Geschrieben am 1. April 2024 von für Crimemag, CrimeMag April 2024

Alf Mayer: Interview Jürgen Heimbach, »Waldeck«

»Der Wunsch nach Veränderung war stärker als wir heute glauben«

Tot sind unsre Lieder,
unsre alten Lieder.
Lehrer haben sie zerbissen,
Kurzbehoste sie verklampft,
braune Horden totgeschrien,
Stiefel in den Dreck gestampft
(Franz JoseF Degenhardt »Die alten Lieder«;

Motto von Jürgen Heimbachs »Waldeck«)

Jürgen Heimbach: Waldeck. Unionsverlag, Zürich 2024. 352 Seiten, Englische Broschur, 19 Euro.

Nicht sieben, sondern acht Tage im Mai. 1964. Das ist der Zeitraum des Romans „Waldeck“ von Jürgen Heimbach. In Frankfurt am Main läuft der Auschwitz-Prozess. In München will die Zahnarzttochter Silvia will ausbrechen aus der biederen Welt ihres Vaters. Als sie in seinen Unterlagen eine furchtbare Entdeckung macht, muss sie endgültig verschwinden. Es zieht sie auf das Waldeck-Festival im Hunrück, wo eine junge Generation mit Gitarren und Folksongs aufbegehrt: gegen den Starrsinn der Alten und die verbohrten Strukturen der Nachkriegszeit. Währenddessen wittert der in Ungnade gefallene Frankfurter Journalist Ferdinand Broich endlich eine neue Story: Eine Frau will einen ehemaligen SS-Arzt auf der Straße erkannt haben. Doch als Broich die Zeugin wenige Tage später aufsuchen will, ist die bereits tot. Es beginnt eine gefährliche Suche nach der Wahrheit – in einem Deutschland, dessen dunkle Vergangenheit noch bedrohlich nahe ist, während die jüngere Generation sich nach Veränderung und Ausbruch sehnt. Alf Mayer hat mit dem Autor dazu per Email ein Interview geführt.

Alf Mayer: In einem Facebook-Eintrag haben Sie neulich verraten, dass Ihre erste Idee zu „Waldeck“ aus dem Jahr 2014 stammt. „Und dann Anfang 2020 die ersten ausführlicheren Notizen, die sich mit der möglichen Ausgestaltung beschäftigen.“ Lässt sich dieser lange Entstehungsprozess ein wenig umreißen? Und wie viel ist von der Anfangsidee übrig geblieben?

Jürgen Heimbach: Ich war selbst überrascht, dass die erste Idee schon so alt ist. Es ist wenig und doch einiges davon übriggeblieben. Die Idee war, Anfang der 1960er eine Gruppe junger Leute auf dem Gelände der Waldeck zusammenkommen zu lassen, Aussteiger, die vor den Zuständen der Zeit fliehen und etwas anderes, neues ausprobieren wollen. Die Burg Waldeck kann ja auf eine Geschichte der Alternativkultur bis in die 1920 Jahre zurückblicken. Der Kriminalroman „Waldeck“, den Sie nun vor sich haben, hat auf den ersten Blick bis auf den Ort nichts mehr von der ursprünglichen Idee. Auf den zweiten aber schon, denn zwei der vier Leute, Silvia und Mine, die am Ende des Buchs auf der Waldeck zusammenstoßen, steigen aus ihrem bisherigen Leben aus, wollen ihr Leben selbst bestimmen und es sich nicht von Familie, Gesellschaft oder Konventionen vorschreiben lassen. Nur dass es jeweils andere Gründe sind, warum sie ausgerecht auf der „Waldeck“ stranden. Wie auch Rieke, die eine Generation älter ist. Die erste Idee ist bei mir oft ein Nukleus, der wächst und von dem ich auch lange nicht weiß, wohin er wachsen wird. Das ist jedes Mal ein spannender Prozess.

Wie sehr hat dieser Stoff bei Recherche und beim Schreiben für Sie an Aktualität und Temperatur gewonnen?

