Geschrieben am 1. September 2020 von für Crimemag, CrimeMag September 2020

Bodo V. Hechelhammer bei SchleFaZ: Interview mit Oliver Kalkofe

Peter Rütten und Oliver Kalkofe – SchleFaZ Sommer 2020 © Sven Knoch

SchleFaZ bedeutet Liebe

Das »kleine« Sommerinterview mit Oliver Kalkofe über schlechte Filme und klare Worte

Am 14. August starteten die Sommerfilme der achten Staffel von SchleFaZ, was kurz für »Die schlechtesten Filme aller Zeiten« steht. In der satirischen Filmreihe des Privatsenders Tele 5 stellen Oliver Kalkofe und Peter Rütten Filme von eher reduzierter Qualität vor. Seit 2013 läuft SchleFaZ inzwischen, erfreut sich auch nach sieben Jahren einer kontinuierlich wachsenden Fangemeinde und eroberte sich schon längst einen satirischen Sonder- und Kultstatus in der sonst eher biederen Fernsehlandschaft. Ende September 2019 wurde die hundertste Folge mit einer großen Live-Veranstaltung vor zweitausendfünfhundert Zuschauern im Berliner Tempodrom gefeiert. Selbst in Zeiten von Corona und unabhängig von neuen Staffelfolgen verabreden sich die SchleFaZ-Fans zum gemeinsamen Schauen früherer Folgen bei »SchleFLIX«, dem seit 2019 eigenen Netflix-Pendant. 

Hechelhammer: Oliver Kalkofe, Hand auf´s Herz, hättest Du Dir diese Entwicklung von SchleFaZ zur Kultsendung vor sieben Jahren vorstellen können? Schließlich werden besonders schlechte Filme für die Sendung auf Tele 5 herangezogen. Was ist das Erfolgsrezept: Muss man schlechte Filme lieben oder ist alles eine Frage von Selbstironie?

Kalkofe: SchleFaZ ist ein Konzept, das im Grunde nur als einmaliger Spaß für einen Sommer geplant war. Wir haben niemals daran gedacht, dass das einmal so erfolgreich sein wird. Im Grunde war es eine Schnapsidee. Tele 5 hatte damals einfach viele schlechte Filme im Programm. Ich machte gerade ein paar Werbeveranstaltungen für den Sender und witzelte darüber, dass man doch einmal eine eigene Sendung über die schlechtesten Filme aller Zeiten machen könne. Jeder Sender hat schließlich solche Filme, aber alle wollen immer nur die Besten zeigen. Das ist doch langweilig. Zu meiner Idee sagte Kai Blasberg, Geschäftsführer von Tele 5, einfach nur: Mach doch mal. Ich habe daraufhin bei Peter Rütten angefragt, den ich zwar zu dieser Zeit noch gar nicht so gut kannte, der sich aber auch mit solchen Filmen auseinandersetzte. Daraus hat sich alles immer weiterentwickelt. 

Oliver Kalkofe – SchleFaZ bedeutet Liebe! © Steffen Jaenicke

Wir sagen zwar im Titel, dass wir uns um die schlechten Filme kümmern und uns über diese lustig machen. Aber eigentlich ist es ein Format, in dem ganz viel Liebe für den Film an sich steckt: SchleFaZ ist Liebe. Denn wenn man Filme wirklich liebt, dann gehören auch die schlechten dazu. Und wir haben alle schon jede Menge schlechte Filme gesehen und diese mehr oder weniger durchlitten. In meiner Kindheit habe ich mich anfangs immer gefragt, ob das nicht eigentlich meine Schuld sei. Ich dachte ganz naiv, ich hätte den Film vielleicht einfach nicht verstanden, denn da muss sich ja jemand was dabei gedacht haben, wenn man schon ins Kino geht und dafür Geld bezahlt, dann bekommt man doch nichts Schlechtes vorgesetzt. Aber doch: oft werden wir halt einfach verarscht, weil viele Filme einfach nur schlecht sind. 

Aber alles ist auch eine Frage des Blickwinkels, oder nicht?

Kalkofe: Film ist immer eine rein subjektive Empfindung. Was für den einen Zuschauer der schlechteste Film aller Zeiten ist, ist gleichzeitig vielleicht aber auch einer erfolgreichsten und wird von anderen hochgeschätzt. Genau deswegen lieben wir bei SchleFaZ gerade diejenigen Filme, die es nicht aufs Siegertreppchen geschafft haben. Wir nehmen uns der Looser an, der eher Missglückten. Die sind auch nicht an sich immer schlecht gemeint, sie haben nur als Film einfach nicht funktioniert. Uns sind am liebsten diejenigen, die eigentlich einen guten Film machen wollten, aber auf ihrem Weg dorthin kläglich gescheitert sind. Wie zum Beispiel »Mister Dynamit«.[1] Das waren alles professionelle Schauspieler und echte Profis vor und hinter der Kamera. So ist das häufig: Viele Menschen haben anscheinend ihr Bestes versucht, aber irgendwo fehlte immer irgendwas. Meistens aber mangelt etwas an allem – am Talent der Mitwirkenden, am guten Drehbuch, am entsprechenden Budget und grundsätzlich einfach die Idee und das Know-how, wie man alles richtig zusammenführen könnte.

