Geschrieben am 23. April 2014 von für Comic, Litmag

Dietmar Dath/Oliver Scheibler: Mensch wie Gras wie

Dath_Scheibler_Menschen wie gras wieGeld, Gefühle und der ganze Scheiß

– Menschen in Produktionsabhängigkeiten, Menschen in wissenschaftlichen Berufen, Menschen zwischen den Geschlechtern: Sie alle bevölkern schon lange und sehr fruchtbar die Romane und Erzählungen von Dietmar Dath. Nun hat sich Dath zum ersten Mal an einen Comic gewagt und dafür die Kooperation mit dem Zeichner Oliver Scheibler gesucht, für den er das Skript schrieb. Und auch „Mensch wie Gras wie“ knüpft deutlich an Daths beliebte Themen an. Von Tina Manske

Erzählt wird die Geschichte der Wissenschaftlerin Elin, die für ihren Brötchengeber Farczády an einer großen Sache forscht. Ihre Beziehung zum bodenständigen Kollegen Thomas wird auf die Probe gestellt, als sie ihrer großen Liebe Martin/Martina wieder begegnet. Elin und Martin/Martina verbindet mehr als ihre persönliche Vergangenheit: beide sehnen sie sich nach einem Leben jenseits der vorgegebenen Muster, ja, sie hatten es bereits und träumen weiter davon, dass man Dinge anders und besser machen kann. Sie kommen Farczády auf die Spur, aber Macht lässt sich nicht leicht die Butter vom Brot nehmen…

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Schnurrt man die Geschichte so zusammen, mag sie sich leicht konventionell anhören, doch nichts ist konventionell an dieser Graphic Novel (ein sehr experimenteller Vertreter seiner Gattung, der einiges mehr ausprobiert als ein herkömmlicher Comic), und nichts ist einfach nur so da, ohne auf Größeres zu verweisen, auf das nämlich, was uns alle tagtäglich umtreibt: Geld, Gefühle und der ganze Scheiß. Auffällig an „Mensch wie Gras wie“ ist seine assoziative Erzählweise; hier wird nicht chronologisch vorgegangen, sondern haben Auslassungen, Träume, Sprünge, Modulationen und Rückblicke ihre ganz eigene Funktion. Es ist daher in jedem Fall lohnenswert, das Buch mindestens zweimal zu lesen, da man mit dem Ende auch einiges andere besser versteht, das man vorher überlesen hatte.

Besonders empfehlenswert ist es übrigens auch, das Nachwort von Dietmar Dath zu lesen, in dem er auf sehr individuelle Art und Weise von den Produktionsbedingungen von Kunstwerken in der heutigen Zeit erzählt und von der Unpässlichkeit, immer und überall den Marxismus aufsagen zu müssen. Hier erfährt man auch, dass es selbst für Dath in den Zeichnungen Scheiblers Überraschungen gab, die ’seine‘ Geschichte plötzlich in einem anderen Licht sehen ließen. „Mensch wie Gras wie“ ist daher ein großartiges Beispiel, wie die Zusammenarbeit zweier Ausnahmekünstler ein Ausnahmewerk hervorbringt.

Tina Manske

Dietmar Dath/Oliver Scheibler: Mensch wie Gras wie. Skript: Dietmar Dath. Bild: Oliver Scheibler. Verbrecher Verlag, 2014. 200 Seiten. 24,00 Euro. Eine Leseprobe finden Sie hier.

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