Es fallen in „Waldeck“ mehrmals Sätze wie „es müsse jetzt mal gut sein müsse“ oder „dass man die Vergangenheit ruhen lassen solle“ und dass die Tätergeneration sich selbst zu Opfern stilisiert. Als jemand, der seine Jugend in den 1970er bis in die 80er Jahre erlebte, wähnte ich mich lange in dem Irrglauben, dass sich daran etwas geändert hat. Die politische Situation derzeit zeigt aber, dass dem nicht so ist, dass man das, was damals geschehen ist, die Ausgrenzung und Vernichtung von Menschen, negiert und die Verantwortung für das Geschehene von sich weist, dass es Menschen gibt, die sich diese Zeit offensichtlich wieder herbeiwünschen und das auch öffentlich äußern. Das habe ich thematisiert, indem ich den Schriftsteller Sandig im Roman „prophezeien“ lasse, dass Zeiten kommen werde, in denen man sagen wird, dass diese Zeit ein Vogelschiss in der Geschichte gewesen sei.

Es gibt in „Waldeck“ ja direkte Bezüge zu Ihrem Roman „Die Rote Hand“. Was ist es für ein Gefühl, als Autor an frühere Bücher anzuknüpfen?

Ich habe eigentlich kein Interesse daran, eine Reihe zu schreiben, wie ich das mit meiner Nachkriegs-Trilogie gemacht habe. Es reizt mich mehr, mit neuen Personen, Orten und historischen Gegebenheiten zu arbeiten und dafür jeweils eine eigene Form und Dramaturgie zu finden. Ich empfinde eine Reihe als „Korsett“ – derzeit. Vielleicht ändert sich das auch wieder. Reizvoll finde ich es aber, eine einzelne Figur in einem neuen Kontext weiterzuerzählen, wie ich das mit Ferdinand Broich gemacht habe, der in „Die Rote Hand“ eine wichtige, aber nicht die Hauptperson war. Zumal hat sich durch Broichs Beruf als Journalist diese „Wiederbelebung“ irgendwie „aufgedrängt“.

Die Grundfarbe Ihres Romans ist dieses Mal aber ein wenig anders, oder? Weniger Noir? Mehr Hoffnung?

Ja, wobei die Überlegung – zumindest bewusst – nicht war, ich schreibe jetzt ein Buch mit „mehr Hoffnung“. Das ergab sich aus dem Thema, aus den Aufbrüchen in den Jahren vor 1967 oder 1968. Diese Jahreszahlen sind ja Chiffren für eine Zäsur, für gesellschaftliche Veränderungen. Dabei wird aber übersehen, dass diese Zäsur eine Vorgeschichte hatte und dass es auch in den 50er und der ersten Hälfte der 60er Jahre Menschen gab, die ihre Unzufriedenheit geäußert und Utopien entwickelt haben, die in Opposition zum gesellschaftlichen Status Quo standen – politisch und kulturell. Auf der Burg Waldeck kam beides zusammen. Aber ob die Hoffnungen eingelöst wurden, ist eine ganz andere Frage, die Waldeck hat sie mit ihren letzten Festivals in den 60ern, vor allem 1968 und 1969, auf ihre Weise beantwortet. Und ich im Roman ja auch.

1964 scheint auch musikalisch ein Wendejahr gewesen zu sein. Einmal, am Anfang, in einer Sachenhäuser Kneipe in Frankfurt bekommen wir die volle Dröhnung …

Da will ich zu Beginn den musikalischen Mainstream der Zeit definieren, um eine Fallhöhe zu dem zu schaffen, was dann mit der Musik auf der Waldeck, aber nicht nur dort, kommt.

Es gibt ja vier mindestens separate Hauptfiguren, die sich alle auf einen Ort und einen Zeitpunkt hinbewegen, nämlich zum ersten Festival auf der Burg Waldeck an Pfingsten 1964. Wie war es für Sie als Autor, derart multiperspektivisch zu erzählen?

Organisatorisch war die Herausforderung, die Handlungen von drei der vier Personen so miteinander zu verknüpfen, dass keine Logikfehler entstehen, da die Wege dieser drei Personen sehr eng miteinander verknüpft sind und aufeinander abgestimmt werden mussten. Und multiperspektivisch hieß, an jede der Personen individuell heranzugehen. Tatsächlich habe ich in einer ursprünglichen Fassung die Geschichten der vier Hauptpersonen in vier Kapiteln nacheinander erzählt, jeweils bis zu dem Moment, in dem sie zur Waldeck kommen. Das hat aber nicht so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe, und ich habe mich für die jetzige Form entschieden. Im Rückblick hatte diese Vorgehensweise sicher den Vorteil, dass ich im Schreibprozess immer bei einer Figur geblieben bin und deren Perspektive und Ton beibehalten und konsequent durcherzählen konnte.