Original Filmplakat von Mister Dynamit

Das erste SchleFaZ-Gütekriterium: Das alles entstand aus dem Wunsch heraus, einen guten Film zu machen. Am Ende ist es aber eine Geschichte des Scheiterns geworden und die hat immer auch etwas Sympathisches und Liebevolles. Dies transportieren wir bei SchleFaZ über Humor, und das ist auch unsere Art zu zeigen, dass wir etwas schätzen. Bei einer Parodie, wenn man etwas ironisch und satirisch aufarbeitet, muss man sich damit auseinandersetzen und im besten Fall die Vorlage auch lieben und respektieren. So macht es uns bei SchleFaZ eben auch immer viel Freude, auch wenn der Film noch so schlecht ist – was man, so glaube ich, uns auch anmerkt. Das Format ist deswegen so erfolgreich, weil wir uns gerade um die Außenseiter kümmern. Wir kümmern uns nicht um die Top-Ten-Filmgeschichte, so wie es alle machen. Jeder kann die Oscar-Gewinner und Blockbuster zeigen und zustimmend sagen, wie toll diese Filme doch waren. Aber ganz ehrlich: Das ist keine Kunst, das kann jeder Vollidiot. Genau deshalb ist SchleFaZ Liebe: Wir nehmen uns der Filme an, die viele sonst nicht mal mehr mit dem Arsch anschauen würden! Die Ausgestoßenen der Filmgesellschaft, die nehmen wir in unsere Krabbelgruppe auf und zelebrieren sie noch einmal. 

Die Gemeinsamkeit ist ein wichtiger Aspekt. Vielleicht auch das gemeinsame Erlebnis im Fremdschämen. Verfolgt SchleFaZ vielleicht als eine Art von cineastischer Trauma-Behandlung sogar einen therapeutischen Ansatz? 

Kalkofe: Es ist von beidem etwas. Der Aspekt der Gemeinsamkeit ist enorm wichtig, denn es entwickelt sich eine Gruppendynamik zwischen Menschen, auch wenn sie körperlich voneinander getrennt sind. Sie alle lieben Filme. Dadurch, dass man zusammen schaut und twittert, ist man in eine Community aufgenommen. Es ist fast so etwas wie ein Club. Aber der therapeutische Gedanke ist auch ganz wichtig. Die Filme, die mir bei SchleFaZ am meisten Spaß gemacht haben, sind diejenigen, an denen ich meine Kindheitstraumata aufarbeiten konnte. Ein gutes Beispiel dafür ist »Invasion aus dem Inneren der Erde«, den ich als Kind mit elf Jahren im Kino gesehen und geliebt habe.[2] Der ganze Kinosaal von Peine, voll mit Elf- und Zwölfjährigen, war begeistert und es gab Standing Ovations.

Kampfszene aus King Kong vs. Godzilla (1962)

Im Film kloppen sich seltsame Fantasiewesen mit Kung-Fu-Kämpfern. Alles totaler Mumpitz, aber der Film hat mich als Kind tief beeindruckt. Als ich ihn dann Jahre später erstmals wiedergesehen habe, wurde meine gesamte idealisierte Kindheit zerstört. Mein einziger Gedanke: Oh mein Gott, das kann doch nicht wahr sein, dass ich den früher mal supergeil fand, so einfältig kann ich doch selbst als Kind nicht gewesen sein! »Ator, der Unbesiegbare« oder »Zwiebel-Jack räumt auf« sind andere Beispiele.[3] Ich bin verstört aus dem Kino herausgegangen, weil ich die Filme einfach nicht richtig verstanden habe und nicht wusste, was ich damit anfangen sollte. »Captain America« ist ein weiteres gutes Beispiel, auch wenn ich ihn nicht in meiner Kindheit gesehen habe.[4] Aber ich bin ein großer Marvel-Fan, mit den Comics aufgewachsen und habe die alle Verfilmungen verfolgt. Oder »King Kong gegen Godzilla«, denn ich war ein großer Godzilla-Fan und habe mir alle Filme angeschaut.[5] Godzilla war mein absoluter Lieblingsschauspieler. Diesen Film, es war der erste Godzilla-Farbfilm überhaupt, hatte ich aber nicht im Kino gesehen. Ich habe darum gekämpft, ihn zu bekommen, als wir ihn hatten, war das ein echtes Fest für mich – und ich konnte mich liebevoll über ihn lustig machen, ohne damit meine Kindheit zu verleugnen. Diese Filme bei SchleFaZ zu besprechen ist einfach großartig und macht mich glücklich. Es sind bei mir also sehr viele Kindheitserinnerungen, die da zusammenkommen.

SchleFaZ erfreut sich einer großen interaktiven Fangemeinde. Es gibt regelrechte Sektionen; eine der ersten und größten, ist die Sektion Bielefeld. Wie wichtig ist eine treue Fangemeinde gerade für das Format? 

Kalkofe: Ohne die Fans und deren beeindruckenden Aktivitäten würde es SchleFaZ in dieser Form nicht mehr geben. SchleFaZ war als einmalige Idee für einen Sommer über zwölf Folgen gedacht. Wir haben uns einmal getroffen und alle Folgen abgedreht. In der ersten Staffel saßen Peter und ich noch sehr brav da, hatten unsere Figuren noch nicht ausgespielt und waren unverkleidet. Als die erste Folge im Fernsehen lief, dachte ich daran, was alles anders gemacht werden müsste. Aber die zwölf Folgen waren fertig und wir konnten nichts mehr ändern. Deswegen war es wichtig, dass wir eine weitere Chance bekamen. Schon nach kurzer Zeit zeigte sich, dass die Zuschauer darauf ansprangen, obwohl alles ja anfangs quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit lief. Zunächst waren es wenige, dann immer mehr. Es begannen sich kleine Fan-Gruppen zu formieren und uns zu unterstützen. Und hätten uns diese Fans nicht so treu getragen und das so früh gezeigt, dann wäre es nicht weitergegangen. SchleFaZ war ja kein Quotenerfolg und kein Hit von Anfang an. Aber es hat eben allen Spaß gemacht.

100. SchleFaZ – live im Tempodrom © Harald Fuhr

Und wie muss man sich den typischen SchleFaZ-Fan vorstellen, wie ist er sozialisiert?

