Geschrieben am 9. Oktober 2013 von für Musikmag

Stagetime: Anna Calvi – 29.9.2013, Berlin, Heimathafen

Foto: Roger Dekker

Foto: Roger Dekker

Überwältigend

– Am 29.09.2013 stellte Anna Calvi ihr neues Album „One Breath“ im Heimathafen Neukölln in Berlin vor. Ein kleiner Rahmen für eine junge Frau mit so viel Starpotential: Ausverkauft schon vor Wochen. Wer dennoch das Glück hatte, die Britin in diesem exklusiven Rahmen zu sehen, wurde Zeuge wie das Publikum der blonden Sirene zu Füßen lag, uneingeschränkt und bedingungslos.

Supportet wurde Calvi von I Have A Tribe, einem tieftraurigen Singer-Songwriter am Piano. Das letzte Album von Anna Calvi im Gedächtnis wünschte sich der geneigte Hörer nichts mehr als Liebeskummer oder doch zumindest Rotweindurst. Den dürfte das anwesende Bildungsbürgertum ausreichend mitgebracht haben. Ich kam mir endlich einmal wieder extrem jung vor auf einem Konzert . Immerhin lassen einem die älteren Herrschaften (Mitdreißiger und -vierziger brauchen sich hier wirklich noch nicht angesprochen fühlen!) Platz auf Konzerten und drängeln nicht.

Erwartungsvoll starrte kurz vor zehn alles in Richtung Bühne. Man war bereit für das große Drama zum Ausklang des Sonntags. Doch die Gäste hatten die Rechnung ohne Anna Calvi gemacht, die zeigte, was in ihrer Stimme und vor allem ihrer Gitarre steckt. Kraftvoll heizte sie den Heimathafen ein. Etwas über eine Stunde spielte sie Songs von ihrem Debüt und dem neuen Album „One Breath“. Die eiserne Lady, die auf Pressefotos nie ein Lächeln zeigt, strahlte gerührt über das ganze Gesicht, bedankte sich immer wieder auf Deutsch. Tosender Beifall setzte nach dem Ende jedes Songs immer wieder ein. Calvi hätte sich in Standing Ovations aalen können, das Publikum hinhalten können. Tat sie aber nicht. Sie putschte den Saal mit Tempo auf und kam selbst zum Schluss straight zurück auf die Bühne. Zwei Zugaben. Der letzte Song war ihre fulminante Interpretation des Edith-Piaf-Klassikers „Jezebel“. Danach ging das Licht an. Aber danach hätte auch nichts mehr kommen können. Es war überwältigend.

Janine Andert

 

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