Geschrieben am 1. April 2023 von für Crimemag, CrimeMag April 2023

Playing Video Games (18): The Last of us als HBO-Serie

The Last of us 1 und 2 gehören zu den meist-ausgezeichneten und meist-geliebten Games aller Zeiten. Sie sind auch einer der Gründe, die der Playstation von Sony den Sieg im Kampf der Konsolen gegen die Microsoft XBOX gesichert haben. Und das vor allem, weil die Spiele eine gute Geschichte erzählen. Kein Wunder, dass jetzt HBO und das Entwickler-Studio Naughty Dog gemeinsam eine Serie daraus gemacht haben. Eine Serie, die Antritt, die erzählerische Qualität der Shooter-Vorlage kompromisslos ins neue Medium zu übertragen. Für das Konzept sind The Last of usErfinder Neil Druckmann und der Chernobyl-Autor Craig Maizin verantworlich.

The Last of us ist pures Zombie-Genre. Das Besondere hier ist die Biologie. Pilze haben die Weltherrschaft an sich gerissen. Cordyceps-Pilzsporen befallen Menschen, übernehmen ihre Nervensysteme und können sie dann in großen Clustern steuern. Das funktioniert so gut, dass bisher niemand ein Gegenmittel finden konnte. Die Pilz-Zombies sind nicht nur schneller und präziser, als sonst im Genre üblich, sie sehen auch noch deutlich ekliger aus. 

Die Cordyceps-Pilzinfektion befällt die menschliche Zivilisation rund um den Globus und ist schlimmer als der Tod. Ähnlich wie dies Pilze im echten Leben Ameisen und Käfer befallen, greift der mutierte Cordyceps hier die Neuronen seines Wirts an, tötet Gehirnzellen und übernimmt die Kontrolle über die motorischen Funktionen. Das einzige Ziel: sich weiterverbreiten.

Die wenigen nicht-infizierten Menschen müssen sich kleinen Gated Communities zusammenschließen und es bilden sich dadurch viele einzelne Clans, Parteien, Glaubensrichtungen, die nicht nur Infizierte, sondern auch alle, die andere Überzeugungen haben, ablehnen. Während die große Zombie-Serie The Walking Deadein großes Ensemble-Stück mit vielen Hauptfiguren ist, konzentriert sich The last of us auf zwei Charaktere, die sich auf eine Reise durch die Pilz-Apokalypse machen müssen. 

In der ersten Folge wird der Ausbruch im Jahr 2003 gezeigt. Joel und sein Bruder schlagen sich als Gelegenheitsarbeiter durch und kümmern sich mal mehr oder weniger gut um Joels intelligente Teenager-Tochter. Eine mehr oder weniger glückliche Familie. Als dann plötzlich das Chaos ausbricht, wird Joels Tochter von einem Soldaten erschossen. Danach springen wir 20 Jahre in die Zukunft. Bosten ist eine abgeriegelte Militärdiktatur und Joels Jobs schlechter denn je. Leichen verbrennen, Latrinen reinigen. Die 14-jährige Ellie ist als einziger bisher bekannter Mensch immun gegen die Pilze. Sie wird von einer Rebellengruppe in Boston aufgegriffen und diese beauftragen den komplett desillusionierten und von Tod und Brutalität abgestumpften Ex-Soldaten Joel, das Mädchen quer durch die USA zu einem Krankenhaus zu bringen, wo noch aktiv geforscht und nach Gegenmitteln gesucht wird. Ellie ist Vollwaise und hat grade ihre beste Freundin verloren und Joel willigt nur ein, weil ihm als Gegenleistung Auto-Ersatzteile versprochen werden, die er braucht, um seinen Bruder zu suchen. Ein ungleiches Paar, ein Zweckbündnis, eine Sucide-Mission, weil es sonst keine Alternativen im Leben gibt. Die weiteren acht Folgen der Serie sind für beide Figuren eine Reise zu sich selbst und eine Reise zueinander. 

Wenn eine Serie auf zwei Hauptfiguren setzt, ist die Besetzung entscheidend. Und zum Glück hat sich das Team für Bella Ramsey und Pedro Pascal entschieden. Die 2003 in Nottingham geborene Bella Ramsey ist u.a. bekannt als Lyanna Mormont in der sechsten Staffel von Game of Thrones, die tapfere Lady der Bäreninsel. Sie spielt Ellie so echt, so klar und präsent, so schnell und unverfälscht, so gnadenlos authentisch und feinnervig wie ein hungriges Raubtier. Sie ist die Sensation dieser Serie. Und weil sie so brillant ist, dass sie jeden an die Wand spielt und jede Szene an sich reißt, ist es gut, dass Pedro Pascal hier ihr Partner ist. Pascal ist das gewöhnt. Der Star aus Narcos und Game of Thronesspielt zurzeit auch die Titelfigur der Disney-Serie The Mandalorien. Hier wird er von der Baby Yoda Figur Grogu ebenfalls in jeder gemeinsamen Szene an die Wand gespielt. Aber das macht nichts. Pedro Pascal ist die Wand. Er ist die Leinwand, auf der durch seine feinen Reaktionen auf Bella Ramseys Spiel dieses überhaupt erst reflektiert und damit groß wird. Damit bilden die beiden ein großartiges Duo. In der gemeinsamen Reise durch die neun Folgen entwickelt sich zwischen den beiden vom Leben gnadenlos enttäuschten Charakteren eine Art Vater-Tochter Beziehung. In von Misstrauen geprägten, vorsichtigen vor- und zurück-Schritten öffnen sich die beiden füreinander und das Kräfteverhältnis wird immer ausgewogener. In einer verrückten und brutalen Welt müssen sie lernen, einander zu vertrauen, um zu überleben. Folge für Folge aufs neue, bis Joel am Ende eine Entscheidung treffen muss, die wieder alles auf den Kopf stellt.

Um die Serie zu sehen, braucht man das Spiel nicht zu kennen. Sie steht selbstbewusst für sich und überträgt die Stärken der Vorlage souverän ins neue Format – und ist damit eine der besten Game-Adaptionen aller Zeiten.

Sender: Home Box Office, Sky Deutschland
Erstausstrahlung: 15. Januar 2023 
Ausführender Produzent: Greg Spence
Episoden: 9, zwei weitere Staffeln wurden bestätigt
Genre: Horror, Drama
Idee: Craig Mazin, Neil Druckmann

Trailer:

Christopher Werth bei uns hier.

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