Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?
Von „Black Lives Matter“ führt der Weg auch zu Black Comics, gegen das rassistische weiße Amerika gab es schon einmal reale „Black Panther“-Power. In einer (bisher) auf zwölf Bände angelegten Comic-Serie interpretiert gerade der politische Publizist Ta-Nehisi Coates einen schwarzen Superhelden neu. Ein aufregendes Unterfangen, findet Alf Mayer, der sich an ein Zitat von James Baldwin erinnert fühlt: „In den Vereinigten Staaten werden Gewalttätigkeit und Heldentum gleichgesetzt, wenn es nicht um Schwarze geht.“
Wir leben in zwei großen Erzählungen, mindestens, lautet kurz gesagt Georg Seeßlens These, mit der er uns Trump erklärt (siehe auch den Textauszug im letzten CrimeMag) – nämlich im seriösen ökonomisch-politischen Diskurs, wie er sich in den Zeitungen und in den Debatten findet, und in der Welt des Entertainments. In der populären Mythologie. Dort, wo es nicht auf logische Verbindungen oder Transparenz der Motive, sondern auf Emotionen, Bildhaftigkeit und Effekte ankommt. „Panik und Gelächter verknäulen sich; hier das Idyll, dort das Chaos und dazwischen ein ewiger Kampf. Es ist der Wahn dieser Erzählung, sich vom elitären Instrument der Vernunft befreien zu können“, schreibt Seeßlen in „Trump. Populismus als Politik“. Es wird auch Zeit, sich Chester Himes und seinen zu Lebzeiten unveröffentlicht gebliebenen radikalen „Plan B“ (1993) wieder näher anzuschauen. (Eine Annäherung von Thomas Wörtche hier; Alf Mayers „Wenn der Krieg nach Hause kommt“ hier.)
Die Wege von Erkenntnis- und Erzähllust
„Trump ist ein guter Geschichtenerzähler, wir müssen die besseren Geschichten erfinden“, fordert Viet Thanh Nguyen in einem Text, den wir im März-CrimeMag bringen werden – dieses Mal ist der Pulitzer-Preisträger des Jahres 2016 bei uns mit seiner eigenen Erfahrung als Flüchtling präsent. Explizit zitierte er kürzlich in einem Portät in der „New York Times“ einen Comic, der ihn selbst vielleicht ermuntern könnte, sich auch einmal an einer Superheldenerzählung zu versuchen. Er denkt dabei an einen Helden, dem das Agent Orange des Vietnamkriegs Superkräfte und Menschlichkeit verliehen hat. Vom Romanautor Victor LaValle kommt im Mai 2017 die graphic novel „Destroyer„, in der sich „Black Lives Matter“ und Mary Shelleys „Frankenstein“ verbünden. Ein von Polizisten getöteter schwarzer Junge wird von seiner Mutter, die keine Lust auf Trauer hat, ins Leben zurückgebracht. Mit einer Mission: Mehr Gerechtigkeit für Schwarze! Seien wir gespannt. Und vertreiben wir uns die Wartezeit mit jener Serie, die ihn auf solche Ideen bringt. Denn es ist schon irre, welche marvelöse Möbiusschleife das Universum machen kann und welche Wege Erkenntnis- und Erzähllust zu gehen vermögen.
Ta-Nehisi Coates’ Graphic Novel „Black Panther: A Nation Under Our Feet“ (seit 23.1. auch auf Deutsch, bei Panini, mit dem Titel „Ein Volk unter dem Joch“; diese Besprechung bezieht sich jedoch auf das US-Original; Anmerkungen zur deutschen Ausgabe siehe im Nachtrag) mit den Illustrationen von Brian Steelfreeze erschien am 6. April 2016, also im US-Vor-Vorwahlkampf, knüpfte an eine Figur aus dem Marvel-Imperium an, definierte sie aber völlig neu. Es wurde der Comic-Hit des Jahres. Alleine im Erscheinungsmonat wurden in den USA 253.258 Exemplare verkauft, „Star Wars: Poe Dameron“ landete mit 175.322 Stück abgeschlagen auf Platz Zwei. Das außergewöhnliche Debüt rückte einen bis dahin sekundären Comic-Charakter in die erste Reihe der Marvel-Superhelden. Und es zeigt den erzählerischen Mut, den manche Autoren aufzubringen vermögen, wenn die Zeiten nach anderen Mitteln rufen. Auch Benjamin Percy ist wie Ta-Nehisi Coates’ solch ein mit Superhelden und Comics aufgewachsener Autor mit wenig Berühungsangst, er hat in inzwischen drei Bänden die Batman-Figur neu interpretiert, im Frühsommer wird dann ein Roman über das „Dark Net“ erscheinen. (CrimeMag-Beiträge über ihn hier und hier und hier.)
