Eine Kugel für Trump
Kann man Donald Trump eigentlich noch toppen? Schwierig, schwierig, Sam Bourne hat es in seinem Roman „Der Präsident“ versucht, aber ist gescheitert. Mike Wuliger ist enttäuscht.
Die amerikanischen Demoskopen stellen eine Frage leider nie: Wie viele Bürger träumen davon, dass ihren derzeitigen Präsidenten der Schlag treffen möge, notfalls auch die Kugel eines Attentäters? Die zustimmenden Antworten wären möglicherweise höher als Trumps aktuelle Popularitätswerte.
In Sam Bournes “Der Präsident” – der englische Originaltitel heißt “To kill the President” – scheint dieser Wunsch in Erfüllung zu gehen. Weil der immer verrücktere Commander-In-Chief kurz davor steht, aus verletzter persönlicher Eitelkeit einen Atomkrieg mit China anzufangen, beschließen sein Verteidigungsminister und der Stabschef des Weißen Hauses, ihn durch einen Anschlag aus dem Weg räumen zu lassen. Ein pensionierter Sergeant des Marine Corps, der als Latino für den Rassisten im Weißen Haus wenig übrig hat, soll den Job erledigen. Drei Tage hat er Zeit, bevor der nukleare Weltuntergang droht.
Maggie, die Gute
Doch Maggie Costello, eine leitende Mitarbeiterin des Weißen Hauses, kommt dem Komplott zufällig auf die Spur. Maggie ist die eigentliche Hauptfigur des Romans. Die Chefin der Ethikabteilung ist ein Überbleibsel aus der vorherigen, liberalen Administration. Der neue Präsident ist ihr ein Gräuel. Aber aus Verantwortungsgefühl und um Schlimmeres zu verhüten, ist sie auf ihrem Posten geblieben. Peu à peu deckt Maggie auf, dass der Präsident mit Hilfe seines Chefberaters Crawford McNamara (der, bis hin zu den von ihm so gern getragenen Cargo-Shorts, Steve Bannon nachgezeichnet ist), seine Macht nutzt, um geschäftliche Rivalen physisch aus dem Weg zu räumen. Am Ende misslingt das Attentat, weil Maggies Lover, der sie im Auftrag von McNamara systematisch aushorcht, durch sie von dem Komplott erfahren hat. Der Präsident und seine Kamarilla wollen den Anschlagsversuch nutzen, um in Reichstagsbrandmanier den Notstand auszurufen und die Verfassung außer Kraft zu setzen. Aber Maggie gelingt es, diverse Mordversuche zu überleben und ihre Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen. Gegen den Präsidenten wird ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Alles wird wieder gut in Amerika, streng nach Recht und Gesetz.
War wohl nix …
Hätte Sam Bourne – hinter dem Pseudonym verbirgt sich der britische Journalist Jonathan Freedland, der für den “Guardian” lange aus Washington berichtet hat – sich auf den ersten Strang der Story, das Attentat, beschränkt, wäre vielleicht ein leidlich spannender Roman dabei herausgekommen. Leidlich spannend, weil Bourne/Freedland nicht wirklich gut schreibt. Wo Frederick Forsyth, dessen “Der Schakal” von 1971 noch immer der Goldstandard des Politattentat-Thrillers ist, stringent und konzis seine Story entwickelt, neigt Bourne/Freedland auf 455 Seiten zu ausufernder Geschwätzigkeit. Er verliert sich in selbstverliebten Beschreibungen unnötiger Einzelheiten. Dass er mit Maggie Costello noch einen zweiten Plot einführt, ruiniert das Buch vollends. Weil es dem Autor nicht gelingt, die beiden Hauptstränge schlüssig zu verknüpfen, ist die Lektüre streckenweise eine Qual. Vor lauter Abschweifungen findet man die Story nicht mehr. Hinzu kommt, dass die Figuren ziemlich platt gezeichnet sind, wie Comic-Figuren: hier die Guten, da die Bösen. Wie überhaupt die moralische Empörung des Autors allzusehr durchscheint. Und, als wäre das, was Trump real tut, nicht schon übel genug, überzeichnet Bourne/Freedland ihn und seine Politik ins Karikaturenhafte: Da will der Präsident sich in Manier eines südamerikanischen Caudillos in Uniform dem Volke präsentieren; und seine Leute diskutieren, nur halb im Scherz, Muslime mit einem gelben Sichelmond an der Kleidung zu kennzeichnen.
Dieses Buch kann man sich sparen. Die Wirklichkeit der Ära Trump ist nervenkitzelnder. Hoffen wir, dass sie auch real – so oder so – möglichst bald zu Ende geht.
Sam Bourne: Der Präsident (To Kill the President) Roman.. Übersetzt von Ruggero Leò. 455 S., Bastei Lübbe, Köln: Bastei Lübbe 2017, 455 Seiten, € 10,00
Zum Buch hier entlang. Und zu Mike Wuliger im CrimeMag lesen Sie hier.