Geschrieben am 2. Februar 2020 von für Crimemag, CrimeMag Februar 2020

Fotografie & Reallife: Street Scenes – Street Crimes (18)

Liebes CrimeMag-Publikum,

Kriminalliteratur wurde früher gerne als „Asphalt-Literatur“ abgetan. Wir finden, dass das ein Adelstitel ist. Wir mögen Asphalt, wir mögen Großstadt, wir mögen Realität. Deswegen präsentieren wir Ihnen hier eine neue Rubrik, die jeden Monat Bilder des Fotografen Carsten Klindt und manchmal Texte der Polizistin Nadja Burkhardt kombiniert: Street Scenes und Street Crimes. Aus Realität wird Kunst in Bild und Wort, fragmentarisch und  kaleidoskopisch. Freuen Sie sich mit uns! (Hier Auftritt Nr. 1Nr. 2, Nr. 3Nr.4Nr. 5, Nr.6, Nr.7, Nr. 8 und Nr.9, Nr. 10 und Nr. 11Nr. 12 und Nr. 13 und Nr. 14 und Nr. 15 und Nr. 16 und Nr. 17.)

„Im Nebel“ – Berlin 2018/2020 – © Carsten Klindt   www.carstenklindt.com

„Street Scenes“ ist eine Serie des Berliner Fotografen Carsten Klindt, aus der wir jeden Monat ein Foto präsentieren. Auf der Website von Carsten Klindt können Sie einzelne Bilder auch käuflich erwerben. Seine Homepage hier.

STREET CRIMES

Nadja Burkhardt ist aus Überzeugung Street Cop in Berlin. Und sie hat ein Auge für den alltäglichen Wahnsinn. Denn der ist zwar manchmal kleinteilig und unspektakulär, bildet aber den Zustand unserer Gesellschaft präzise ab. Und Nadja Burkhardt weiß auch, dass vieles sehr, sehr komisch ist. Deswegen ab jetzt bei uns jeden Monat  STREET CRIMES – Miniaturen aus dem Irrsinn ohne Ende, komisch, tragisch, real life …

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Ein junger Mann zu mir, angesichts seiner an unserer Absperrung verbal rebellierenden Kumpel:
„Ihr Job und mein Job ähneln sich aber doch sehr…“

Ich: „Wieso? Was machen Sie denn beruflich?“

Er: „Ich bin Erzieher in einem Kindergarten.“

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Sonder-Anscheiß-Kommando.

Funkwagen (FW): „Berolina, wir brauchen dringend das SAK!“

Einsatzleitzentrale (ELZ): „Das SEK? Welche Bedrohungslage???“

FW: „Keine Bedrohungslage. Das S-Aaaaaaa-K, nicht das S-Eeeeeee-K.“

ELZ: „WIE REDEN SIE DENN MIT MIR? SIE WOLLEN MICH BELEHREN??? VON WELCHER VERFICKTEN BAUMSCHULE SIND SIE DENN GEFLOGEN? HÄTTEN SIE WAS RICHTIGES GELERNT, MÜSSTEN SIE JETZT NICHT AUF DER STRAẞE ARBEITEN, SIE HIRN! SIE HABEN DOCH GAR KEINE AHNUNG VON DEM, WAS SIE DA MACHEN! SCHÖN MACHTSPIELCHEN BETREIBEN, NA DAS HABEN WIR GERNE! DAS IST ALLES UNRECHTMÄẞIG, ICH WEIẞ DAS, ICH BIN IM ERSTEM SEMESTER JURASTUDIUM!…
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Besser?“

FW: „Oh ja. Vielen lieben Dank. Das war schon irgendwie geil.“
ELZ: „Gerngeschehen.“

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Dieser einzige Moment in 20 Jahren Dienst, wo Du eine Party (etwa 30 Leute) auflösen musst….

….. und nicht diskutiert wird. 
…….und keiner Dir erklärt, dass das alles unrechtmäßig wäre. 
……. und niemand auf sein erstes Semester Jurastudium hinweist. 
…. und alle innerhalb von 8 Minuten angezogen sind und die Wohnung verlassen. 
….. und fast jeder sich freundlich verabschiedet mit einem netten Danke und besten Wünschen für den Rest der Schicht. 

Und das alles ohne Anzeichen für andere Drogen als Alkohol… 

Ich war kurz davor, mich selbst zu bepöbeln, damit es sich nicht mehr so merkwürdig anfühlt.

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OH MEIN GOTT!!!!
Die Killerin hat ihr Opfer gerade in MEINEM ABSCHNITTSBEREICH kaltgemacht!!!! 😱😱😱

(Killing Eve, Staffel 1, Folge 3)

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Dienstunfähig schon zu Beginn der Nachtschicht. 

Die Leute meines Abschnitts, die an Heiligabend im Dienst waren, erzählen mir gerade, dass es traditionell natürlich auch wieder Fälle häuslicher Gewalt gab. 

Frau zimmert ihrem Ehemann eine, weil er ihr keinen Bentley geschenkt hat.

Irgendjemand muss mir jetzt erstmal wieder meinen heruntergeklappten Kiefer einrenken….

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Junger Mann, 

natürlich kannst Du mit Deinen 20 Freunden in einem leerstehenden Restaurant illegalerweise eine Privatparty feiern und beim daraus folgenden Polizeieinsatz die eingesetzten Beamten herablassend behandeln und ihnen wiederholt erklären, was sie zu tun und zu lassen haben. 

Mit etwas Glück stellt der Eigentümer keinen Strafantrag und Du kommst glimpflich davon. 

Und natürlich kannst Du Deine technischen Geräte im Wert von etwa 800 Euro auf unsere Anweisung hin aus dem Lokal entfernen und sie dann UNBEAUFSICHTIGT einen Stock tiefer auf dem Gehweg abstellen. 

Mit etwas Glück kommt ja niemand vorbei und nimmt sie einfach mit. 

Aber das hier ist Berlin und Karma ist eine Schlampe.

Carsten Klindt wuchs an der Nordsee auf und ist ausgebildeter Werbefotograf. Er wohnt seit über 20 Jahren in Berlin, betrieb elf Jahre lang eine Bar in Kreuzberg und arbeitet als freischaffender Fotograf. Der Werbung hat er schon lange den Rücken gekehrt. Neben Fotografie sind Noirs der Filmgeschichte eine Leidenschaft.

Nadja Burkhardt: „Jahrgang 1978, seit 1996 bei der Berliner Polizei. Nach der Ausbildung 4,5 Jahre Hundertschaftsdienst, seither im Schichtdienst als Zweier-Streife aufm Funkwagen. Mittlerweile Polizeikommissarin, nicht in Berlin geboren und aufgewachsen, aber definitiv ein Kind dieser Stadt. Mein Job ist gefährlich, nervenaufreibend und stressig. Und ich liebe ihn.“

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