Den Zustand seines Landes zu erklären suchen
In „The Beautiful Struggle. A Father, Two Sons, and an Unlikely Road to Manhood“ (2008) beschrieb der 1975 geborene Ta-Nehisi Coates, der als Publizist für „The Atlantic“ und andere Geistesblätter der USA schreibt, seine Kindheit in einem zerfallenden Baltimore. Sein Vater war tatsächlich ein Black Panther gewesen, ein politischer Aktivist. Draußen eine Crack-Welt wie in „The Wire“ (2002 bis 2008 in Baltimore gedreht), zuhause Geschwister von vier Müttern und ein Vater, der in seinem Kleinverlag Black Classic Press untergegangene oder vergessene Autoren pflegte. „Wir waren ein kleiner, enger Zirkel, der zusammenhielt, aber draußen kreisten die Wölfe.“ Bekannt wurde Ta-Nehisi Coates dann auch bei uns mit seinem zwischen Wut und Rationalität schwankenden Buch „Zwischen mir und der Welt“ (Between the World And Me), in dem er in einem als Brief an seinen 15-jährigen Sohn gehaltenen Essay den Zustand seines Landes zu erklären und beschreiben versucht. Es war ein Artikulationsversuch in der Zeit nach der Polizeibrutalität und den den Rassenunruhen von Ferguson und anderen Orten & Toten (siehe dazu auch den CrimeMag–Essay „Wenn der Krieg nach Hause kommt“). Tony Morrison nennt das Buch „eine Pflichtlektüre“.
Ta-Nehesi Coates beschreibt die US-amerikanische Gesellschaft 150 Jahre nach dem Ende der Sklaverei als strukturell rassistisch. 2014 forderte er in einem Zeitungsartikel schon einmal Reparationszahlungen für die Sklaverei. Das schlug ein. Das geruhsame Leben der „Menschen, die sich für weiß halten“, wie er James Baldwin zitierend durchgängig schreibt, hat für ihn immer nur im Fernsehen und in unerreichbarer Ferne existiert. Dass die amerikanische Polizei immer wieder Schwarze erschießt, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden ist laut Ta-Nehisi Coates „normal für Schwarze. Ein alter Hut.“ Rassistische Gewalt ist seiner Auffassung nach der amerikanischen Gesellschaft eingeschrieben und gehört zur Identität der Nation. Ebenso wie jetzt ein rassistischer weißer Präsident, der glaubt und prahlt, man müsse einfach nur „die Feds“ schicken und schon gäbe es Ruhe in Chicago, und dessen desinteressierter und herablassender Umgang mit der „black communitiy“ jüngst in der offenkundigen Unwissenheit mündete, ein gewisser „Frederick Doug.., Douglas“ habe „große Beiträge geleistet“ und werde „immer mehr anerkannt“.
