas kann man auch einfach so zuhören.

Während der Schifffahrt auf der Moskwa offenbarte Thomas seine architektonischen und topographischen Kenntnisse. Der Ausflug auf dem Wasser war zeitlich begrenzt.  

Im Garten des Hotels Bagration in der Sechenovskij Lane sprach Thomas über die Liebe und über Beziehungen im Allgemeinen. So ungemein klug und weiblich. Es hat mich nicht verwundert, dass er kurz nach Moskau Anna kennenlernte.

Und dann kamen ja erst die Veranstaltung und das Seminar für die russischen Verleger und Verlegerinnen, zu dem wir als Redner und Dozenten eingeladen waren. Und da besetzt Thomas nun mit seinem Thema zur Kriminalliteratur ein Alleinstellungsmerkmal weltweit. Inhaltliches, Marktstrategisches und Editionstechnisches begeisterten die Zuhörer gleichermaßen und es sollte mich nicht wundern, wenn der Umsatz des Segments „Krimi und Thriller“ in Russland nach Thomas Vortrag gewachsen ist. Genau wissen wir es nicht, denn die Pandemie und der Krieg trennten uns von den russischen Verlegern und vom Buchhandelsinformationszentrum in Moskau.

Nur ein Weiser kann über die Abgründe des Menschen nachdenken und sie aufspüren in Geschichte und Gegenwart, in allen Schriften und auf allen Kontinenten. Und nur ein Weiser wird immer wieder richtig entscheiden, was er dem Leser zumuten kann von der Komplexität der menschlichen Neuronen. Und da sind wir wieder bei Iwan Sechenow.

Wer Thomas ehren möchte, ziehe von Berlin nach Mannheim um, in die Oststadt, 200 m Luftlinie zum KFG (Kaiser Friedrich Gymnasium). 

Ad multos annos, guter Freund

Petra

Anm. d. Red.: Petra Hardt war von 1995 bis 2020 Rights Director bei den Verlagen Suhrkamp und Insel. Seitdem ist sie als Beraterin tätig – gerne auch für die Autorenseite: www.petrahardt.com

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Bodo V. Hechelhammer: Wie Bob Urban und Heinz Felfe für ein Kennenlernen mit Thomas Wörtche sorgten

Vor ungefähr sieben Jahren habe ich Thomas Wörtche zum ersten Mal persönlich kennengelernt. Es war eine Begegnung der besonderen Art, die natürlich mit Büchern zu tun hatte. Am 12. Dezember 2017 stellte ich mein Werk über Heinz Felfes Amerikareise im Berliner Brecht-Haus vor. Nur ein paar Leute fanden an jenem kalten Winterabend den Weg in das kleine Literaturforum, um sich ein sehr spezielles Spionagethema anzuhören.

Zuhörer, die sich für eine Lesung opfern, sind meistens eine eingeschworene Gemeinschaft. Das sind entweder Freunde und Bekannte, Historiker oder Nachrichtendienstmitarbeiter. In Berlin sind es auch immer wieder spezielle Menschen, die einfach nur eine Stunde im Warmen verbringen oder vor Publikum ungefragt von ihren Erfahrungen als Reptiloide erzählen wollen. Die überschaubare Anzahl von Gesichtern an diesem Abend lauschte meinen Worten, einige konzentriert, andere nickten weg. Nur wenige fokussierten sich erkennbar auf mich. So wie der eine große, graumelierte Mann mit Brille und Lederjacke. Er fiel auf, wirkte sehr souverän und schien sich mit dem Thema und meiner Person auszukennen. Bei der abschließenden Fragerunde meldete er sich aber nicht zu Wort. Das war auch nicht nötig, denn nach der Veranstaltung stand er plötzlich vor mir, mindestens einen Kopf größer als ich, und grinste mich breit an.

Er sagte, wir würden uns kennen, und nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: Ich bin dein Chef. Mit diesem Luke-Skywalker-Moment hatte ich nicht gerechnet und musste erst mal kurz überlegen, was ich darauf sagen könnte. Dabei wurde mir gleichzeitig ein Fragezeichen auf die Stirn gemeißelt. Er löste auf, dass er Thomas Wörtche und für CulturMag/CrimeMag mitverantwortlich sei, für das ich schließlich seit der vorherigen Novemberausgabe als Autor erstmalig mitwirkte.