Der Auschwitz-Prozess in Frankfurt, ehemalige Lagerärzte, die nach dem Krieg als „normale“ Mediziner Renommee haben, alte Nazis noch aktiv beim BND, ein Netzwerk alter Kameraden, die Vorschatten des Vietnam-Kriegs und ein desertierender schwarzer US-Soldat, und daneben die „neue Zeit“ mit Gammlern und Protestsängern… Was war eigentlich dieses Waldeck? Wofür steht das?

Die Festivals auf der Waldeck, vor allem die ersten, waren Teil einer außerparlamentarischen Opposition, als die damals noch nicht so hieß. Nur dass hier die Musik im Vordergrund stand, diese Musik aber politische Inhalte transportierte, und über Musik und Politik diskutiert wurde, für einige Tage in einem Rahmen, in dem man das ungestört tun konnte. Dazu kam, dass die Waldeck-Festivals auch die Initialzündung für die Liedermacher-Bewegung vor allem dann der 70er und 80er Jahren waren. Hier begannen die Karrieren von Franz Josef Degenhardt, Hannes Wader, Hein & Oss, Reinhard Mey und vieler anderen Musiker und Musikerinnen. Veranstaltungen wie die Essener Songtage 1968, Festivals wie das Open Ohr in Mainz, das Eurofolkfestival in Ingelheim, die bis heute bestehen, waren alles Nachgründungen der Waldeck Festivals. 

Sie zitieren eine gute Handvoll von Songs und Liedern. Ist das lizenzmäßig einfach oder gab es hier Schwierigkeiten zu bewältigen?

Nein, da ich nur ein paar wenige Zeilen aus den Songs zitiere und diese Zitate auch im Nachwort mit Sänger, Titel, Autor und Komponist benenne.

Überhaupt die Recherche, wie war die dieses Mal? Und was war eine Überraschung dabei?

Die Recherche war sehr umfangreich, da viele Themen wie etwa die Lebenswirklichkeit verschiedener Menschen in den frühen 1960er Jahren, der Auschwitz-Prozess in Frankfurt, die Rolle von Zahnärzten in KZs, der BND, Kunstbewegungen und Musik der Zeit, natürlich die Waldeck und noch anders thematisiert werden. Überrascht hat mich, wie stark und breit schon in den 1950er und den ersten 1960er Jahren oppositionelle Einstellungen und der Wunsch nach Veränderung war. Man spricht ja vom Mief der 50er Jahren, von der Zementierung der Verhältnisse, was natürlich auch stimmt, aber eben nicht die ganze Wahrheit ist. Es gab auch das Aufbegehren, denken Sie zum Beispiel an die sogenannten Halbstarken-Krawalle in den 1950ern, an das Engagement gegen die Wiederbewaffnung, gegen die atomare Aufrüstung, an die Ostermarschbewegung, die Unterstützung etwa der algerischen Befreiungsbewegung. Oder auch die Utopie eines gemeinsamen Europas ohne Grenzen, wie es in der Eröffnungsrede von Diethart Kerbs zum Ausdruck kommt, vor allem, weil Europa für ihn nicht am sogenannten Eisernen Vorhang endete. Von heute aus ist wohl sehr schwer zu verstehen, welcher Tabubruch das damals im „Kalten Krieg“ war, als die Blöcke sich unversöhnlich gegenüberstanden.

Die Zahnärzte, die KZs und die Nazis – das ist eine besondere Geschichte, oder? Was können Sie uns dazu im Schnelldurchgang etwas sagen?

Zahnärzte waren in sehr großer Zahl Mitglieder in der NSDAP und der SS, prozentual stärker als dies in anderen Berufsgruppen wie etwa bei Lehrern, Juristen oder auch Ärzten anderer Fachrichtungen der Fall war. Forschungen zeigen, dass 1939 etwa neun Prozent aller deutschen Zahnärzte der SS angehörten. Der Anteil aller Ärzte lag etwa bei fünf Prozent und derjenige der Lehrer bei etwa 0,4 Prozent. Rund 100 Zahnärzte waren in KZs tätig. Eine besondere Rolle spielten diese SS-Zahnärzte beim „Zahngoldraub“, also dem Herausbrechen des Zahngoldes aus den Kiefern von KZ-Häftlingen. Daneben waren sie für die zahnärztliche Versorgung der Wachmannschaften zuständig und sie waren auch an Selektionen, Menschenversuchen und auch Tötungen beteiligt. Das ist, soweit ich das überschauen kann, inzwischen ganz gut aufgearbeitet.