Wörtlich dem Batman-Bösewicht Bane entlehnt
Nun aber also der Comic „Black Panther“, (schon vor Trump) auf mindestens zwölf Folgen angelegt. Gesellschaftlich mit ziemlicher Kraft aufgeladen. Weit mehr inzwischen sogar, als das beim Beginn des Projekt absehbar gewesen war. Superhelden haben eh seit dem Millenium wieder verstärkt Konjunktur. Man kann prophezeien, dass das noch zunehmen wird. „Superhelden sind klar eine Antwort auf traumatische Erfahrungen“, sagt Ta-Nehisi Coates. Bisher galt es in den letzten 16 Jahren mit den Nachwirkungen von zwei Kriegen im Mittleren Osten, mit einer Finanaz- und Wirtschaftskrise und einem sehr unpopulären Präsidenten George W. Busch klarzukommen. Jetzt gibt es einen US-Präsidenten, der seine dunkel-düstere Antrittsrede teils wörtlich dem Batman-Bösewicht Bane aus „The Dark Knight Rises“ entlehnt hat (echt!) und der Sachen sagt wie: „The world is a terrible mess“… oder, auf Putin angesprochen: „Och, wir haben auch Killer. Viele Killer. Amerika ist nicht so unschuldig.“ (Manchmal denke ich, eine der Phantasien Trumps besteht darin, höchstpersönlich bei einer Folterung dabei zu sein.)
Ta-Nehisi Coates konnte privilegiert viel Zeit mit Barak Obama verbringen, sich mit ihm ausführlich auch über dessen Vermächtnis unterhalten – einer der besten Essay über diese Präsidentschaft ist daraus entstanden („My President Was Black„). In der gleichen Zeit arbeitete er an den Skripten von „Black Panther“. Man stelle sich so etwas in Deutschland mit einem deutschen Autor und einem deutschen Politiker vor. Undenkbar. Die „Lebensfrage, wie man in den USA in einem schwarzen Körper leben soll“, wird sich, so Coates in „Between the World and Me“, auch den folgenden Generationen stellen. Seinen Sohn warnt er dort: „Du bist in eine Rasse hineingeworfen worden, die den Wind immer von vorn ins Gesicht kriegt und die Hunde immer an den Fersen hat. Das gilt zwar mehr oder weniger für jedes Leben. Der Unterschied ist, dass du nicht das Privileg genießt, diese Lebenswahrheit ignorieren zu können.“
Ta-Nehisi Coates macht sich keine Illusionen und keine Hoffnungen. „Ich bin ein großer Anhänger des Chaos. Die Geschichte unseres Landes hat nicht unbedingt einen Donald Trump als Nachfolger von Barack Obama gefordert, aber sie hat die Grundlagen dafür gelegt, dass es möglich geworden ist. Man kann davon nicht überrascht sein.“ Ob Obamas Optimismus falsch gewesen sei, möchte er nicht sagen, aber es sei klar, dass jemand wie er – mit seinem Blick auf Rasse und Rassismus – niemals Präsident der USA werden könne. Und das nicht einmal zu denken brauche.
Ein Land, das Iron Man Tony Stark mit der Zunge schnalzen lässt
Auch deshalb nun die graphic novel „Black Panther“ und ihr Kosmos. Schon Buch Eins „Eine Nation unter dem Joch“ durchbricht die Muster des Superhelden-Genres, indem dort komplex über Nationalstaaten, Demokratie, individuelle Kraft und über Autokraten verhandelt und diskutiert und eben auch gehandelt wird. Selbstmordbomber und Terrorismus bedrohten das Gemeinwesen, dessen Herrscher der Held der Erzählung ist, es geht auch um sexuelle Übergriffe und weibliche Selbstbehauptung, der Diskurs wird aber anders geführt als ein Trump das tun würde – und könnte. Der staatsphilosoph bedeutsame Topos der „guten Regierung“ ist bei aller action das Thema.
Als junger Student, so erzählte Coates einmal, sei er begierig gewesen, eine romantisierte Version seines Kulturerbes kennenzulernen; eine Version, die sich auf die legendären Figuren eines idealisierten Afrikas konzentrierte; eine Version, die ihn glauben ließ, „dass alle schwarzen Amerikaner eigentlich Könige im Exil“ sind. In seiner im Erzählbogen auf zwölf Bände angelegten Serie versucht er zusammen mit dem Zeichner Brian Stelfreeze, die „beruhigenden Mythen von Afrika und Amerika“ (wie sie im Marvel-Universum, aber auch anderswo existieren) gegen den Strich zu lesen. Im Mittelpunkt stehen das fiktionale Königreich Wakanda und sein Herrscher T’Challa, der die Zeremonienkleidung des Schwarzen Panthers als Teil seiner Rolle trägt.