Kalkofe: Der durchschnittliche SchleFaZ-Fan hat eine höre Bildung, vielleicht Abitur, Studium oder eine entsprechende Ausbildung. Er geht ein wenig in Richtung Nerd mit starkem Fachwissen, also Leute, die sich intensiv mit Film auseinandersetzen. Die SchleFaZ-Fans lieben Filme und deshalb auch die schlechten. Sie können einen guten Film genießen und einen schlechten erkennen. Und sie haben Spaß daran, genau wie wir, ihre frühen Kindheitserinnerungen zu verarbeiten und darüber zu lachen. Man darf nicht vergessen, dass SchleFaZ auch eine Filmanalyse ist. Neben dem Spaß lernt man auch Film generell zu verstehen und Filmfehler zu erkennen. Wir gehen darauf ein, analysieren die Geschichte, zeigen die Mängel auf und versuchen gemeinsam herauszufinden, warum dieser Film eigentlich so grandios gescheitert ist.

Also sind die Trinkaufforderungen in jeder Folge so etwas wie eine Lernhilfe?

Ja, absolut. Dadurch sieht man erst einmal, welches Thema sich wie oft wiederholt. Wenn man ein paarmal SchleFaZ geschaut hat, dann versteht man auch andere Filme auf einmal vollkommen anders als zuvor. Man kann einen guten Film mehr genießen und weiß auch früher, wenn einer einfach nur Kacke ist. Durch SchleFaZ lernt man den Film zu kapieren.

SchleFaZ ist also in Wahrheit »Telekolleg Film«?

Im Grunde schon. Eigentlich ist SchleFaZ ein Arte-Format, nur ist unser Humor eben sehr kraftvoll. Wir haben keinen Bock, uns unsere Sprache vorschreiben zu lassen, benutzen »fickende Hölle« und andere Kraftausdrücke so, wie man sie als Zuschauer dem Film angemessen benutzen würde und schleichen uns nicht um klare Formulierungen herum und hüsteln verschämt. Peter und ich sagen klar, was Sache ist, werden deshalb aber auch von den etwas spießigeren Intellektuellen naserümpfend gemieden und werden wohl nie einen Fernsehpreis bekommen. Dafür sind wir einfach zu deftig und zu ehrlich. 

Fans, die den Film lieben sind wichtig. Aber es mag doch bestimmt nicht jeder, wenn der eigene Lieblingsfilm, der Lieblingsschauspieler oder sogar die eigene Arbeit öffentlich durch den Kakao gezogen wird. Bei »Kalkofes Mattscheibe« hat es ja zu Klagen gegeben. Ist das bei SchleFaZ auch schon einmal vorgekommen?

Nein, nicht in dieser Form. Der einzige Problemfall, von dem wir gehört haben, war Christian Anders. Von ihm hatten wir mit »Die Brut des Bösen« und »Die Todesgöttin des Liebescamps« zwei große Meisterwerke bei SchleFaZ.[6] Wir haben erfahren, dass Christian Anders nach den Sendungen wohl stinksauer war und sich über uns beschwert haben soll. Deshalb haben wir derzeit sogar Probleme, auch andere Filme der Lizenznehmer zu bekommen.  Christian Anders hat SchleFaZ einfach nicht verstanden. Aber auch von René Weller gab wegen seines »Macho Man« ein wenig Unmut. [7] Ansonsten aber nicht.

Spannend war aber zu sehen, was passierte, als wir kürzlich mitteilten, dass wir bei SchleFaZ »Masters of the Universe« zeigen werden.[8] Dabei hat sich gezeigt, was für eine riesengroße Kult- und Fangemeinde es um dieses Machwerk gibt, von denen einige recht erbost darüber getwittert haben. »Nein, das kann doch nicht sein«, »Der Film ist nie-und-nimmer ein SchleFaZ« oder »Jetzt habt ihr euer Format selbst zerstört« waren einige Reaktionen. Hier sieht man aber wieder einmal nur, dass viele unsere Sendung noch immer nicht richtig verstanden haben. Als »Masters of the Universe«-Fan sollte man doch viel eher begreifen: Nie wieder im ganzen Leben wird sich jemand so liebevoll mit diesem Kack-Film auseinandersetzen.

SchleFaZ – Die Todesgöttin des Liebescamps SchleFaZ-Buch, S. 70

Nie wieder wird dieser Streifen irgendwo im Fernsehen so gefeiert werden. Wir werden zur Sendung das He-Man-Intro nachspielen, haben wunderschöne Kostüme und machen daraus einen Riesenparty. Der Film ist ja auch nicht in jedem Punkt schlecht: Er hat gute Schauspieler, tolle Maske und Kostüme und hatte sogar ein recht ordentliches Budget, was man auch teilweise durchaus erkennen kann. Trotzdem ist er komplett misslungen, weil man niemals versteht, worum es eigentlich geht, wer die Figuren sind und was das alles überhaupt soll. Und auch wenn man ihn als Kind geliebt hat, darf man doch heute trotzdem darüber lachen und sich selbst gegenüber eingestehen, dass nicht alles toll war, auch wenn man es damals so empfunden hat. Man darf den Film doch weiter verehren, so wie ich meine alten Godzilla-Filme liebe, zahlreiche Figuren zuhause stehen habe und dennoch inzwischen weiß, dass die meisten Filme davon einfach ziemlich bescheuert oder sogar Scheiße waren. Und bei SchleFaZ machen wir wirklich aus jeder Scheiße Gold. Was sich sonst keiner mehr freiwillig anschauen würde, allein schon wegen der verschenkten Lebenszeit, nehmen wir und machen eine Party daraus. Plötzlich kann man selbst über den schlechtesten Film sagen: Wie geil, dass ich den gesehen habe, denn ich hatte Riesenspaß dabei!

Es heißt, der »ältere Bruder« von SchleFaZ sei das amerikanische »Mystery Science Theater 3000«, was in den USA als Serie ab 1988 lief und in Deutschland 1996 als Kinofilm herauskam. In der Comedy-Serie werden sich auch schlechte Filme angeschaut und diese lustig kommentiert. Wie ist es dazu gekommen?

