
Deutsches Theater Göttingen REGIE Erich Sidler FOTO Georges Pauly
Auf die Frage nach dem Erleben im Theateralltag fallen mir
die unzähligen Begegnungen mit Kollegen auf der Bühne und auf der Probe ein.
Ich empfinde es tatsächlich als Geschenk dieses Berufes, mich mit meinen Mitspielern
immer wieder zu verbinden, mit ihrem Humor, ihrem Schmerz, ihren Anliegen…
mich mit ihnen in den absurdesten Kostümen, schweren Choreographien, stickigen
Schränken wiederzufinden. Mit ihnen ein Schubert-Lied über die Vergänglichkeit
zu singen.
Dann gibt es da auch noch den Text, ein ebenso wichtiger Spielpartner…
immer wieder darf man Sätze sagen, die einem etwas bedeuten, die man mag, die
man wertvoll findet, und man glaubt und hofft, wenn man selber davon berührt
ist, kommen sie auch so beim Zuschauer an. Umgekehrt: bei schwachen Texten kann
man dieses ganze Theater auch mal öde und verlogen finden – da muss man dann
irgendwie durch.
Die tollen Momente, in denen man sich einbildet, ein Funke sei übergesprungen,
das Publikum lacht oder schluckt, die reichern sich dann doch irgendwie in
einem an und bleiben. Und Sätze bleiben mir auch im Hirn, auch wenn das Stück
schon längst abgespielt ist.
Darum schließe ich hier mit Jelineks Schutzbefohlenen, geschrieben kurz bevor die Flüchtlingskrise in aller Munde war… Eine Inszenierung, die ich richtig vermisse, ein Text, der mich so bewegt hat, der mir Abend für Abend das Gefühl gegeben hat, Theater ist großartig.
„Das Ungerührtsein von Gerührten, von über Katzenvideos Gerührten, von Hundebabys, uns verhüllt naht schon die Zukunft, doch, obwohl verhüllt, sehen wir sie, wir haben auch schon den Abgrund ergründet, war gar nicht so schlimm, einen Grund dafür haben wir nicht gehabt, wo doch sogar das Meer einen hat, irgendwo, wir wollten einfach nur schauen, ja, die Zukunft sehen wir auch bereits, ja, die, dort drüben im noch geheimeren Dunkel, sagen Sie uns, worum wir noch flehen sollen und vor allem warum? Zu wem? Dass uns Recht geschieht, darum beten wir, das erfülle mein Gebet um freies Geleit, um ein Los, das gewinnt, um ein besseres Los, aber es wird nicht geschehen. Es wird nicht geschehen. Es ist nicht. Wir sind gar nicht da. Wir sind gekommen, doch wir sind gar nicht da.“

Foto Hannes Caspar
BIO Rebecca Klingenberg wurde in Bremen geboren und studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Zürich. Stationen u.a. Schauspielhaus Zürich, Theater Freiburg, Deutsches Theater Berlin, Maxim Gorki Theater in Berlin und Schauspiel Hannover. Rebecca Klingenberg nahm zahlreiche Hörspiele für den SWR und das Schweizer Radio DRS auf. Sie ist seit der Spielzeit 2014/15 am Deutschen Theater Göttingen engagiert.
AKTUELL Deutsches Theater Göttingen: Erich Kästner „Fabian“ (R: Ruth Messing) und anderes mehr
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