Diese Figur war im Juli 1966 zum ersten Mal in Heft Nr. 52-53 des populären Comics „Fantastic Four“ erschienen. T’Challa ist der Prinz des afrikanischen Königreichs Wakanda. Das äußerst seltene Edelmetall Vibranium wird dort abgebaut, für das hochentwickelte Land, dass sogar Iron Man Tony Stark mit der Zunge schnalzen lässt, besteht ständig die Gefahr, dass die Bodenschätze gestohlen werden. Um sein Land zu beschützen, setzt sich T’Challa, der seine Physik-Diplome in Amerika und Europa gemacht hat, seine Tarnmaske auf und schlüpft in das Kostüm des Black Panther. Die „Fantastic Four“ lädt er in sein technisch fortschrittliches Land ein, um ihnen zu demonstrieren, dass er der Bessere und Stärkere ist, und um sie zum gemeinsamen Kampf gegen einen Bösewicht namens Ulysses Klaw zu verpflichten. In der Folge tauchte der Black Panther immer mal wieder bei den „Fantastic Four“ und ab 1968 auch bei „The Avengers“ auf, später bekam er auf den Seiten von Jungle Action eine eigene Serie, in der er einen Bösewicht namens „Killmonger the Usurper“ bekämpft.
Black Panther besitzt keine Superkräfte, er verfügt über überdurchschnittliche Intelligenz, ist ein Meister afrikanischer Kampfkünste, ein Jäger und Fährtensucher mit pantherhafter Agilität. Seine Kräfte werden durch ein geheimnissvolles herzförmiges Kraut verstärkt. Er besitzt das „magische Schwert „Ebony Blade“ und einen Anzug aus dem seltenen „Vibranium“-Metall, das kinetische Energie absorbiert und ihn stich- und kugelsicher und geräuschlos macht. Als er Captain America kennenlernt, wird er Mitglied bei den Avengers. Erfunden wurde er von Stand Lee und dem Zeichner Jack Kirby. Er war der erste afrikanische Superheld des US-amerikanischen Comic-Mainstreams. Inzwischen ist er mit Storm von den X-Men verheiratet. In „The First Avenger: Civil War„ (2016) hatte er einen ersten Filmauftritt, Chadwick Boseman gab ihm das Filmgesicht. Dieser 13. Film aus dem Marvel-Imperium war mit 1,1 Milliarden Dollar Einspiel der erfolgreichste Film des Jahres 2016. Für 2018 ist ein Solofilm mit dem Black Panther angekündigt.
Alchemistische Verbindung mit den Black Panthers
Bis heute – und in diesen Zeiten und mit einem solchen Autor erst Recht – gibt es die alchemistische und subversive Vermengung dieser Comicfigur mit der politischen Bewegung der Black Panther Party. Den Comic freilich gab es (Juli 1966) zuerst, die Black Panther Party for Self-Defense, so der ursprüngliche Titel, wurde am 15. Oktober 1966 im kalifornischen Oakland gegründet. Die Initiatoren Huey Newton und Bobby Searle hatten sich dabei vom Panther-Logo der Lowndes County Freedom Organization aus Alabama inspirieren lassen.
Über 300 Schwarze waren bei den landesweiten Unruhen nach der Ermordung von Malcolm X von Polizei und US-Militär getötet worden. Schon 1965 war es in Los Angeles im Stadtteil Watts wegen Polizeiwillkür zu Unruhen mit 34 Toten, über tausend Verletzten und Hunderten von zerstörten Gebäuden gekommen. Die Black Panther entstanden als eine Bürgerrechts- und Selbstschutzbewegung. Im ersten Zehn-Punkte-Programm forderten sie Freiheit und Selbstbestimmung, Beschäftigung, Ende der Ausbeutung, menschenwürdiges Wohnen, ein reformiertes Bildungswesen, Freistellung vom Militärdienst, ein Ende der willkürlichen Polizeigewalt, die Freilassung aller schwarzen Gefangenen wegen ihrer Benachteiligung bei den Verhandlungen, faire Gerichtsverhandlungen mit schwarzen Geschworenen und schwarzen Anklägern sowie einen Volksentscheid unter der schwarzen Bevölkerung über ihr künftiges Schicksal. Bei den Olympischen Spielen in Mexiko City 1968 wurden zwei schwarze Athleten disqualifiziert, weil sie die Faust zum „Black Panther Salute“ zu erheben wagten.
