Geschrieben am 5. Dezember 2015 von für Litmag

Kolumne: Der Monat in Toren. Ein Fußballrückblick

Mara Braun_neuDanke! Bitte! Setzen!

Vielleicht hat der eine oder andere Leser an dieser Stelle zuletzt eine Kolumne vermisst. Die hatte das runde Leder zum Thema, den Fußball also, und ein wenig auch die Frage, wie alles mit allem zusammenhängt. So, wie das CULTurMAG selbst sich seit dem Sommer in völlig neuem Gewand präsentiert, ist es inzwischen auch besagter Kolumne ergangen, weshalb diese nun nicht mehr bereits vor dem Spieltag hinter die Ergebnislinie schaut, sondern jeweils im Rückblick ausgewählte Highlights jedes Fußballmonats beleuchtet. Danke. Bitte. Setzen.

Diskussion des Monats

Es gibt wenig, was ich persönlich im Fußball so langweilig finde wie Freundschaftsspiele. Für mich geht das einfach nicht zusammen: Der sportliche Wettbewerb stellt sich nicht ein, wenn um die goldene Ananas gekickt wird. Abgesehen von den seltenen Ausnahmefällen, wenn die Spiele in den Dienst einer guten Sache gestellt werden oder erbitterte Erzrivalen antreten, um gegeneinander zumindest in die Schlacht ums Prestige zu ziehen, schaue ich mir das meist gar nicht erst an. Deshalb war das Spiel der deutschen Elf in Paris am 13. November schon längst abgepfiffen, als ich den Fernseher einschaltete und zunächst nicht begriff, wieso Matthias Opdenhövel permanent darauf hinwies, der Fußball sei an diesem Abend natürlich zu einer Nebensache geworden. In den folgenden Stunden konnte ich mich dann nicht lösen – weder physisch vom Fernseher noch emotional von dem Drama, das sich in Paris ereignet hatte.

Das Fußballstadion ist für den Horror jener Nacht ebenso als symbolträchtiger Ort ausgewählt worden wie der Konzertsaal Bataclan, während aber Künstler auf der ganzen Welt schnell und entschieden erklären, man lasse sich nicht einschüchtern, wird im Fußball äußerst bereitwillig eine neue Sicherheitsdebatte geführt und die üblichen Verdächtigen schreien sofort nach einer verschärften Stufe der Überwachung. Man kann natürlich versuchen, die Terroranschläge für derlei Diskussionen zu instrumentalisieren. Man könnte aber stattdessen auch ganz nüchtern darauf hinweisen, dass es wenige Großveranstaltungen gibt, bei denen die Besucher schon jetzt so einfach überprüft werden können wie bei den Einlasskontrollen im Fußball. Ach, aber Nüchternheit ist halt nicht die Sache der Panikmacher vom Dienst, gell, Herr Wendt?

Spiel des Monats

Während das Spiel der deutschen Nationalelf gegen die Niederlande in Hannover vier Tage nach den Anschlägen von Paris aufgrund einer Terrorwarnung äußerst unbeholfen abgesagt wird, steht die französische Mannschaft in London in einer kollektiven Umarmung mit dem Spielgegner England auf dem Rasen. Bereits von weitem ist der Schriftzug „Liberté, égalité, fraternité“ in den Farben der französischen Nationalflagge am Wembley-Stadions zu lesen, im Inneren singen Spieler und Verantwortliche beider Teams mit entschlossenen Gesichtern die Marseillaise und gedenken der Opfer. Damit setzen sie mutig genau die Art von Zeichen, mit der man diesem stumpfen Terror entgegentreten muss. Danke.

Neuauflage des Monates

Es gibt diesen alten Zeitungscartoon, da sitzt ein Rentnerehepaar auf dem Sofa und er sagt zu ihr: „In den Nachrichten zeigen sie auch schon nur noch Wiederholungen.“ Irgendwie, so der Eindruck, wiederholt sich im Laufe eines Lebens letztlich wohl alles. Für Fans der Borussia aus Dortmund ließe sich dieser Cartoon prima auf die Begegnungen mit dem HSV adaptieren. Egal unter welchem eigenen oder gegen welchen Hamburger Trainer, an der Elbe ist für die Borussen einfach nichts zu holen. Das musste unlängst auch der bisher eher erfolgsverwöhnte BVB-Coach Thomas Tuchel feststellen, dessen Mimik im Anschluss an den „wahrscheinlich verdienten Sieg“ mit sauertöpfisch noch schmeichelhaft beschrieben ist.

Sündenbock des Monats

Vom Held zum Depp, diese Entwicklung ist im Fußball leider schnell vollzogen. Das musste kürzlich auch Alex Meier beim Rhein-Main-Duell in Mainz feststellen. Es gab etliche gute Gründe, warum die Hessen nach dem Spiel gegen die 05er mit leeren Händen in die Heimat zurückkehrten – den Torschützenkönig der Vorsaison nach dem ersten Platzverweis seiner Karriere dafür quasi alleine in die Verantwortung zu nehmen, zeugt von schlechtem Stil.

Mara Braun

Mara Braun, geboren 1978 in Heidelberg, aufgewachsen im hessischen Odenwald mit einem Abstecher nach Mississippi, seit 1998 in Mainz am Rhein. Studium der Filmwissenschaft & Publizistik. Journalistin, Autorin, Fußballbegeisterte, Bücherwurm, Überzeugungstäterin. Im September 2013 erschien „111 Gründe, Mainz 05 zu lieben“ und am 15. Januar 2015 „111 Gründe, an die große Liebe zu glauben“ (beide Schwarzkopf & Schwarzkopf). Mara Braun bei Facebook, bei Twitter, im Blog.

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