Bei Universal kannte jemand das Frühstyxradio und die Mattscheibe und fragte bei mir für die deutsche Fassung an, ob dies nicht für mich etwas wäre. Ich habe mir den Film angeschaut und fand ihn grandios. Die Teile mit den Filmkommentierungen waren fantastisch, die Abschnitte dazwischen allerdings nur so mittel lustig. Ganz allgemein hatten aber die Gags und Anspielungen einfach zu viel mit Amerika und dessen Kultur zu tun, was man hier nicht wirklich alles verstanden hätte. Deswegen war klar, dass man ganz frei an die Sache herangehen musste. Das durften wir auch, und zusammen mit Oliver Welke habe ich das Drehbuch zur Synchronisation geschrieben und als Sprecher Kollegen vom Frühstyxradio besetzt. Es hat uns allen riesigen Spaß gemacht. „Mystery Science Theater 3000“ hat immer noch eine sehr große Fangemeinde. Viele Jahre lang habe ich damals versucht, das Format nach Deutschland zu holen. Aber es scheiterte an vielen Dingen, vor allem an den Synchronfassungen und den komplizierten Rechte-Situationen der besprochenen Filme. Daher haben wir überlegt, eine deutsche Variante zu machen. Das funktionierte aber nicht. Viele Jahre später kam das Schicksal dann von einer ganz anderen Ecke und schubste mich noch mal in diese Richtung und so entstand eine ganz neue, aber für uns wesentlich praktikablere und inhaltlich angemessenere Herangehensweise: nämlich das Kommentieren des Films wie ein Fußballreporter, der als Experte das Geschehen erklärt und aufarbeitet.  

Moderation ist das Stichwort. Du moderierst SchleFaZ zusammen mit Peter Rütten als Mit- und Gegenspieler in einer Person, quasi wie ein Sharktopus. Zwischen euch beiden sind gerade die dialogischen Schlachten mit den scheinbar endlosen Alliterationen das Salz in der Suppe. Wie muss man sich das Erarbeiten der Dialoge zwischen Kalkofe und Rütten vorstellen? Gibt es ein festes Drehbuch oder ist es vielmehr eine Improvisation?

Peter Rütten © Steffen Jaenicke

Improvisation ist immer mit dabei, aber die Worte sind schon genau geschrieben. Wir haben bei SchleFaZ einen Glücksfall, den man sehr selten im Leben hat. Nämlich dass der eine von uns für den anderen schreibt und umgekehrt. Am Anfang wussten wir beide auch nicht, wie wir das genau machen sollen. Peter und ich, wir kommen beide von der Autorenseite und haben im Grunde immer alles selbst geschrieben. Daher dachte ich, dass das zusammen nicht funktionieren kann. Wir hatten überhaupt nicht die Zeit, die Texte gemeinsam zu schreiben. Aber wir haben es einfach versucht. Jeder sollte dem anderen seine Texte schicken und seine Korrekturen machen. Wir haben beide mit einem langen Arbeitsprozess gerechnet, um uns gegenseitig anzunähern. Dann schickte Peter mir die ersten Bücher. Ich las sie durch und es war schnell klar: Hm, da kann ich überhaupt nicht meckern. Ich fand die lustig und mir gefielen alle sehr gut – und umgekehrt war es ebenso. Jeder von uns hatte seine eigene Art, wie er an die Sache herangeht, aber am Ende passt es perfekt. Wir haben daher gesagt: Pass auf, jeder von uns schreibt sechs Bücher, jeder übernimmt die Hälfte, aber immer einen Film komplett. Und so ist das bis heute geblieben. 

Das Lustige dabei ist, dass oft in bestimmten Passagen gesagt wird, dass das ja mal wieder ein typischer Rütten oder ein typischer Kalkofe war. In Wahrheit stammt der Text dann aber genau vom anderen. Am Anfang der Staffeln waren unsere Figuren noch ziemlich gleich. Die Charaktere, also der Nerd und der, dem alles scheißegal ist, haben sich erst später herausgebildet, als wir anfingen, mit unserer Rolle immer mehr auch zu spielen, allerdings in gewisser Weise immer auf realen Situationen basierend. Je trockener der Humor von Peter war und je mehr er ausrastete und mich zusammenfaltete, um so lustiger fand ich das. Das passte einfach perfekt. Jedes Mal, wenn wir wieder produziert haben, haben wir etwas Neues ausprobiert. Da jeder für den anderen alles schreibt, denkt er sich auch die Kostüme aus. Daher ist es immer ein spannender Moment, wenn ich ein Buch von Peter bekomme und er meines, weil wir gespannt sind, was der andere sich wieder für einen ausgedacht hat. Die Zusammenarbeit mit Peter Rütten ist ein wunderbarer und seltener Glücksfall, weil wir uns komplett aufeinander verlassen können. 

Die Dialoge, das Spiel mit der deutschen Sprache, ist ein wesentlicher Schlüssel bei SchleFaZ. Ich denke da besonders an die zahlreichen Alliterationsschlachten zwischen Dir und Peter Rütten. Wie wichtig waren dafür Deine sprachliche Ausbildung und Dein Studium?

Sehr wichtig. Schon in der Schule waren Deutsch und Englisch die einzigen Fächer, die mir Spaß gemacht haben. Deswegen habe ich Anglistik, Germanistik und Publizistik studiert. An Germanistik hatte ich aber nicht viel Freude. Das hat mir viel abverlangt, weil die Germanisten sich so unglaublich ernst genommen haben und wenig Humor zeigten. Es war alles sehr dröge. Ich wurde heftig zu Dingen gezwungen, die mich überhaupt nicht interessierten. Deswegen habe ich später angefangen, mich auf zwei Arten ein bisschen für die Qualen der Germanistik zu rächen.