Die Rhetorik des revolutionären Klassenkampfes und die Ideen von Mao, Marx und Lenin erschienen vielen Weißen in den USA noch ein Stück bedrohlicher als die Slogans und Proteste der europäischen Bürgerkinder von 1968. Bürgerrechtsanliegen und Weltrevolution verbanden sich bei den Panthern mit dem von Malcolm X übernommenen Begriff „by wathever means necessary“ – was immer an Mitteln notwendig ist. Malcolm X hatte gepredigt, dass die Friedfertigkeit Martin Luther Kings ein Irrweg sei, gegen das ungerechte rassistische Regime sei die Selbstverteidigung „mit allen Mitteln“ notwendig und erlaubt. Die Formulierung stammte von Jean-Paul Sartre aus dessen Theaterstück von 1948 „Les Maines Sales“ (Die schmutzigen Hände), in dem es um die Ermordung eines Politikers geht, eine gerechte Sache.
Der Begriff – zu umfassend, um das hier auszuführen – benennt die bis heute ungeklärte Gewaltfrage der Linken. Für Malcolm X bedeutete es, dass die Schwarzen berechtigt waren, was immer notwendig dafür zu tun, um zu einer Rassengerechtigkeit zu kommen. Diese Idee illustrierte er, in dem er für das Magazin „Ebony“ in Anzug und Krawatte posierte und dabei mit einem Gewehr in der Hand aus dem Fenster schaute, ein extrem lässiger und provokanter Auftritt. Die Waffe im metaphorischen Einsatz produzierte einen Einschlag bei vielen weißen Betrachtern.
Gewehre und Revolver waren zentral für das öffentliche Bild der Panther, ihren Rekruten lehrten sie: „Die Waffe ist das einzige Ding, das die Schweine (pigs) verstehen. Das Gewehr ist die einzige Sache, die uns befreien und uns unsere Freiheit bringen wird.“ Huey Newton verkündete: „Wir Schwarzen können Selbst-Verteidigungsprogramme auf die Beine stellen, indem wir uns bewaffnen, von Haus zu Haus, Block zu Block, Gemeinschaft zu Gemeinschaft, in der ganzen Nation.“ Die ersten Waffenkäufe wurden aus dem Verkauf der kleinen roten Mao-Bibeln finanziert, die Macht, heißt es darin, komme aus Hunderten von Gewehrläufen. Jeder Black Panther musste wissen, wie man eine Waffe einsetzt und abfeuert – nichts anderes als in den weißen „Country & Gun Clubs“ gelernt wurde. Als sich die Bürgerrechtsbewegung in den 60ern und 70ern zu radikalisieren begann und Huey P. Newton 1967 die „Black Panther for Self Defense“ gründete, mangelte es nicht an musikalischer Begleitung und Flankierung. „Black & Proud. The Soul of the Black Panther Era“ heißt eine bei Trikont Doppel-CD (Besprechung von Thomas Wörtche hier.)
Hoover: „Die größte Gefährdung der Inneren Sicherheit“
Edgar J. Hoover nannte die Black Panther „die größte Gefährdung der Inneren Sicherheit unseres Landes“ und setzte das sogenannte COINTELPRO-Programm in Gang. „Fake News“ im großen Stil – Donald Trump und Steve Bannon (der bereits als „The Grim Reaper“ dargestellt wird) lassen grüßen. Das FBI schreckte dabei auch vor Falschaussagen mit unterschobenen Beweisen und Drogen nicht zurück, um einzelne Mitglieder zu verhaften und vor Gericht zu bringen. Ortsgruppen wurden infiltriert und unterwandert, von Provokateuren sabotiert, ein richtiggehender Desinformations- und Gegenterrorkrieg geführt. Die Verhaftungswelle rollte ungebremst auch nach der Ermordung Martin Luther Kings am 4. April 1968 durch einen Scharfschützen. Längst sind nicht alle Umstände dieser Tat geklärt, die Fama raunt von einem FBI-Sniperteam. Der Autor Hampton Sides geht den Verästelungen nach in seinem Buch „Hellhound on his Trail“ (2010).
