Geschrieben am 5. Juli 2016 von für Bücher, Litmag

KidBits: Neue Bücher für Kinder

Im November letzten Jahres stellten wir drei neue Kinderbuchreihen vor: „Die Karlsson-Kinder“, „Die unglaublichen Schockingers“ und „Max und die wilde 7“. Alle drei Reihen wurden fortgesetzt und vor den Sommerferien wollen wir einen Blick auf die jeweils aktuellen Bände werfen: Wie haben sich die Reihen entwickelt? Lohnt es sich, dranzubleiben? Außerdem hat Frank Schorneck das neue Buch von Dagmar Geisler gelesen.

Mazetti_GruselschiffMöglichkeiten einer Insel

Schon zum fünften Mal erleben die Karlsson-Kinder abenteuerliche Ferien auf der Insel Doppingö. Diesmal bekommen sie es mit einer großen Sauerei zu tun, denn eine schmierige schwarze Pampe wird an den Strand gespült und bringt erst das Inselpferd, dann den Kater der Kinder in Lebensgefahr. Selbstverständlich versuchen die Kinder, der Ursache dieser Umweltverschmutzung auf den Grund zu gehen. Dabei wird es zwischenzeitig äußerst gefährlich.

Die schwedische Buchreihe bleibt ein Garant für eine ausgewogene Mischung aus Abenteuer und Freundschaft. Allerdings wirkt in dem neuen Roman der Umweltschutz-Aspekt wie ein aktuelles Thema, das unbedingt abgehandelt werden musste und sich nicht geschmeidig in eine Handlung einfügen will. Das führt dazu, dass sich Dialoge entspinnen wie in einem Kölner Tatort – etwa wenn um die Anschaffung eines Familienautos diskutiert wird und die zehnjährige Hummel beim Thema SUV an die Decke geht wie Freddy Schenk, wenn er soziale Ungerechtigkeit wittert.

Hier zeigt sich, dass die Vielfalt an möglichen Abenteuern auf einer recht kleinen Insel doch ziemlich übersichtlich ist. In den Figuren und in ihrem Verhältnis zueinander steckt durchaus noch Entwicklungspotential, aber vielleicht muss doch der Radius der Handlung etwas erweitert werden, um noch spannende Geschichten zu erzählen, die nicht stets im selben Muster stecken bleiben.

Katarina Mazetti: Die Karlsson-Kinder. Band 5: Gruselschiff mit schwarzer Dame. Dtv 2016. 206 Seiten. 10,95 Euro. Empfohlen ab 7 Jahre

schockinger_GruftTFURG

Wirklich schwer machen es einem die Abenteuer der „unglaublichen Schockingers“. Die Romane strotzen vor aberwitzigen Einfällen und einer hohen Gagdichte bei atemberaubendem Erzähltempo. Wer die ersten beiden Bände nicht kennt, braucht mit Band drei gar nicht erst zu beginnen, zu sehr bauen die Bücher aufeinander auf.

Was bei Fernsehserien großen Reiz hat, ist allerdings im Kinderbuch eher grenzwertig. Horizontales Erzählen an sich ist dabei nicht das Problem, doch wenn jeder Roman mit einem Cliffhanger endet und nur rudimentär eine abgeschlossene Story bietet, ist das ein großer Schwachpunkt. Wer die ersten beiden Bände kennt, der weiß, dass auf der Familie Schockinger ein Fluch liegt und dass Schockinger-Tochter Edna ihre Rolle mit dem längst verstorbenen (bzw. in der Familiengruft lebenden) Ururururonkel Henry getauscht hat. Wie sich nun herausstellt, kommt es durch diesen Tausch zu einem kosmischen Ungleichgewicht, einem „Weltenwackler“, der immer verrücktere Folgen hat. Henry Schockinger, seine Freundin Lila und Henry müssen die Fugen zwischen den Welten wieder kitten. Welche Rolle dabei ein Supermarkt zwischen den Welten, ein rasender Einkaufswagen mit Namen Karl-Gustav und ein magisches Plumpsklo spielen, muss jeder selbst herausfinden.

Es ist kein Problem, wenn gerade eine parodistische Gruselgeschichte den Gesetzen der Logik widerspricht – aber eine innere Logik sollte vorliegen, um die Story glaubwürdig zu gestalten. Dies ist hier viel zu oft nicht der Fall, mit der neunjährigen Testleserin kam es deshalb zu zahlreichen Diskussionen um merkwürdige Wendungen und logische Fehler. Das ist umso ärgerlicher, als der Roman voller Witz steckt und auch sprachlich ungemein Spaß bereitet und sogar ernste Themen anspricht.

So gibt es eine sehr rührende Szene, in der wir erfahren, dass Lila noch kurz vor dem Tod ihrer Oma gemein zu dieser war. Ohne zu dick aufzutragen, spricht die Autorin Judith Allert hier ein Thema an, bei dem viele Kinder auf die eine oder andere Art mitfühlen können. Leider fällt ihr nur eine sehr platte und unbefriedigende Lösung ein, mit dieser Trauer umzugehen. Während sich ihre Phantasie ansonsten überschlägt, verschenkt sie mehrfach die Möglichkeit, die Figuren zu wirklichen Charakteren auszubilden.

Judith Allert: Die unglaublichen Schockingers. Band 3: Grüße aus der Gruft. Ars edition 2016. 160 Seiten. 9,99 Euro. Empfohlen ab 8 Jahren

Dickreiter_maxGrufti-Power

Gruftis ganz anderer Art sind die Freunde von Max. Denn Max wohnt mit seiner Mutter auf einer echten Burg – die aber in ihrer Eigenschaft als Altersheim nicht den wirklichen Coolnessfaktor aufweisen kann, der sich zum Prahlen in der Schule eignete. Doch die drei Senioren von Tisch Nummer 7 sind so ziemlich die coolsten Freunde, die sich ein Junge wünschen kann, schließlich hat man gemeinsam schon einen Einbrecher und eine unheimliche Geisteroma zur Strecke gebracht.