Oliver Kalkofe als Onkel Hotte

Das erste Format der Rache war im Frühstyxradio über die Figur »Onkel Hotte«. Ich habe mir gedacht: jetzt zerstöre ich die deutsche Sprache. Ich mache sie kaputt und forme daraus eine eigene neue. Das findet man in Deutschland eher seltener, im Gegensatz zu beispielsweise den Engländern, die vielmehr mit der Sprache spielen. In Deutschland hat sich der lockere Umgang mit der Sprache erst in den letzten Jahren wirklich weiterentwickelt. Und die zweite Form war die Mattscheibe, die ja auch im Radio begann, wo ich versuchte, ungewohnt harte Ausdrücke auf sprachlich hohem Niveau zu verwenden. Mich hat grundsätzlich immer die ganze übertriebene Ernsthaftigkeit genervt. Wenn an der Uni auch nur ganz entfernt mit der Ironie-Fahne gewunken wurde, wurde das schon als nicht wissenschaftlich abgelehnt, Humor war verboten. Das nervte mich kolossal. Ich möchte gerne immer das sagen, was ich denke. Klare Worte, feine Ausdrucksweise und darin eingewoben ein paar gepflegte Beschimpfungen, das irritiert, macht aber ungemein viel Freude.

Gab es durch den Sender jemals einen Filter?

Nein, zum Glück kaum. Ich sage das, was ich denke, und sage das so, wie es sich sonst keiner traut. Es nervt mich, dass immer so viel verschämt um alles herumgedruckst wird. Keiner traut sich die Wahrheit zu sagen, und zwar genau mit den Worten, die man auch denkt. Es nervt mich, wenn man nicht »ficken« sagen darf und es gepiepst wird, obwohl jeder weiß, dass es um …icken geht, wo gerade der Piepser war. Das ist doch bescheuert. Dagegen wollte ich immer angehen. Und da Peter ebenso großen Spaß an der Sprache hat, haben wir uns bei SchleFaZ gesucht und gefunden. Der ganze Alliterationsirrsinn ging damit los, weil Alliterationen an sich lustig sind und immer Lacher generieren. In vielen Formaten werden sie plump angewandt, aber im Grunde sind sie sehr elegant und es ist immer eine Herausforderung, wie viele Worte mit dem gleichen Anfangsbuchstaben man denn wohl diesmal schaffen kann. Peter und ich haben versucht, uns gegenseitig immer weiter zu übertrumpfen. Einer hat angefangen und beim nächsten Mal wollte der andere noch einen draufsetzen. Wie beim Ping-Pong. Daraus ist ein fest etabliertes Stilmittel geworden.  

Fest etabliert ist neben der Verkleidung, der originalgetreuen Nachkostümierung zum Film, gerade auch der Cocktail zur Sendung. Hilft ein guter Schluck beim Moderieren, schließlich muss man sich ja in grenzwertige Rollen hineinversetzen, oder hilft es sogar gegen das Schämen, wenn man das bei SchleFaZ überhaupt kann?

Das Elend ist damit leichter zu ertragen und es zeigt auch, was wir alle seit frühester Kindheit gelernt haben: Alles funktioniert besser mit Ritualen. Auch das Trinkspiel ist ein Ritual. Als wir es bei SchleFaZ am Anfang eingeführt haben, gab es noch Bedenken in einem Teil des Senders: Bitte nicht, wir kriegen Ärger, wir dürfen den Alkohol nicht propagieren. In den ersten zwölf Folgen haben wir es daher auch nur dreimal gemacht. Aber dann kamen sofort die Reaktionen der Zuschauer, die gefragt haben, wo denn das Trinkspiel bleibt. Es ist ja schließlich kein Zwang. Inzwischen haben alle gelernt: Dies ist nur ein Angebot. Man nimmt einen Schluck, man prostet sich zu, wenn man etwas Bestimmtes im Film erkannt hat. Es ist ein Wiedererkennungsspiel. Es ist nicht gemeint, dass man dazu jedes Mal einen ganzen Cocktail säuft. 

So wie bei »Pudelnackt in Oberbayern«.[9] Dabei sollte man bei jedem gezeigten nackten Busen ein »Bajuwarisches Blankbusenbier« zischen.

Bei »Pudelnackt« war ja gerade der Witz, dass wir Alkoholtote angekündigt hatten und es der einzige Film war, bei dem man am Ende stocknüchtern blieb. Genau deswegen hatte ich solche Lust, den Film zu machen. Weil er etwas verspricht, was er nicht hält. Denn nur einmal in den ersten Minuten gibt es eine Brust zu sehen und dann den ganzen Film nichts. Wir haben gerade damit gespielt, dass wir uns geisteskrank betrinken wollen und wurden während des Films immer nüchterner.

Die SchleFaZ-Folgen werden bei Jörg Strombach über Fairworks hier in Berlin produziert. Wie lange dauert es aber ungefähr, bis man eine Folge abgedreht hat, angefangen von der Idee, vom ersten Konzept, über die Dialogfassungen, bis hin zu den Moderationen?

SchleFaZ Rock Aliens © Sven Knoch

Das kann man nicht so genau sagen, es ist immer eine Art Mischkalkulation. Erst einmal müssen wir einen Film finden. Anfangs mussten wir noch nehmen, was auf dem Tisch kam. Heute suchen wir nach bestimmten Filmen. Ich suche überall, kaufe die zum Teil teuer ein, weil man sie sonst nirgends mehr bekommt. Dann machen wir Wunschlisten und Tele 5 versucht, diese zu bekommen. Zum größten Teil sind es handverlesene Stücke. Das ist der erste Teil der Arbeit.

Ernst Kramer, zuständig bei uns für Recherche und Archiv, ist unser zweiter Detektiv. Er fertigt für uns immer ein wunderschönes dickes Buch, mit rund hundert Seiten, über den Film. Darin sind alle Hintergründe über die Schauspieler, den Regisseur, mit allen möglichen Links und Hinweisen, wo man noch Dokumentationen findet. Und er schaut den Film schon einmal durch, macht uns aufmerksam, worauf man achten sollte. Damit haben wir eine hervorragende Arbeitsgrundlage. 

