Blutige Ernte Tag

Die Toten auf ihre Plätze! Zur Entkörperlichung des Krieges. Herlinde Koelbls Fotoprojekt „Targets“ als Buch und als Ausstellung, der Russe Arkadi Babtschenko und Clint Eastwood mit „American Sniper“. Alf Mayers Blutige Ernte, diesmal zum Thema Krieg (Teil 2, hier gehts zu Teil 1). Hundert Jahre her ist der Beginn des Ersten Weltkrieges. Mehr als hundert Millionen Menschen sind seitdem in Kriegen gestorben, die so zahlreich sind, dass kaum jemand Buch über die Opfer führen will. Der Kriegsveteran als Protagonist, gerade auch im Kriminalroman, erlebt eine Renaissance, dies noch hin bisRead More
Warum die Dolomiten und nicht Vietnam? – Uwe Nettelbecks „Der Dolomitenkrieg“, Karl Kraus, Adorno und das Edelweiß. Alf Mayers Blutige Ernte, diesmal zum Thema Krieg (Teil 1). Schön, wie manche Bücher ein Eigenleben entfalten, einfach nicht tot zu kriegen sind, um es mit dem zugehörigen Kalauer zu sagen. So verhält es sich mit Uwe Nettelbecks dokumentarischem Montage-Roman „Der Dolomitenkrieg“. Ein eisiges Stück Prosa, ein Lackmustest gegen innere Verrohung. 1976 erschien der damals 95 enge Typoskriptseiten umfassende Text erstmals innerhalb des Sammelbandes „Mainz bleibt Mainz“, einem Vorläufer und sozusagen umfangreichen großenRead More
Reise in die Welt der Paranoia: Eine subjektive, keineswegs vergilbte Leseliste. Die Paranoia, muss man feststellen, hat wieder Hochkonjunktur. Wenn Merkels Fahrer ja jederzeit heimlich im Jemen anrufen kann, die NSA also jedes Recht zum Abhören des Kanzlerinnenhandys hat, von allem anderen zu schweigen, und solch eine Begründung eines ranghohen Amerikaners keinen nennenswerten Protest mehr auslöst, nicht einmal ein Lachen, dann sind wir auf einem Terrain, dass kaum ein Fiction-Autor aus Angst vor Einweisung in die Klapse betreten würde. Deshalb hier eine kleine Hommage an mutige Vordenker, Propheten des Undenkbaren,Read More
Familienbande – Kenne ich meine Eltern überhaupt? Diese Frage stellt sich Daniel, der Ich-Erzähler in Tom Rob Smiths Thriller „Ohne jeden Zweifel“ explizit auf Seite 150. Zuvor schon war Stück für Stück seiner verbürgten Wahrnehmung von Familienrealität zersplittert – und damit natürlich von Realität überhaupt. Mit einem Anruf seines Vaters fing es an: „Deine Mutter … Es geht ihr nicht gut … Sie bildet sich Dinge ein – wirklich schlimme Dinge … Deine Mum ist im Krankenhaus. Ich musste sie einweisen lassen …“ Seine Eltern leben in Schweden, wollten sichRead More
Outlaws, Grenzgänger, Heimatlose ‒ Kleiner Ritt durch das Werk von James Carlos Blake (Teil 2 der Besprechung von „Das Böse im Blut“). Einen Poeten der Verdammten, der wie ein Engel schreibe, nannte ihn Donald Newlove einmal. James Carlos Blake, Jahrgang 1947, ist einer der wichtigsten zeitgenössischen US-amerikanischen Autoren, wie kaum ein anderer dem Wurzelwerk dieser auf Blut und Gewalt gebauten Nation zugewandt. „We may be through with the past, but the past ain’t trough with aus“, lautet eines der Mottos in seinem „Country of the Bad Wolfes“. Wer sich fürRead More
Odysseus in America ‒ James Carlos Blake und sein Roman „Das Böse im Blut“. Ein Essay von Alf Mayer Eine kleine Sensation darf man es nennen, dass einer seiner wichtigsten Romane jetzt ENDLICH auf Deutsch vorliegt, dies zudem in einer grandiosen Übersetzung, die dem biblisch-epischen Ton des Originals begeisternd gerecht wird. Der Erfolg von Pete Dexters Proletarierwestern „Deadwood“ hat den Verlag Liebeskind ermutigt, „Das Böse im Blut“ („In the Rogue Blood“) von James Carlos Blake hierzulande bekannt zu machen. Ein großer Autor ist zu entdecken und mit ihm ein HauptwerkRead More
Welthaltiger Thriller mit Tiefgang – Robert Wilsons „Stirb für mich“. Eine ausführliche Analyse mit Erweiterungen von Alf Mayer. Die nächtliche Maiden Lane in London, eine Gruppe ausgelassener, angetrunkener junger Menschen in Partystimmung. Die Industriellentochter Alyshia mittendrin. Plötzlich von einem Schwindelgefühl erfasst, wird sie von einem Freund in ein Taxi gestoßen, das mit ihr davonbraust. „Wir wissen, wohin wir fahren“, sagt der Fahrer zu der Entführten. Zumindest im englischen Original sind diese ersten drei Seiten auch sprachlich beschleunigt („The paella yawn in the cruella dawn“), die deutsche Übersetzung („Paella verdauen im Morgengrauen“)Read More
Internationale Meisterklasse – Michael Robothams neuer Thriller „Sag, es tut dir leid“. Es gibt sie, jene Ausnahmeautoren, die einen makellosen Kriminalroman nach dem anderen vorlegen. Der Australier Michael Robotham gehört zu dieser internationalen Meisterklasse. Das ist sie auch schon, die Kurzkritik zu seinem achten Thriller, „Sag, es tut dir leid“ betitelt und hier bei CrimeMag um einen exklusiven Text von Robotham himself ergänzt. „When Children Don’t Come Home“ erklärt seine persönlichen Bezüge zu diesem grausamen Thema und zu seinem neuen Roman. Im Mittelpunkt von „Sag, es tut dir leid“ (Say You’re Sorry)Read More
Weniger als 48 Stunden ‒ Roger Hobbs‘ furioser Debüt-Thriller „Ghostman“. Zweitausend Dollar liegen auf dem Tisch, Kleingeld für eine kleine Auskunft. Immer wieder schaut der Informant das Geld an, Benjamin Franklins Gesicht starrt zurück. Auf keinem in den Vereinigten Staaten gedruckten Zahlungsmittel findet man ein lächelndes Gesicht. Alle starren mit tödlichem Ernst, Franklin scheint durch einen hindurchzuschauen. Seine Augen folgen dem Betrachter überallhin, wie die Augen der Mona Lisa. Ganz beiläufig, nachdem es schon mehr als 200 Seiten um einen Haufen verschwundenes Geld geht, findet man diese kleine Betrachtung inRead More