»Lass sichtbar werden, was ohne dich vielleicht niemals gesehen würde.« (Robert Bresson; auch als Motto über einem der Buchkapitel) Mit nur zwei frühen Filmen hat er sich in das kulturelle Gedächtnis seines Heimatlandes Iran und in die Welt-Cinematographie eingeschrieben, zählt zu den großen persischen Filmemachern. Insgesamt vier Kino-, sieben Fernseh- und drei Dokumentarfilme umfasst sein Werk, der Großteil in Westdeutschland entstanden – ewiggültige Meisterwerke dabei. Aber er ist hierzulande fast vergessen. Deshalb ist es mehr als gerecht, dass nun ein dreibändiges Buch mit zusammen 1500 Seiten (in Worten: fünfzehnhundert) den
Read More Katrin Doerksen hat für uns wieder die Berlinale beobachtet und in lockerer Folge davon berichtet. Hier ihr Abschlussbericht. Der Auftakt für 2023 hier. Ihr Berlinale-Tagebuch #1 für dieses Jahr hier, ihr Tagebuch #2 hier. Und hier geht es zu ihren anderen Texten bei uns – d. Red. In der Mitte der Funke Wenn man eine Mine aus großer Höhe filmt, sieht es aus als sei die Erde pockennarbig. Das weiß ich von zwei sehr unterschiedlichen Filmen der letzten Tage. Einer davon ist der australische Wettbewerbsfilm Limbo von Ivan Sen, ein Wüstennoir in düsterem Schwarzweiß. Travis (Simon Baker) liegt
Read More Sitzen bleiben für den Abspann Es gibt so viele Filme über das Filmemachen und so viele Filme über das Heranwachsen, über den dringenden Wunsch in der Welt Spuren zu hinterlassen, aber noch keinen wie Joanna Hoggs The Souvenir. „In a film we don’t want life as it is but as it is experienced,“ sagt Tom Burkes Figur darin zu Julie (Honor Swinton Byrne), einer englischen Filmstudentin der 1980er Jahre. Sie kommt aus der Upper Class, will aber unbedingt einen Spielfilm über die Hafenarbeiter machen, über die Ausgebeuteten der Thatcher-Ära. Später wird
Read More Herbst und Winter auf den Feldern der Berlinale Natürlich sind auch die Nachfahren der kanadischen First Nations, deren Land der Suche nach Öl zum Opfer gefallen ist, im schweren Wagen und per Motorboot unterwegs. Das ist nur ein winziger von sehr vielen Momenten, auf die uns Nikolaus Geyrhalter in seinem neuen Dokumentarfilm Erde (im Forum) einmal mehr stupst, um zu zeigen: Es ist kompliziert. Fracking-Gelände in der nordamerikanischen Weite, der Marmorsteinbruch im italienischen Carrera, Braunkohleabbau in Ungarn oder gleich eine völlig neue Stadt, die in Kalifornien entstehen soll, wo kürzlich noch
Read More Weiter Himmel, tiefer Morast Die Augenbrauen sind fast nicht sichtbar, was ihr nicht nur einen Ausdruck ständigen Staunens verleiht, sondern ihr Gesicht unter den wasserstoffblonden Locken auch seltsam konturlos erscheinen lässt. Nur die kobaltblauen Augen stechen deutlich daraus hervor. Benni (Helena Zengel) ist neundreiviertel Jahre alt und es ist kein Wunder, dass fast alle im Film vor ihr Angst haben, die anderen Kinder und auch die Erwachsenen. Denn Benni (eigentlich Bernadette, aber den Namen hasst sie) schreit und schmeißt mit Spielzeugautos um sich bis Sicherheitsglas zu Bruch geht. Sie rammt
Read More Umhertreiben im grundlosen Kinomeer Blick zurück auf die Berlinale 2018 von Dominique Ott (Und ganz unten die Links zu unserer weiteren Berlinale-Berichterstattung.) Wenn eine halbe Stunde vor Beginn der Vorstellung ein Kinosaal bereits voll ist, dann muss die Berlinale-Zeit angebrochen sein. „Das einzig Gute am Berliner Winter“, habe ich immer behauptet. Eine Aussage, die ich bereits am Eröffnungstag in Frage stelle, als ich um halb elf Uhr morgens keinen Platz mehr in einem überfüllten Kinosaal finde, während draußen bei wolkenlosem Himmel die Sonne wie sonst nur selten zu dieser Jahreszeit strahlt.
Read More Es gibt nichts Uninteressantes auf der Welt Besser als mit dieser Überschrift lässt sich kaum sagen, wofür unsere Berlinale-Korrespondentin Katrin Doerksen wieder reiche Anschauung fand. Hier nun ihr dritter und letzter Bericht und je mit einem Klick zu Teil Eins und Zwei und zu den zwei Vorberichten. Bevor das Screening beginnt, liest Regisseur Kazuhiro Soda seine zehn goldenen Regeln des Filmemachens vor. Für gewöhnlich ist das keine besonders sympathische Geste, aber im Fall von Minatomachi kommt dabei ein derart freier Film heraus, dass man sich wünscht, mehr Filmemacher würden Sodas Regeln folgen.