Dann kommt die Arbeit am Film, für Peter oder mich. Die dauert ungefähr eine Woche. Den Film anschauen, überlegen, was man damit machen kann, dann beginne ich meist mit den Inserts, also den Einblendungen während des Films. Zu dem Zeitpunkt habe ich mich ausführlich, Minute für Minute, mit dem Film beschäftigt. Dabei suche ich mir schon die interessantesten Szenen heraus und danach beginnt das hauptsächliche Schreiben. Wenn man normal menschliche Arbeitszeit zum Maßstab nimmt, sind das dann ungefähr fünf Tage. Ich schreibe nachts, Peter auch. Dann bekommen die anderen Gewerke das Buch und können mit der Arbeit für Kulisse, Requisiten und Kostüme beginnen.  Ernst Kramer sucht teilweise auf der ganzen Welt nach passenden skurrilen Sachen und Fanartikeln, das ist wirklich richtig aufwendig.

Die Manuskripte für die letzten Filme kommen meist erst kurz vor dem Dreh. Dann müssen Kostüm und Maske wirklich schnell sein, um das alles noch irgendwie hinzubekommen. Dieser ganze Prozess dauert insgesamt etwa vier bis sechs Wochen. Und nicht zu unterschätzen ist die Postproduktion. Damit fordern wir unsere Regisseurin Jana König immer sehr heraus. Gerade wenn wir sagen, wir wollen als Trick durch ein Loch gesaugt werden oder es soll ein Pterracuda auftauchen, Peter vom Sitz reißen und mir den Kopf abbeißen. Oder wir wollen einen James-Bond-Vorspann machen oder eine Comic-Sequenz. Sie bekommt das alles aber immer irgendwie hin. Auch das Sounddesign wird mit jeder Folge professioneller. Gerade beim letzten Dreh bei »Rock Aliens« waren wir am Ende alle so platt, da sind wirklich körperlich wie geistig bis an unsere Grenzen gegangen, als wir von Pia Zadoras »When the rain begins to fall« ein eigenes Musikvideo aufgenommen haben. [10] Das war so aufwendig und wir haben uns fast totgeschwitzt, aber am Ende waren wir überglücklich, wie toll alles geworden war. SchleFaZ ist immer sehr viel Arbeit, Leidenschaft und Schweiß, vor allem aber noch viel mehr Freude, Spaß und Liebe.

Gab es auch grenzwertigste Filme bzw. Filmszenen, die gezeigt wurden? Es gibt schließlich Grenzen, etwa beim Zeigen von Sex, Gewalt oder auch beim Verbreiten politischer Botschaften. Während die Mattscheibe oft klare politische Kante zeigt, ist SchleFaZ eher unpolitisch, oder?

SchleFaZ – Lass jucken Kumpel © Fairmedia

Wir bringen schon das Politische immer mal wieder rein, allerdings eher über kleinere Andeutungen. Etwa in Richtung Trump oder was sich aktuell ergibt. SchleFaZ soll sonst aber eher zeitlos bleiben: es geht um die Filme, und die meisten davon sind nicht allzu politisch. Alles was uns grenzwertig erscheint, wird aber auch von uns deutlich so behandelt. Bei »Ich – ein Groupie« zum Beispiel, da gab es eine Vergewaltigung, die scheinbar spaßeshalber einfach so hingenommen und im Film als komplett alltägliche Angelegenheit gezeigt wird.[11] Ingrid Steger badet nackt im See, bis eine Motorradgang vorbeikommt und sie vergewaltigt, danach fährt sie immer noch nackt mit denen auf dem Motorrad weiter und lässt sich Klamotten kaufen. Unkommentiert. Da schluckt man schon und weiß nicht recht, wie man damit umgehen soll.

Wir hatten auch schon bei »Battlefield Earth« unterlegte Scientology-Botschaften, das geht auch an die Substanz.[12] Ich hatte meinen härtesten Film aber jetzt gerade in der aktuellen Staffel, für mich der schlimmste SchleFaZ aller Zeiten: »Lass jucken Kumpel«.[13] Ich wollte einen Film aus Deutschland von früher, weil »Hausfrauenreport« im letzten Jahr so viel Spaß gemacht hat, und dachte: Hey, das ist ein ist ein interessanter Blick auf die Gesellschaft von damals, Ruhrpott-Sex ist auch mal was anderes, das wird bestimmt lustig.[14] Aber bevor ich ihn endgültig gesichtet hatte, hatte Tele 5 ihn schon eingekauft. Als ich ihn dann wirklich sah, erkannte ich, dass es ohne Frage wohl der schlimmste und bitterste Film ist, den ich jemals gesehen habe. Nicht nur, weil er unglaublich schlecht gemacht ist, vielmehr möchte man danach der Erotik und dem Sex gänzlich abschwören. Im Grunde, der ganzen Gattung Mensch. Es gibt nicht eine Figur, die sympathisch oder auch nur »nicht ekelhaft« ist. Es geht um nichts anderes als Bumsen und Saufen oder Saufen beim Bumsen. Und mehr ist nicht. 

Wenn man sich die Produktionsjahre der Filme der bisherigen einhundertzehn Folgen von SchleFaZ genauer anschaut, dann fällt auf, dass nur ganz wenige aus den sechziger Jahre stammen, so wie »Das rote Phantom schlägt zurück« oder »Perry Rhodan – SOS aus dem Weltall«.[15] Wurden in den fünfziger und sechziger Jahren keine schlechten Filme gemacht oder ist es der Respekt vor den eigenen Kindheitserinnerungen? 

Nein, aber die Filme der fünfziger Jahre sind für uns meist einfach zu karg. Viele waren noch in Schwarz-Weiß und man traute sich nicht wirklich, verrückt zu sein. Es war alles eher ernst, meist sehr spießig – der Krieg war nun mal noch nicht lange vorbei und daher war man bei allem sehr vorsichtig. Entweder war alles sehr düster oder alles heile Welt, daher auch meist langweilig. Erst in den Sechzigern wurde es interessanter und bunter, gerade mit Agentenfilmen und Science-Fiction wie James Bond oder Star Trek, die einen herrlich naiven und spielerischen Blickwinkel haben. Die goldenen Jahre der schlechten Filme sind aber vor allem die Siebziger und Achtziger. In diesen Dekaden wurde zwar viel experimentiert, aber man konnte viele Ideen und Wünsche technisch einfach noch nicht umsetzen. Man war kreativ, aber auch im schlechten Sinn. In den 90ern wurde man schon professioneller, aber auch da finden wir noch genügend Kandidaten.