Bevor das Buch sich unterhalb der Burgruine von Waldeck rundet, gibt es davor schon den „Club Voltaire“ in Frankfurt als sozusagen magischen Ort. Was hat es mit diesem Lokal auf sich?

Wie ich schon sagte, handelt der Roman von den Aufbrüchen jener Zeit und der Club Voltaire war ein Ort, der auch dafür stand, ein Ort der Meinungsfreiheit, des Austausches und der Gegenöffentlichkeit. So lag es nahe, ihn als Treffpunkt zu nehmen, zumal Rieke ein Teil dieser Gegenöffentlichkeit ist und ihre junge Freundin Silvia, als die auf ihrer Flucht vor ihrem Vater nach Frankfurt kommt, dorthin mitnimmt. Ich mag es, in meinen Büchern Orte, Menschen oder Geschehnisse, die zu ihrer Zeit bekannt und bedeutsam waren, aber es heute nicht mehr sind, „wiederzubeleben“.

Hat der Schriftsteller Meinrad Sandig, den Silvia in Frankfurt kennenlernt (und dann auch im Club Voltaire wieder trifft) einen realen Bezug?

Es gab ja Schriftsteller, die den Auschwitz-Prozess beobachtet und dann auch literarisch verarbeitet haben, aber Sandig hat hier kein konkretes Vorbild. Er steht für den engagierten Schriftsteller, der im Roman auch die Funktion hat, Silvia Informationen zu vermitteln.

Und dieser Diethart Kerbs, der die Eröffnungsrede auf Festival hält und Ihrem Buch das schöne Motto „Überraschen Sie uns!“ schenkt – »Etonnez nous!«was ist das für einer gewesen?

Diethart Kerbs war einer der Mitbegründer der Waldeck Festivals. Und wahrscheinlich kam es seiner Arbeit dort zugute, dass er selbst kein Musiker war. Es braucht wahrscheinlich für solche Veranstaltungen immer die Menschen, die sie ins Leben rufen, sie mit Leben füllen und am Leben halten, aber selbst nicht im Rampenlicht auf der Bühne stehen.

Gibt es einen neuen/ alten Lieblingssong für Sie aus dem ersten Waldeck-Festival-Jahrgang?

Ich möchte zwei Lieder hervorheben, weil ich die Sängerin und den Sänger sehr interessant finde. Da ist zum einen die „Ballade vom Briefträger William L. Moore“, auf der Waldeck gesungen von Fasia Jansen und geschrieben von Wolf Biermann, der nicht zum Festival ausreisen durfte. Und „Der Deserteur“, im Original von Boris Vian, zigfach gecovert, auf der Waldeck von Dieter Süverkrüp gesungen. Eine Musikerin und ein Musiker, die ich vorher nur dem Namen nach kannte und so nun näher kennenlernen durfte.

Wir „hören“ im Buch auch den Dylan-Song „The Times They Are a-Changin'“. Diese Platte kam am Anfang 1964 bei Columbia in den USA heraus, der ausgekoppelte Titelsong dagegen erst im März 1965 in Großbritannien. Wie verbürgt ist es, dass das Lied 1964 auf der Burg Waldeck gesungen worden ist – oder ist das künstlerische Freiheit? Als Metapher aber ist es auf jeden Fall stark. Könnte eigentlich der Untertitel Ihres Buches sein…

Vielen Dank. Das Lied wurde nicht im offiziellen Programm gespielt, aber zum Mythos „Waldeck“, vor allem der ersten Festivals, gehört ja, dass überall Musik gemacht und gesungen wurde. In den Zelten, auf den Wiesen, in den Hütten, um die Feuer. Und dass diese musikinteressierten jungen Menschen mitbekommen haben, was jenseits des Atlantiks passierte, glaube ich schon. Ob aber ein Besucher oder eine Besucherin das Lied tatsächlich dort gesungen haben, weiß ich nicht. Insofern kann man bei der Verwendung dieses Liedes von künstlerischer Freiheit sprechen.