Unter US-Präsident „Tricky Dick“ Nixon durfte Hoover Wanzen installieren und Einbrüche verüben – alles im Namen der nationalen Sicherheit. Tim Weiner, der Autor des faktenreichen Sachbuchs „FBI. Die wahre Geschichte einer legendären Organisation“ (Fischer Verlag, 2012), stellt fest: „Nixon hatte die apokalyptische Vorstellung einer Revolution in Amerika, und durch die politischen Morde, die Ghetto-Unruhen und die Antikriegsdemonstrationen der sechziger Jahre wurden seine düsteren Visionen noch verstärkt. Nixon schätzte die subversive Gefahr im eigenen Lande als ebenso hoch ein wie die Bedrohung durch die Sowjets, die Chinesen und den Vietcong.“ In einer seiner ersten großen Ansprachen an das amerikanische Volk ging er auf die Unruhen an den amerikanischen Universitäten ein: „Auf diese Weise gehen Zivilisationen unter“, zitierte Nixon dabei den Dichter Yeats: „Alles zerfällt. Die Mitte hält es nicht.“
Warten wir also, bis Trump uns mal etwas vom Black Panther tweetet. Ausgeschlossen ist das nicht…
Alf Mayer
PS.Der erste Band des neuen „Black Panther“ geht auch hinter die Kulissen, enthält ein Interview mit dem Zeichner Brian Steelfreeze sowie eine Chonologie früherer Hefte, zeigt viele Entwürfe und Varianten anderer Graphic Artists und bringt zudem die Originalgeschichte vom Juli 1966, mit der alles begonnen hat. Wohlgemerkt: die US-Ausgabe. Die deutsche Ausgabe (Übersetzung: Bernd Kronsbein) hat das Interview, bringt die Varianten kleinformatiger, spart sich die Ur-Geschichte.
Vieles könnte man noch sagen zu diesem aufregenden Comic . Etwa, wie es ist, wenn ein politischer Publizist, der jeden Platz für seine Sätze und Argumente hat, zum Comicautor wird und jedes seiner Worte wägen und verknappen muss. In einem Blog bei „The Atlantik“ hat er den Kreativprozess immer wieder reflektiert. Die Texte dort bei „Conceptualizing the Black Panther“ sind eine Fundgrube. „Comic-Schreiben verlangt eine rücksichtslose Effizienz mit Worten“, sagt Ta-Nehisi Coates. „Poesie ist eine natürliche Cousine der Graphic Novel. Hier ist die Kunst der Held. Immer.“
PPS. „Fakt ist: T’Challa ist schwarz. Das ist keine Deklaration. Es ist eine Gelegenheit.“ (Ta-Nehisi Coates)
PPPS. Brian Stelfreeze zeichnet seit drei Jahrzehnten für viele US-Verlage, er hat Storys mit Domino, den X-Men, Batman, Authority, Jonah Hex, Catwoman und anderen realisiert. Seine Vampir-Serie Day Men soll verfilmt werden. Er war Mitglied der Gaijin Studios in Atlanta, einem der am längsten existierenden Kollektive freischaffender Comic-Künstler in den USA, und agiert als Art Director des Kleinverlags 12 Gauge Comics.
Ta-Nehisi Coates, Brian Stelfreeze: Black Panther: Bd. 1: Ein Volk unter dem Joch (Black Panther. A Nation Under Our Feet, 2016). Panini Verlag, Stuttgart 2017. (US-Originalverlag: Marvel.) 140 Seiten, 14,99 Euro.
Ta-Nehisi Coates: Zwischen mir und der Welt (Between the World and Me). Aus dem Englischen von Miriam Mandelkow. Hanser Verlag, München/Wien 2016. 240 Seiten, 19,90 Euro.