Haben sich über all die Jahre bestimmte Lieblinge bei SchleFaZ herausgebildet?

SchleFaZ – Mister Dynamit SchleFaZ-Buch, S. 134

Unter meinen Top-Filmen ist »Mister Dynamit« ganz oben, weil ich damit meine James-Bond-Liebe ausleben konnte. Wir haben solch einen schönen Vorspann gemacht, auf den bin ich bis heute richtig stolz. Der Film ist ein Geschenk. »Mister Dynamit« kann ich mir immer wieder anschauen. »King Kong gegen Godzilla« gehört auch dazu, weil ich meine Godzilla-Liebe damit aufleben lassen konnte. Auch »Invasion aus dem Inneren der Erde« ist einer, den ich ja schon aus meiner Kindheit kannte und mit viel Freude aufarbeiten konnte.[16] Generell sind meine Lieblingsfilme diejenigen, an denen ich die Liebe zum jeweiligen Genre aufarbeiten kann. Etwa auch bei »Cowboy gegen Dinosaurs«.[17] Der Film ist zwar banal, man konnte aber damit spielen, dass wir einen Western erwarten, der aber nicht stattfindet. Wir haben ein Video gedreht, Bela B hat die Musik dazu gemacht und hatten Clint-Eastwood- und Lucky Luke-Kostüme. Das hat richtig Spaß gemacht. Und natürlich sind da noch die »Sharknado«-Teile, vor allem weil wir uns in den Film selbst hineingeschlichen haben.[18] Das war grandios. Ganz besonders finde ich auch »Hentai Kamen«, der ist eigentlich viel zu gut für SchleFaZ, aber so bizarr, so geisteskrank, dass er wieder richtig gut zu uns passt.[19]

KING KONG VS. GODZILLA bei SchleFaZ © Fairmedia

Wenn man sich die bisherigen Staffeln anschaut, dann fällt auf, dass bestimmte Genres überproportional vertreten sind. Filme über Superhelden, Horror oder Science-Fiction dominieren. Dagegen sind klassische Krimis oder Spionagethriller, mit Ausnahme von »Mister Dynamit«, eher unterrepräsentiert. Gibt es keine schlechten Kriminalfilme oder verehrst Du das Genre zu sehr, um es durch den Kakao zu ziehen? Dafür würden auch die beiden Wixxer-Filme von 2004 und 2007 sprechen, die ja eindeutig eine Hommage an die legendäre Edgar Wallace-Reihe im deutschen Fernsehen darstellen.

Wohl ein bisschen von beidem. Ich würde mich riesig freuen, wenn ich ein paar gute schlechte Krimis und Agentenfilme finden würde. Daher war ich so dankbar über »Mister Dynamit«, auch »Argoman« ist ein Superheldenmix mit den Genres.[20] Aber sonst ist es gar nicht so leicht, für uns passende Filme aus diesen Bereichen zu finden. Ich hätte selbst Spaß daran, heilige Kühe zu schlachten und z.B. etwa eine Folge von »Mit Schirm, Charme und Melone«, wo ich mit meinem ganzen Herzblut dabei war und ein riesengroßer Fan bin, auseinanderzunehmen. Wir hatten auch einmal den Wunsch, zwei Folgen von »Star Trek« zu verarbeiten, von denen es ja auch richtig schlechte bzw. misslungene gibt. Einige Fans wären sicher auf die Palme gegangen, aber es wäre eine schöne Herausforderung gewesen – am Ende hat es aber aus rechtlichen Gründen nicht geklappt.

Ich habe aber noch eine ganze Liste von Agentenfilmen aus den sechziger Jahren, vor allem Euro-Spy-Filme. Viele habe ich mir auch schon angeschaut, aber nach »Mister Dynamit« gab es nicht mehr so den richtigen Kick. Der ist einfach schwer zu toppen. Ein Krimi wäre aber schon schön, gerade weil ich ein großer Fan der Edgar-Wallace-Filmereihe bin. Die haben so ein herrlich fiktives England geschaffen, ein richtiges German-Grusel-England. Filme wie »Der Gorilla von Soho« oder »Der Bucklige von Soho« wären für uns schon sehr gut geeignet.

Hast Du bei den Edgar-Wallace-Filmen Lieblinge?

Ich habe eine Liste mit meiner persönlichen Top Ten. Es ist aber bei den Edgar-Wallace-Filmen genau wie bei James Bond schwierig, nur einen zu nennen. Immer fehlt etwas. Zum Beispiel ist »Im Geheimdienst seiner Majestät« toll, aber George Lazenby spielt eben Bond. Bei Wallace ist das auch so: Einmal ist Joachim Fuchsberger nicht dabei, dann fehlt Eddi Arent oder Klaus Kinsiki, oder Peter Thomas hat die Filmmusik nicht komponiert. Immer passt etwas nicht, aber zu den besten Folgen gehören für mich: »Die toten Augen von London«, »Der Hexer«, »Die Bande des Schreckens«, »Das indische Tuch«, selbst wenn er ziemlich albern ist. Auch »Das Gasthaus an der Themse« oder »Der Mönch mit der Peitsche« sind gut, »Im Banne des Unheimlichen« war Vorlage für das Wixxer-Kostüm. Viele Wallace-Filme sind großartig, andere aber auch nur mittelmäßig oder leider schlecht, wie fast in allen Reihen.

Hast Du als Krimi-Fan auch einen Lieblingsautor?