Read More Erwartungsvoll Kaum startet der Vorverkauf der Berliner Filmfestspiele, sind Tickets für Wettbewerbsbeiträge meist schon vergriffen. Übrig bleiben über 300 Filme in zwölf weiteren Sektionen – deren kategorische Unterscheidung für Außenstehende oft schwer nachzuvollziehen ist – sowie zahlreiche Talks, Walks und Parallelveranstaltungen wie die „Woche der Kritik“. Angesichts dieses Angebots scheint restlose Überforderung vorprogrammiert. Deshalb für jene, die nicht die Zeit aufbringen können, sich durch das 146seitige Berlinale Journal zu kämpfen, ein paar vereinzelte Einblicke in einige dieser Rubriken. Andauernde Classics In den Berlinale Classics kehren alte Werke aus den unterschiedlichsten Jahrzehnten
Read More Vom Ende der Menschheit und des Festivals -Von Katrin Doerksen. Die typischen Berlinale-Krankheiten haben sich irgendwann eingenistet: Bei mir fing es mit Halsschmerzen an, ging in Schnupfen über und schließlich bin ich bei einem trockenen Husten angelangt, den nicht wenige Kollegen in den Kinosälen mit mir teilen. Dazu kommen Knieschmerzen und Fußkrämpfe vom vielen Sitzen. Es wäre ein Elend, kämen sie nicht jedes Jahr so zuverlässig wieder, dass die berüchtigten Berlinale-Beschwerden inzwischen zu einem Klischee geronnen sind. Heiser lacht man darüber und zückt das nächste Taschentuch. Das Elend ist auch
Read More Von ziellosen Reisen und 35mm-Melancholie Von Katrin Doerksen Zum ersten Mal werden auf der Berlinale nicht nur die obligatorischen Festivaltaschen an die Presse verteilt, sondern auch Thermobecher. Man möchte den Verbrauch an Pappgeschirr eindämmen, heißt es. Aber mal abgesehen davon, dass der Kaffee darin den Geschmack von Blech annimmt, passen die Becher nicht unter die Automaten des Kaffeekapsel-Sponsoren. Und wenn die internationale Jury in den Pressevorführungen sitzt, teilt ein Assistent ihnen stets Mineralwasserflaschen aus, die hinterher angebrochen und noch halbvoll an den Plätzen stehen. So richtig scheint die Berlinale ihre
Read More „I’m the fucking driver.“ Für viel Aufsehen hat der Film „Victoria“ von Anfang an gesorgt: Eine einzige Kameraeinstellung, 140 Minuten. Und trotzdem kinotauglich. Mit Preisen wurde er fast schon beworfen, Jubelkritiken kamen aus dem In- und Ausland. Eine Revolution für den deutschen Kinofilm hieß es gar. Bei so viel Lob wird man skeptisch – oder? Unsere neue Kollegin Katja Bohnet sah ihn sich an – und war tatsächlich beeindruckt. Aber nicht nur wegen der einen Kameraeinstellung. Schon nach den ersten Minuten des Films weiß ich, wer am Ende in seinem eigenen
Read More Taxi Driver in Teheran Eine 88 minütige Taxifahrt durch Teheran – zum Preis eines Kinotickets. Christopher Werth ist bei Herrn Panahi eingestiegen. Dieser Film ist eigentlich unmöglich. No budget, no Filmförderung, no Aufnahmeleiter, no Catering. Hauptbestandteil: die unfassbare Chuzpe und Trotzigkeit des Filmemachers. Trotz Arbeitsverbot, gerade abgesessenem Hausarrest und strengster Zensur durch die iranische Regierung erreicht Jafar Panahi die Weltöffentlichkeit. Der Film gewinnt nicht nur den goldenen Bären in Berlin, sondern wird auch noch weltweit begeistert besprochen. Navigationssystem: Kreativität Kreativität findet ihren Weg. Eine Kraft, die umso stärker wirkt, je mehr
Read More Niemandsland – Einer unter vielen schönen Aspekten der Berlinale ist, dass man Filme anschauen kann, die man später vielleicht nicht mehr so einfach findet. Zum Beispiel den eminent politischen Dokumentarfilm „Terra de Ninguém“ der jungen Regisseurin Salomé Lamas. Doris Wieser war für „Moving Targets“ im Kino. Auch Portugal ist ein Land, das an seiner jüngeren Vergangenheit noch zu knabbern hat und dieses Knabbern und Verdauen macht zunehmend Geräusche. Der Kolonialkrieg, den Portugal seit Anfang der 1960er Jahre in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau auszutragen hatte, ist immer noch eine offene Wunde.
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