Geschrieben am 15. November 2016 von für Bücher, Crimemag

James Lee Burke, 80. Geburtstag

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Man muss die Breitwandfilme von John Ford bemühen, um Bilder für James Lee Burkes große Roman-Leinwand zu finden. Hier der Auftakt zum Nachritt durchs Gewitter in John Fords „She Wore a Yellow Ribbon“ (Der Teufelshauptmann, 1949)

Soviel Burke war nie

– Am 5. Dezember 2016 wird James Lee Burke 80 Jahre alt. Und endlich ist er wieder – nach mehr als zehnjährigem kollektivem Verlagsversagen – in Deutschland gebührend präsent. Gleich fünf seiner Bücher sind in diesem Jahr bei uns herausgekommen. Zwei (neuere) Hackberry-Holland-Romane bei Heyne, drei (ältere) Dave-Robicheaux-Romane bei Pendragon. Alf Mayer stellt sie kurz vor.

Wir bei CrimeMag drücken alle Daumen, dass das gut geht und gut tut mit so viel Burke auf einmal. Runde 2.680 Seiten Lesestoff. Auf jeden Fall holt es einen der ganz Großen der Kriminalliteratur wieder zurück auf unsere Landkarte. Die beiden Romanreihen sind unterschiedlich in Blick und Haltung, ihnen gemeinsam sind James Lee Burkes Sprachgewalt und Fähigkeit, uns seine Geschichten mit panoramahaften Landschaftsbildern und viel Natur zu untermalen. Innen und Außen, da ist er sehr filmisch.

Man muss einmal einen – am besten restaurierten – Breitwandwestern von John Ford im großen Kino gesehen zu haben, um einen Vergleich zum meisterhaften Maler Burke zu haben. Ich für meinen Teil denke da immer an die staunenswerte Nachtritt-Sequenz in „She Wore a Yellow Ribbon“ (Der Teufelshauptmann), wo John Wayne seine Truppe durch das von Blitzen zerpflügte Monument Valley treibt. Gewaltig breiter und hoher Himmel. Big Sky. Kleine Menschen mit all ihren Schicksalen darunter. Fords Kameramann Winton Hoch weigerte sich, bei solch einer Wetterlage die Kamera aufzubauen, Ford zwang ihn mit Wutausbrüchen und angeblich vorgehaltener Pistole dazu. Später gab es genau für diese Gewitterszenen einen Oscar für die beste Kameraarbeit.

Vater und Sohn von James Lee BurkeEin Mann muss aufs Trockene

Nun also ganz aktuell zwei Burke’sche Oscar-Kandidaten. „Vater und Sohn“, das im Original „House of the Rising Sun“ heißt, ist ein epischer Roman über das Ende des Wilden Westens, er führt von Pancho Villas mexikanischer Revolution bis zu Butch Cassidy und den Schlachtfeldern von Flandern. Texas Ranger Hackberry Holland, dessen Verwandten Weldon wir neben einer Enkelin von Rosa Luxemburg früher in diesem Jahr in „Fremdes Land“ (Wayfaring Stranger) treffen konnten, sucht seinen verstoßenen-verlorenen Sohn Ishmael. Wer denkt da nicht an den allerberühmtesten Romananfang der Literatur? James Lee Burke aber jagt seinen Wal an Land, gerade die Hackberry-Holland-Romane suchen die Seele eines Landes, das unter „Glut und Asche“ liegt (so ein weiterer Titel dieser Reihe). Die Dave Robicheaux-Romane sind sozusagen Käptn Ahab in close up. Ein Mann, der buchstäblich aufs Trockene kommen muss.

chop_burke-bayou-783865325631Mit dem Cop Dave Robicheaux begann Jim, wie ihn die Freunde nennen, seine Karriere als Autor von Kriminalliteratur (siehe auch das Porträt in dieser CrimeMag-Ausgabe), 20 Romane sind es bis heute geworden, die letzten wurden dann nicht mehr übersetzt. Der Pendragon Verlag, der sie alle herausbringen will, hat hier eine ambitionierte Aufgabe vor sich. Nach „Mississippi Jam“ und „Neonregen“ (früher in diesem Jahr bei Pendragon) ist das gerade in einer neubearbeiteten Übersetzung herausgekommene „Blut in den Bayous“ („Heaven’s Prisoners“) der zweite Roman mit dem Polizisten Dave Robicheaux und stammt aus dem Jahr 1988. James Lee Burke hatte die Figur ursprünglich auf eine Trilogie hin angelegt.

Jim sagt dazu: „Es war mein Versuch, John Miltons große epische Gedichte Das verlorene Paradies und Das wiedergewonnene Paradies (von 1667 und 1671) zeitgenössisch zu aktualisieren. Ich vergleiche mich nicht mit Milton, keineswegs, aber der Höllensturz der gefallenen Engel, die Versuchung von Adam und Eva durch Satan und die Vertreibung aus dem Paradies, das sind Geschichten, die tief zu unserer Kultur gehören und die auch heute noch erzählt werden müssen und können.“
Paradise Lost übrigens wird auch in dem Thriller „Seven“ zitiert; in Taylor Hackfords Film „Im Auftrag des Teufels“ trägt Al Pacino den Namen John Milton und in der Popkultur gibt es Songvarianten und Bezüge gleich dutzendfach. Der gerade im grausligen US-Wahlkampf so oft wiederbeschworene „Amerikanische Traum“ hat in James Lee Burke einen Porträtisten, der noch lange nicht fertig gemalt hat. James Lee Burke schreibt jeden Tag. Und längst schon wieder an einem neuen Roman.

Happy Birthday also, Jim. Keep on moving!

Foto (c) Parker McDavid

James Lee Burke – Foto (c) Parker McDavid

Die James Lee Burke-Romane, die 2016 in Deutschland erschienen sind:

November 2016: James Lee Burke: Vater und Sohn (House of the Rising Sun, 2015). Aus dem Amerikanischen von Daniel Müller. Heyne Hardcore, München 2016. Klappenbroschur, 640 Seiten, 17,99 Euro. Verlagsinformationen.

Oktober 2016: James Lee Burke: Blut in den Bayous (Heaven’s Prisoners; 1988; Dave Robicheaux Nr. 2). Deutsch von Jürgen Behrens. Überarbeitete Neuausgabe mit einem Nachwort von Alf Mayer. Pendragon Verlag, Bielefeld 2016. Klappenbroschur, 456 Seiten, 17,00 Euro. Verlagsinformationen.

Juli 2016: Neonregen (Neon Rain, 1987; Dave Robicheaux Nr. 1). Deutsch von von Hans H. Harbort. Überarbeitete Neuausgabe mit einem Nachwort von Alf Mayer. Pendragon Verlag, Bielefeld 2016. Klappenbroschur, 432 Seiten, 17,00 Euro. Verlagsinformationen.

Mai 2016: Fremdes Land (Wayfaring Stranger, 2014). Aus dem Amerikanischen von Ulrich Thiele. Heyne Hardcore, München 2016. Klappenbroschur, 576 Seiten, 17,99 Euro. Verlagsinformationen.

Feburar 2016: Mississippi Jam. Aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger. Deutsche Erstausgabe. Pendragon Verlag, Bielefeld 2016. Klappenbroschur, 588 Seiten, 17,99 Euro. Verlagsinformationen.

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