Agatha Christie. Ich finde, dass sie die beste Krimiautorin aller Zeiten ist. Sie hat im Grunde alles schon einmal geschrieben, was heute noch im Krimi existiert. Es gibt keine Variante einer Auflösung, die nicht schon durch Christie vorweggenommen wurde, sie war wirklich genial und hat alle nur erdenklichen Facetten des Krimis entwickelt und ausgearbeitet. Edgar Wallace hingegen war nicht wirklich ein guter Krimi-Autor, seine Bücher sind eher simpel geschrieben und ziemlich langweilig. Die sind eigentlich Trash, wurden aber in Deutschland kongenial als Film ungesetzt. 

Wenn man so viele schlechte Filme verdauen muss, bekommt man dann nicht erst recht Appetit wieder einen eigenen, einen guten Film zu machen. Wird die Wixxer-Akte doch noch einmal geöffnet oder kommt es sogar zu einer Neuauflage von „Mister Dynamit“? 

Kommt der Wixxer wieder?

Es reizt mich sehr, nochmal etwas in Richtung Film oder Fernsehen zu machen und auch die Wixxer-Welt weiter zu erzählen. Wir waren ja auch schon einige Male kurz davor, aber dann ging irgendetwas am Ende doch immer schief. Das hat mich lange Zeit sehr ärgerlich und traurig gemacht. Heute muss ich aber sagen, ganz nüchtern betrachtet, dass ich gar nicht die Zeit gehabt hätte, die Mattscheibe und SchleFaZ so weiter zu entwickeln und aufzubauen, wenn wir auch noch gleichzeitig die Wixxer-Welt produziert hätten. Aber ich würde dennoch gern noch einmal in sie eintauchen. Es gibt auch verschiedene, konkrete Ideen und ich hoffe, dass irgendetwas davon eines Tages doch noch realisiert werden kann. Der Wixxer ist nicht tot, er macht nur eine Ruhepause.

Also ist die Wixx-Akte gar nicht endgültig geschlossen?

Nein, der Wixxer sitzt wahrscheinlich irgendwo in seinem Geheimversteck und brütet über den ultimativen Plan für die Weltherrschaft. Und wenn es keiner erwartet, dann kommt er plötzlich zurück – so wie jeder gute Superschurke!

Hechelhammer und Kalkofe nach dem Interview. Das Interview wurde am 30. Juli 2020 in Berlin geführt. © Bodo Hechelhammer

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Bodo V. Hechelhammers Buch „Spion ohne Grenzen. Heinz Felfe – Agent in sieben Geheimdiensten“ von Alf Mayer hier besprochen. Seine Texte bei uns hier.

Die sechs neuen Folgen von SchleFaZ laufen vom 14. August bis zum 18. September 2020 ab 22.00 Uhr auf Tele 5.

Oliver Kalkofe kam 1965 im niedersächsischen Engelbostel auf die Welt und wuchs in Peine auf. Nach seinem Abitur 1984 machte er eine Ausbildung zum Fremdsprachenkorrespondenten und Wirtschaftsdolmetscher, bevor er in Münster anfing, Anglistik, Germanistik und Publizistik zu studieren. Seine Medienkarriere begann er bei den Radiosendern RST und ffm. Hier wurde er schnell Teil der Comedy-Sendung Frühstyxradio und entwickelte seine fiktive Figur »Onkel Hotte«. National bekannt wurde er über »Kalkofes Mattscheibe«, die ab 1991 zunächst im Radio lief, drei Jahre später dann auf Premiere im Fernsehen, später bei Pro Sieben und seit 2012 auf Tele 5. Hier startete er zusammen mit Peter Rütten ab Sommer 2013 SchleFaZ, die satirische Filmreihe über die schlechtesten Filme aller Zeiten.

Kalkblog
SchleFaZ
bei Tele 5


[1] Vgl. SchleFaZ vom 22. Dezember 2017; Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. u. Rütten P., München 2019, S. 134 f.

[2] Vgl. SchleFaZ vom 9. September 2016; Invasion aus dem Inneren der Erde, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 108 f.

[3] Vgl. SchleFaZ vom 23. September 2016 u. 11. Juli 2014; Ator, Der Unbesiegbare u. Zwiebl-Jack räumt auf, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 22f. u. 206 f.

[4] Vgl. SchleFaZ vom 26. April 2019; Captain America, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 36 f. 

[5] Vgl. SchleFaZ vom 3. August 2018; Die Rückkehr des King Kong, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 64 f.

[6] Vgl. SchleFaZ vom 25. August 2017 u. 24. August 2018; Die Brut des Bösen u. Die Todesgöttin des Liebescamps, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 58 u. 70.

[7] Vgl. SchleFaZ vom 21. Juli 2017; Macho Man, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 125 f.

[8] Vgl. SchleFaZ vom 18. September 2020.

[9] Vgl. SchleFaZ vom 3. Juli 2015; Pudelnackt in Oberbayern, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 152 f.

[10] Vgl. SchleFaZ vom 14. August 2020.

[11] Vgl. SchleFaZ vom 16. September 2016; Ich – ein Groupie, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten, P., München 2019, S. 104 f.

[12] Vgl. SchleFaZ vom 6. September 2013; Battlefield Earth – Kampf um die Erde, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 28 f.

[13] Vgl. SchleFaZ vom 28. August 2020.

[14] Vgl. SchleFaZ vom 27. September 2019; Hausfrauenreport 3, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 92 f.

[15] Vgl. SchleFaZ vom 1. Mai 2020 u. 13. September 2013; Perry Rhodan – SOS aus dem Weltall, Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 144 f.

[16] Vgl. SchleFaZ vom 9. September 2016; Invasion aus dem inneren der Erde, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 108 f.

[17] Vgl. SchleFaZ vom 21. September 2018; Cowboys vs. Dinosaurs, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 40 f.

[18] Vgl. Sharknado 3 vom 5. September 2015; Sharkando 3, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 164 f.

[19] Vgl. SchleFaZ vom 4. Dezember 2015; Hentai Kamen, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 94 f.

[20] Vgl. SchleFaZ vom 27. April 2018; Argoman – Der phantastische Supermann, in: Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten, Kalkofe O. und Rütten P., München 2019, S. 16 f.

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