
Eine Vielzahl von Krimi-Neuheiten …
… erscheinen jeden Monat, dazu Graphic Novels (vulgo: Comics) und DVDs und BluRays.
Unmöglich, das alles zu überblicken und zu rezensieren.
CrimeMag siebt und schürft deshalb für Sie und weist hier regelmäßig mit Hilfe der befreundeten Buchhandlungen Chatwins (Berlin), Wendeltreppe (Frankfurt) und Buchladen in der Osterstraße (Hamburg) auf interessante Neuerscheinungen hin.
Empfehlungen für DVDs, BluRays und Comics und auch Podcasts geben Katrin Doerksen und Thomas Groh. (Dieses mal in Festivalpause.)
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Bitte denken Sie daran, dass gerade in diesen Zeiten Ihre lokalen Buchhandlungen besonderer Unterstützung und Solidarität bedürfen. Lieber dort bestellen als bei amazon. –
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Claudia Denker von der Krimiabteilung im Chatwins in Berlin-Schöneberg:
Ach, darauf freue ich mich! Die Kunstfälscherinnen sind wieder am Start: »Zwielicht. Verrat.«von Nevada & Karlsson (DuMont, deutsch von Karoline Hippe). Der erste Band »Dämmerung. Falsch.« hat mir im letzten Jahr sehr gefallen.
Vergessen hatte ich im März das neue Buch von Riku Onda mit dem schönen Titel »Fische, die in Sonnensprenkeln schwimmen« (Atrium, deutsch von Nora Bartels), wird nachgeholt. – Siehe auch die Besprechung von Sonja Hartl in dieser Ausgabe, d. Red.
Noch einmal Japan – Kotaro Isaka erzählt von gleich drei Auftragskillern, die sich warm anziehen müssen, denn »Suzukis Rache« könnte für sie gefährlich werden (Hoffmann & Campe, deutsch von Sabine Mangold).

Auch »Seventeen« ist ein Auftragskiller, der in Gefahr ist. Der Drehbuchautor John Brownlowhat seinen ersten Kriminalroman geschrieben (Rowohlt, deutsch von Stefan Lux). Könnte gut sein.
Mal wieder Berlin, mal wieder Suhrkamp – bin gespannt auf »Die Guten und die Toten« von Kim Koplin und den Showdown auf dem Dach eines Charlottenburger Parkhauses.
Neugierig bin ich auf den Roman der Afroschweizerin Melara Mvogdobo »Von den fünf Schwestern, die auszogen, ihren Vater zu ermorden« (Edition 8). Schlecht benommen hat er sich, der Vater.
Auch aus der Schweiz stammt der Autor Demian Lienhard. Kein Kriminalroman, trotzdem krimineller Inhalt: »Mr. Goebbels Jazz Band« (Frankfurter Verlagsanstalt) ist ein Roman um die Big Band »Charlie and His Orchestra«, die von Joseph Goebbels für internationale Nazi-Propaganda zusammengestellt wurde. Die Musiker spielten um ihr Überleben gute Musik mit brauner Soße.
Und zum Schluss noch eine preisgekrönte Graphic-Novel: »Hör nur, schöne Márcia« von dem Brasilianer Marcello Quintanilha (Reprodukt, deutsch von Lea Hübner, Lettering: Inga Härig), eine Mutter-Tochter-Geschichte in der korrupten Welt Rio de Janeiros.
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Jutta Wilkesmann und Hildegard Gansmüller, Wendeltreppe, Frankfurt:
Emily Maguire: Ein Einzelfall (Septime, übersetzt von Roland Freisitzer)
Cay Rademacher: Geheimnisvolle Garrigue (DuMont)
Stefan Slupetzky: Lemmings Blues (Haymon)
Matthijs Deen: Der Taucher (Mare, Ü: Andreas Ecke)
Frederic Hecker: Totenblass (Blanvalet)
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Torsten Meinicke, Buchladen in der Osterstraße, Hamburg:
Da der „Buchladen in der Osterstraße“ keine reine Krimibuchhandlung ist, muss (und will) ich auch über den Genre-Tellerrand hinweg lesen. Deshalb hier meine Krimitipps des Monats plus „Seitensprünge“:

– Peter Papathanasiou, Steinigung (Ü: Sven Koch). Polar 2023, 368 S., 17 Euro: Der australische Autor mit griechischen Wurzeln präsentiert Detective Manolis, ebenfalls mit griechischen Wurzeln. Eine gesteinigte Lehrerin, Gewalt in und um ein Flüchtlingslager im Outback, das voll ist mit Drogen, Alkohol und „Roos“. Alan Carter und Garry Disher bekommen Konkurrenz. Ganz stark! – Siehe dazu auch unsere Bloody Chops von Joachim Feldmann, d. Red.
– Piergiorgio Pulixi, Die Insel der Seelen. Sardiniens dunkle Seite (Ü: Barbara Engelmann, Barbara Neeb und Katharina Schmidt), Kampa 2023, 537 S.,19,90 Euro: Ein Ermittlerinnen-Duo im Süden Sardiniens, ein Cold Case und viel sardische Mythologie. Der Autor ist bei Massimo Carlotto in die Schule gegangen, was viel verspricht. „Cazzu diaulu“, ist das spannend. Mit hilfreichem Glossar der sardischen Ausdrücke.
– James Lee Burke, Angst um Alafair (Ü: Jürgen Bürger), Pendragon 2023, 672 S., 26 Euro: Und wieder ein voluminöser Band um Dave Robicheaux und Clete Purcel mit Suchtstoffpotential. Der vorletzte Band der Reihe. Bald ist es geschafft. Meinen Respekt an das Durchhaltevermögen des Verlegers Butkus!

– Petra Hartlieb und Hubert Flattinger, Der Wald heult. Ein Fall für Martha & Mischa, illustriert von Ulrike Halvax, Leykam 2023, 160 S., 18 Euro: Das Entsetzen ist groß bei den Zwillingen Martha und Mischa, als sie erfahren, dass ihre Eltern beschlossen haben, nach Krähfeld aufs Land zu ziehen. Die Kinder im neuen Dorf sind bestimmt doof und einen Fußballplatz gibt es wahrscheinlich auch nicht. Dafür aber ganz viel Wald. Und der ist sehr dunkel und heult. Aber wer heult da wirklich? Nachdem sich im Freibad herausgestellt hat, dass die Kinder in Krähfeld eigentlich ganz nett sind, macht sich die neue Clique an die Lösung des Geheimnisses um den heulenden Wald. Eine spannende Lektüre für Kinder ab 8 Jahren.
– Laila Lalami, Der verbotene Bericht (Ü: Michaela Grabinger), Kein & Aber 2022, 493 S., 27 Euro: Ein historischer Roman über die Narváez-Expedition der Spanier im 16. Jahrhundert aus der Sicht eines marokkanischen Sklaven. Ein ungeschönter Blick auf die Verbrechen an den amerikanischen Ureinwohnern. Literarisch stark und spannend wie ein Krimi.
– Alexandra Przyrembel, Im Bann des Bösen. Ilse Koch – ein Kapitel deutscher Gesellschaftsgeschichte 1933 bis 1970, S. Fischer 2023, 432 S., 28 Euro: Eine große Studie der Hagener Historikerin über die Ehefrau des SS-Kommandanten des Konzentrationslagers Buchenwald. Frauen als Täterinnen. Eine Untersuchung über das „Böse“ und die Rezeption im Nachkriegsdeutschland. Das ist höchst lesenswerte Geschichtswissenschaft.
Aus den Hamburger Hagelschauern grüßt
Torsten Meinicke