Ich hatte das Glück, bei CrimeMag mitzuschreiben, weil ich über eine Publikation über Bob Urban mit dem Mister-Dynamit-Spezialisten und Mitherausgeber des Kulturformats Alf Mayer in Kontakt gekommen war. Ich zeigte mich froh über die lustige Auflösung und erleichtert, keinen ehemaligen Kundschafter oder gegenwärtigen Echsenmenschen ertragen zu müssen. Wir sind gleich zusammen etwas trinken und essen gegangen. Und wie bei allen folgenden Treffen mit Thomas war es einfach sofort eine gute Zeit mit Humor und Niveau, geprägt von einer Themenbandbreite von Fußball bis Feuilleton und leidenschaftlichen Diskussionen über Gott und die Welt. Immer auf Grundlage seiner unglaublichen warmherzigen Belesenheit. Merci & cheers. 

Bodo V. Hechelhammer

Anm. d. Red.: Bodo V. Hechelhammer kam als Chefhistoriker des Bundesnachrichtendienstes (BND) – mit einem kundigen Faible für die populärkulturellen Spiegelungen der Agenten- und Geheimdienstwelt – mit uns in Kontakt und ist seitdem ein geschätzter Autor. Seine Texte bei CrimeMag hier. „Geheimdienst ist besonders spannend unter kulturhistorischer Sicht“, ein Interview von Alf Mayer mit dem Autor über das Buch „Doppelagent Heinz Felfe entdeckt Amerika. Der BND, die CIA und eine geheime Reise im Jahr 1956″ hier. Besprechung von „Spion ohne Grenzen. Heinz Felfe – Agent in sieben Geheimdiensten hier.2022 von ihm erschienen: Rolf Kauka. Fürst der Füchse, hier bei uns besprochen, ein Textauszug hier.

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Nele Hoffmann: Der Bücherflüsterer

“A man’s bookcase will tell you everything you’ll ever need to know about him.” (Walter Mosley, The Long Fall)

Ein Zimmer zum Hof im alten Berliner Westen, Charlottengrad, eine dieser Straßen, die auch unter grauem Himmel immer hell sind. Hinterhaus, Geruch von Dielen, altem Papier, Tabak (früher jedenfalls). Sound: Vielleicht kind of blue. Bücher wachsen anarchisch die Wände hoch, oder sind es von tektonischen Verschiebungen aufgeworfene Strukturen, der Logik von Zeitaltern folgend? Die Philosophen, clare et distincte, die Magazine der Eighties, die metro-Cover, inzwischen die Suhrkamp-Bände. Außerdem Geschichte, Politik, Musik, Architektur, Naturkunde gelegentlich, opulente coffee table books, graphic, Lyrik, you name it. Es wäre den Versuch wert, eine Anthologie aus den Widmungen Deiner Autoren zu machen, die in den Erstausgaben zu finden sind. Dann würde Dein Bücherregal über Dich verraten, dass Du ein singulärer Menschen- und Bücherflüsterer bist. Sofern sie Dich interessieren, faszinieren, bewegen, provozieren können.

Happy Birthday, lieber Thomas.

Nele

Anm. d. Red.: Von Nele Hoffmann 2012 erschienen: A Taste for Crime Zur Wertung von Kriminalliteratur in Literaturkritik und Wissenschaft.

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Jan Karsten: Mit einem Telefonat fing es an

„70?“ Für mich war TW immer zeitlos – ein Merkmal der Solitäre. Ich weiß noch, wie ich vor nun fast 20 Jahren all meinen Mut zusammennahm und Thomas anrief, um ihn zu fragen, ob er Lust hätte, ein Onlinemagazin für Kriminalliteratur herauszugeben. Ich hatte den richtigen Zeitpunkt erwischt, Thomas sagte zu. Der Grundstein für CulturMag/CrimeMag (und später auch CulturBooks, das daraus entstand) war gelegt.

Von Anfang an war ich beeindruckt von seiner Offenheit für das Unkonventionelle, das Mutige, auch das Subversive. Seiner fröhlichen Freiheit, dem wahnsinnigen Wissen.  Viele Jahre arbeiteten wir in einem fast permanenten Austausch an erst wöchentlichen, dann monatlichen Ausgaben von Litmag und CrimeMag – eine schöne, intensive, eine aufregende Zeit.

Herzlichen Glückwunsch, lieber Thomas – bleib weiter zeitlos!

Jan Karsten, CulturBooks

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