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Die Burg Waldeck Festivals 1964 – 1969: Die Playliste:

  1. Dieter Kerbs: Begrüßung
  2. Hein & Oss Kröher: Der Böhmische Wind
  3. Fasia Jansen: Weltuntergangsblues
  4. Walter Moßmann: Ne pas se pencher au dehors
  5. Ilse & Bömmes: Feinsliebchen sollst mir nicht barfuß gehen
  6. Lin Jadalti: Frischauf, mein Volk
  7. Fasia Jansen: Marsch nach Aldermaston
  8. Johanna von Hancke: Mariechen saß weinend im Garten
  9. Reinhard Mey: Vertreterbesuch
  10. Ö-Töne:
    a) Hein & Oss Kröher: Neue deutsche Lieder
    b) Walter Moßmann: Deutsche Lieder das Wichtigste
    c) Hannes Wader: Selbstverständnis als Liedermacher
    d) Franz Josef Degenhardt: Anknüpfen an demokratische Liedtradition
  11. Christopher & Michael: Ich kenne jenen Menschen
  12. Schobert & Black: Lied im Volkston beim Abwaschen zu singen
  13. Hannes Wader: Strenge Gesellen
  14. Die Conrads: Der Pfennigfraß
  15. Nono Breitenstein: Lied gegen den Krieg

Einige Liedfetzen, die man im Roman »Waldeck« hört:

You don’t own me, I’m not just one of your many toys
You don’t own me, don’t say I can’t go with other boys
And don’t tell me what to do
And don’t tell me what to say
And please when I go out with you
Don’t put me on display, ’cause
You don’t own me, don’t try to change me in any way
(Leslie Gore, gesungen von Mary)

Gestern Abend, plötzlich im Gewühl
Kam abhanden mir mein Nationalgefühl
Eben hatt ich’s noch – auf einmal war es weg

Ach, wo war es nur? Lag es vielleicht im Dreck?
Oder hatte es ein Taschendieb geklaut?
Fiel’s in den Kaffee und ist dort aufgetaut?
Ich vermisse, oh, mir wird ganz schwül
Ich vermisse so mein Nationalgefühl
Ich vermisse so mein Nationalgefühl

(Dieter Süverkrüp, Ich vermisse Nationalgefühl 

Montag, ein Tag in Baltimore
Sprach er zu seiner Frau:
Ich will nicht länger Briefträger sein
Ich geh nach Südn auf Tour that’s shure!

Black And White, Unite! Unite!
Schrieb er auf ein Schild
White and Black – die Schranken weg!

Und er ging ganz allein

Dienstag, ein Tag im Eisenbahnzug
Mittwoch, in Alabama ein Tag
Ging er auf der Chaussee
Weit war der Weg nach Birmingham

Taten die Füße ihm weh
Black And White, Unite! Unite!
Stand auf seinem Schild …

Und er starb ganz allein
Und er bleibt nicht allein!
(Fasia Jansen, Ballade vom Briefträger William L. Moore, Text: Wolf Biermann)

Aus der Eröffnungsrede von Diethart Kerbs, ebenfalls im Buch zitiert:
Wenn dieses Festival, das noch zuvörderst künstlerischen Zwecken dient, dennoch unter einer politischen Leitidee stehen sollte, so müsste es wohl die europäische Idee sein. Allerdings, wenn ich Europa sage, dann meine ich auch Europa; also Prag ebenso wie Straßburg, Warschau ebenso wie Brüssel. Dann sind nicht nur Bonn, Paris und Rom gemeint, sondern ebenso Stockholm, London, Budapest, Krakau und Athen. Wir werden uns, falls dieses Fest in kommenden Jahren eine Fortsetzung findet, sehr darum bemühen, auch Künstler aus der DDR und Ungarn und aus anderen osteuropäischen Ländern hierherzubekommen. Wir sind der Meinung, dass die Entfremdung zwischen uns und den Landsleuten und Nachbarn im Osten zu einer großen Gefahr werden kann, wenn wir nicht rechtzeitig jede Möglichkeit zu sachbedingten und privaten Kontakten wahrnehmen. Es wundert uns nicht, dass es die Ängstlichen, die Engstirnigen, die Dogmatiker und Reaktionäre auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs sind, die solche Kontakte beargwöhnen und zu verhindern suchen. Je weiter man voneinander entfernt, je besser man gegenseitig isoliert ist, desto unbedenklicher kann man sich hassen.

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