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Wer liest, sammelt Sätze. Manchmal bewußt. Manchmal ist ein einziges Wort ausschlaggebend: hartnäckig taucht es immer wieder auf. Fliege, zum Beispiel. Oder Mitternacht. Oder Asphalt. In ganz unterschiedlichen Büchern und Zusammenhängen, bei ganz unterschiedlichen Schriftstellern. Solche Fliegensätze oder Mitternachtssätze oder Asphaltsätze finden, immer elf an der Zahl, in der Serie ‚Spielwort‘ ihren Platz. Ein Spaß, ein Zeitvertreib. Und eine andere Art, auf Bücher zu deuten.

Spielwort: Inseln

Elf Zitate zusammengelesen von Ingrid Mylo

„Man sagt, daß ein Mensch keine Insel ist, aber ich sage, was ist eine Insel?“
– Steve Tesich: Abspann

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Mit schwarfen Augen und lebhafter Phantasie läßt sich auch auf Inseln, die in einer Hand Platz finden, alles Mögliche entdecken.
– Frederik Sjöberg: Der Rosinenkönig

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Doch als Bob den Zugangsweg oben an der Brücke erreichte, sah er zu seiner Enttäuschung, daß die Insel offenbar keinen Strand hatte.
– Wells Tower: Die braune Küste

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Wir haben gemeinsam tausend Tonnen Essen und Ausrüstung auf diese Insel verfrachtet, um dort drei sonnige Stunden zu überleben.
– Heidi Julavits: Heute – Dem Leben auf der Spur

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Die zuständigen Behörden versprachen nun die Insel demjenigen, der die Invasoren vertreiben könne.
– Axel Eggebrecht: Katzen

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Es war Regenzeit, auf der Insel gab es nicht viel zu tun, das Meer war stürmisch, es kamen keine Touristen.
– J. M. G. Le Clézio: Barsa oder barsaq

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Ich weiß noch, wie ich zum ersten Mal ein Foto von den Inseln gesehe habe und sie mir sofort so überwältigend vertraut vorkamen, als würde ich sie bereits aus einem früheren Leben oder einem Traum kennen.
– Abby Geni: Ein Grab in den Wellen

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Ein stets helles Staunen, // wenn die Insel eine Hand ausstreckt // und mich aus der Traurigkeit zieht.
– Tomas Tranströmer: When We Saw the Islands Again

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Sie sah mich an, als wäre ich eine Insel und sie eine Ertrinkende, die sich unrettbar immer weiter entfernte.
– Fernanda Trías: Rosa Schleim

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Wer im Winter die Insel verläßt, verliert sein Recht, mitzureden.
– Cees Nooteboom: Nachbarn

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„Also keine kostenlose Vergnügungsreisen auf exotische Inseln, die ihm irgendwann das Genick brechen werden?“
– Charles Chadwick: Die Frau, die zuviel fühlte

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Spielwort: Herz

Elf Zitate zusammengelesen von Ingrid Mylo

                  Seit er eines Tages auf dem Hackbrett von Johannes Berg ein kleine, blutiges, fast schwarzes Hühnerherz gesehen hatte, das einen allerletzten Schlag tat, ehe der Fleischermeister es mit ein paar schnellen Hieben aus dem Handgelenk in kleine Stücke hackte, war ihm unwohl bei dem Gedanken an sein eigenes Herz.

– Robert Seethaler: Das Café ohne Namen

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                  Das wilde Herz sprang IN den Kopf wenn nachts um 2 der Fahrstuhl rauschte auf unserer Etage stolperte und weiterfuhr

– Herta Müller: Der Beamte sagte

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                  Die Nadel, die man einem reglosen Menschen ins Herz sticht, führt wissenschaftlich einwandfrei den Tod herbei.

– Georges Simenon: Maigret und Pjetr der Lette

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                  Tief in meinem Herzen habe ich immer gewußt, daß es mir nicht gelingen würde, Ersatzkontrollknöpfe für eine veraltete Miniküche aufzutreiben.

