Geschrieben am 1. Juni 2019 von für Crimemag, CrimeMag Mai 2019

Wolfgang Schweiger & „The Wild Bunch“

Rückkehr zu einem großen Western

Es gebe keinen heutigen Regisseur, der sich nicht wünschte, „The Wild Bunch“ gemacht zu haben – außer vielleicht Nora Ephron“, schrieb Stephen Hunter anlässlich der Aufführung des „Director’s Cut“ im Jahr 1995. Ich selbst hatte das Glück, den Film noch bei seiner Erstaufführung 1969 erleben zu dürfen. Und zwar völlig unbedarft, wie damals üblich. Man hat das Plakat gesehen, die Aushangfotos, und dann rein, meist nachmittags nach der Schule. An zwei Filme aus dieser (herrlichen) Zeit kann ich mich dabei besonders gut erinnern: „Onibaba – Die Töterinnen“ und eben „ The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz“, bei dem schon der grandiose Vorspann Großes, nie zuvor Gesehenes ankündigte. Dass die deutsche Synchronfassung lausig und die tollen Dialoge arg verhunzt waren, spielte da noch keine Rolle. 

Wie oft ich den Film seither gesehen habe, lässt sich schwer sagen. Spannend wurde es einmal Ende der 70er Jahre, als ich in München (vorübergehend) Sozialpädagogik studiert habe. Da lud ich eine Mitstudentin, in die ich verliebt war, zu einem Besuch ein. Natürlich in der Befürchtung, dass sie spätestens nach der ersten Schießerei das Weite suchen würde. Aber nichts dergleichen. Der Film gefiel ihr, speziell das Ambiente, der Look, dieses so realistisch wirkende Bild eines umkämpften Mexikos.

Heute gilt der Film, trotz aller Kontroversen, für viele als der vielleicht beste amerikanische Film aller Zeiten. Entsprechend umfangreich ist inzwischen die Literatur dazu, angeführt von zwei Sammelbänden mit auch durchaus kritischen Essays.

Wirklich Neues kann das Buch „The Wild Bunch – Sam Peckinpah, a Revolution in Hollywood and the Making of a Legendary Film“ des amerikanischen Autors W. K. Stratton also kaum bieten. Aber er gräbt tiefer und holt weiter dabei aus, präsentiert Myriaden von Details, die vielfach nichts über den Film an sich aussagen, aber viel von den Begleitumständen offenlegen. So widmet er ein ganzes, wenn auch kurzes Kapitel dem Schauspieler und heutigen Regisseur Alfonso Arau, lässt Cliff Coleman und andere Stuntmen ausführlich zu Wort kommen, und klärt uns darüber auf, wer eigentlich die Kids waren, die Pike Bishop & Co. beim Betreten von Mapaches Hauptquartier Kieselsteine auf die Köpfe purzeln lassen. 

Alfonso Arau

Besonders bemüht ist Stratton dabei, die Rolle der mexikanischen Akteure zu würdigen, ob Schauspieler, Crew-Mitglieder oder Komparsen. Wobei er sich einen Seitenhieb auf die „Glorreichen Sieben“ (1960) nicht verkneifen kann. Ausgehend von einem historischen Fall, führt er an, dass die mexikanischen Bauern es sehr wohl verstanden hätten, sich ohne Gringo-Hilfe gegen Banditen zu verteidigen. Die (Abdruck) Qualität der Fotos lässt zwar zu wünschen übrig, aber flüssig geschrieben, übersichtlich gestaltet und konzipiert als eine Art Lesebuch, ist der Band nicht nur Peckinpah-Aficionados zu empfehlen.  

Wolfgang Schweiger

  • W. K. Stratton: The Wild Bunch: Sam Peckinpah, a Revolution in Hollywood, and the Making of a Legendary Film. Bloomsbury Publishing, New York 2019. 338 Seiten, mit Abb., $ 28. Verlagsinformationen.

Wolfgang Schweiger (den wir vom „Fahnder“, der „SOKO 5113“ und von vielen Kriminalromanen kennen) ist derzeit hauptsächlich als Kulturjournalist im südostbayerischen Raum/Salzburg unterwegs und hat nach längerer Pause auch wieder einen Kriminalroman geschrieben, wobei Verlag und Erscheinungsdatum allerdings noch völlig offen sind. – Seine Website hier.

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