Dem Autorenduo Lisa-Marie Dickreiter und Winfried Oelsner gelingt die Balance zwischen horizontalem Erzählen und jeweils eigenständigem Abenteuer. Max hat weiterhin Probleme, sich in der Schule Respekt zu verschaffen und leidet unter dem Mobbing des fiesen Ole, da können auch die Senioren nicht wirklich helfen. Doch als Motzkopf, der dicke Kater, entführt wird, gibt es Wichtigeres als die Schule. Die ehemalige Schauspielerin Vera, der emeritierte Professor Kilian und der frühere Trainer Horst nehmen gemeinsam mit Max die Ermittlungen auf, denn die Polizei will an eine Entführung nicht glauben. Die Vier kommen jedoch einer Bande auf die Spur, die in großem Stil für Laborzwecke übergewichtige Tiere fängt.

Dass Max bei seinen Ermittlungen zufällig darüber stolpert, dass seine Mutter sich mit einem fremden Mann trifft und ihn darüber anlügt, lässt die Emotionen kochen. Verantwortung (nicht nur gegenüber einem Haustier) und Vertrauen sind zentrale Themen dieses Romans, ohne dass aufdringlich eine Moral in den Vordergrund geschoben würde.

Die Lösung des Falles fordert wieder Kombinationsgabe, wobei die Leser mitraten können. Eine rasante Verfolgungsjagd, die leider von der Polizei gestört wird und andere Rückschläge lassen die Zeit eng werden für die Rettung von Motzkopf und der anderen Tiere. Diese Reihe birgt noch Potential in sich, hat sich bislang von Band zu Band gesteigert und die Testleserin kann den vierten Band kaum erwarten.

Lisa-Marie Dickreiter & Winfried Oelsner: Max und die wilde 7. Band 3: Die Drachen-Bande. Oetinger, 2016. 240 Seiten. 12,00 Euro

tintenkleckser17 Freunde

Mit den Abenteuern um die freche zehnjährige „Wanda“ oder auch den „Chaos-Comics von Luis“ hat sich die Autorin und Illustratorin Dagmar Geisler in die Herzen vieler Kinder geschrieben und gezeichnet. Mit ihrer neuesten Buchreihe versucht sie sich an einem interessanten Konzept: Aus dem Gedanken heraus, dass eine Schulklasse viele unterschiedliche Charaktere in sich vereint und dennoch nach außen hin eine Gemeinschaft bildet, stellt Geisler eine komplette Schulklasse in den Mittelpunkt ihrer Kinderbuchreihe.

Gut, mit einer Klassengröße von lediglich 17 Kindern ist die 3a utopisch weit entfernt von der Lebenswirklichkeit der meisten Drittklässler und Inklusion scheint ebenfalls noch keinen Einzug gefunden zu haben, doch die „Tintenkleckser“ – wie die Kinder der 3a wegen eines Ereignisses seit der ersten Klasse heißen – sind ein sehr bunter und sympathischer Haufen.

Im ersten Band dreht sich alles um eine Lesenacht in der Schule und um ein verschwundenes Spielzeugtier. Sollte sich unter den Mitschülern etwa ein Dieb befinden? Auf heimlicher Wanderschaft über nächtliche Schulgänge bis in den düsteren Keller kämpfen ein paar der Kinder gegen Angst und ein mulmiges Gefühl an. Im Mittelpunkt stehen Ben, Mia und Sami, aber auch die anderen werden nach und nach vorgestellt.

Im Folgeband rückt die Autorin andere Kinder in den Fokus, so dass sich im Laufe der Buchreihe voraussichtlich ein sehr komplexes Bild dieser Klasse ergeben wird. Diesmal gilt es, die Zerstörung des Schulgartens zu verhindern, denn ein unsympathischer Baulöwe will diesen für den Parkplatz eines Einkaufszentrums einebnen und über die Grundstücksgrenzen herrscht keine urkundliche Klarheit. Für die Zielgruppe der 8-jährigen Leser scheint der Umgang mit dem Thema ein wenig zu lapidar und die Problemlösung zu einfach, aber die kleinen Nebenhandlungen, in denen es um Ehrlichkeit, Solidarität mit Mitschülern, Gerüchteküche und Gewissensbisse geht, sind nah am Alltag der Kinder.

Hier liegt ohnehin eine große Stärke der Bücher: Sie beschreiben Alltagssorgen und –nöte, blicken auch in die unterschiedlichsten familiären Hintergründe einzelner Kinder, so dass die Vielfalt der Kinder, ihrer Wünsche und Träume und ihrer Verhaltensweisen auch mit dem jeweiligen sozialen Umfeld in Bezug gesetzt wird.

Sprachlich sind die Geschichten eher einfach gehalten, die Sätze sind nicht allzu lang, die Kapitel überschaubar und das Schriftbild schon für relative Leseneulinge zu bewältigen. Bilder gibt es zudem ebenfalls reichlich. Zum Vorlesen eignen sich die Tintenkleckser sicherlich auch schon für jüngere Kinder, lesefitte Drittklässler könnten bereits unterfordert sein.

Dagmar Geisler: Die Tintenkleckser. Band 1: Mit Schlafsack in die Schule / Band 2: Schulhofalarm. Dtv Junior, je 144 Seiten. 9,95 Euro.

Frank Schorneck

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