– Claire-Louise Bennett: Teich

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                  Ihr Herz klopfte vor Sehnsucht nach dem Orgen so heftig wie das Herz einer Frau, die bald ihren Liebhaber trifft.

– Tove Ditlevsen: Der Regenschirm

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                  Er sagte nicht, daß er mich tief in den Kammern seines blutroten Herzens bewahren wird, denn das ist nicht sein Stil

– Audur Ava Ólafsdóttir: Ein Schmetterling im November

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                  Nach wie vielen Erinnerungen wird der Mensch zum Alkoholiker, wie oft muß man ein Kind verraten, damit sein herz schwarz wird?

– Tatiana Tibuleac: Der Garten aus Glas

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                  Sie arbeite an einem Roman über die Frau, die Chopins Herz, unter ihrem Kleid verborgen, von Paris nach Warschau geschmuggelt habe, antwortete sie.

– Hugo Hamilton: Echos der Vergangenheit

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                  Hornclaw weiß, wie man es, ohne Spuren zu hinterlassen, schafft, daß ein Herz aufhört zu schlagen.

– Gu Byeong-Mo: Frau mit Messer

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                  Ihre Herzen haben versagt. Und, ach, das Herz ist keine Metapher – oder nicht nur eine Metapher.

– Elizabeth Hardwick: Schlaf lose Nächte

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                  Das Herz so oder so.

– Sybil Schreiber: Zwei Packungen Schweinehals

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Spielwort: Würmer

Elf Zitate zusammengelesen von Ingrid Mylo

                  Jeden tag sein Wurm! – Recht so.  – Und was wird dem heutigen Tag „sein Wurm“ sein?

– Peter Handke: Innere Dialoge an den Rändern

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                  Ihre Vorstellungskraft war lebendig, bei dem Wort Verwesung dachte sie an Würmer, und für sie hatte das Wort auch einen Geruch, einen leichten lila Weihrachgeruch

– Magda Szabó: Der Bote

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                  […] und wenn sie ein blondes Haar auf dem Polster oder auf der Armlehne fand, zupfte sie es mit zwei Fingern ab, als handelte es sich um einen Wurm, und sagte: das ist unheimlich.

– Fernanda Trías: Rosa Schleim

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                  „Sie wissen also nicht, daß Sie Würmer unter der Haut haben, Würmer aller Art, winzige und riesige, dicke und dünne, krabbelnde und sich ruhig verhaltende!“

– Georges Simenon: Betty

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                  Die Würmer ringeln sich, vermutlich unter Qualen, da sie so etwas noch nie gesehen haben: elektrisches Licht.

– Clemens J. Setz: Die Frequenzen

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                  „Falls du das dringende Bedürfnis verspüren solltest, nach Würmern zu scharren, könnten wir das verstehen“, sagte Henri.

– Christopher Moore: Sacré Bleu

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                  Er untersuchte die Erdklumpen sorgfältig nach einem Zeichen für etwas Ungewöhnliches, konnte jedoch nur ab und zu einen Wurm entdecken.

– Emma Cook: Sommerkurs

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                  So muß Gott bei der Erschaffung der Welt getanzt haben: mit Holzpantinen an den Füßen, Würmer aus dem Schlamm stampfend …

– A. F. Th. van der Heijden: Fallende Eltern

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                  Ich mag Würmer und habe kein Problem damit, sie anzufassen, was ungewöhnlich ist und mir in Streßsituationen zum Vorteil gereicht; wenn mir danach ist, kann ich Leute damit bewerfen, und schon bekomme ich gute Laune.

– Claire-Louise Bennett: Teich

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                  Wenn Würmer über dein Gesicht kriechen, gibt es dich nicht.

– Marina Zwetajewa: Ich sehe alles auf meine Art

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                  Und doch darf man bei alldem nicht vergessen, daß der Schein trügt, daß die Wirklichkeit mit dem zu Tode erstarrten Bild nur wenig zu tun hat, sondern viel eher einer Büchse mit umherwuselnden Würmern gleicht.

– Audur Ava Ólafsdóttir: Ein Schmetterling im November