Geschrieben am 23. Januar 2013 von für Musikmag

Stagetime: Redd Kross, 16. Dezember, Berlin, Magnet Club

ReddKross-4uplive.jonathan kropBack to the Bubble Gum Factor

– 2012 war das Jahr der Comebacks. Dexys und Garland Jeffreys wurden ja an dieser Stelle schon behandelt, das Album von Bill Fay ist in meinen Jahrescharts kontinuierlich nach oben gestiegen und mittlerweile in den Top 3 gelandet. Zu nennen wären auch noch die formidablen dbs, Guided by voices und zum Jahresende schließlich Redd Kross. Von Wolfgang Buchholz.

Redd Kross? Das ist eine Band aus Kalifornien um die McDonald-Brüder, derer mittlerweile wieder drei zum Line-up gehören. Immer dabei waren Jeff und Steve, die fast wie Zwillinge aussehen und bereits als Teenager in den frühen 80ern mit Hardcore-Punk gestartet waren. Daraus entwickelten sie später eine Melange aus Glam-Rock, Hardcore und Power-Pop, mit einer ganz klaren Betonung auf Pop.

Ähnlich waren zu der Zeit Urge Overkill unterwegs, die aber mehr vom Blues und den Gitarrenriffs (gigantisch: Sister Havanna) kamen und etwas dunkler klangen. Butterweich mit Beach-Boys-alike Gesangsharmonien und einigen Über-Songs im Gepäck versuchte auch Redd Kross mit einem Major-Deal in der Tasche in den Grunge- und Rock-affinen frühen 90ern den kommerziellen Durchbruch. Nachhaltiger Erfolg war der Band aber nicht beschienen, was für mich völlig unverständlich blieb, sahen die Jungs doch blendend aus und spielten den heißesten Sound dieser Zeit und dieser Richtung.

Zwei herausragende Alben zieren ihren Back-Katalog. Zunächst „Third Eye“ aus dem Jahr 1990 und dann drei Jahre später das brutal fett von John Agnello produzierte „Phaseshifter“. Es gab noch ein aus meiner Sicht schwächeres Album zum Ausverkauf der Ära in 1997 und weg war die Band. Nun erschien nach 16 Jahren „Researching The Blues“, das eher nach back to the roots klingt, aber in einigen Songs die ungeheure Melodiösität der Band wiederbelebt. Ich war immer verliebt in Redd Kross, und einige ihrer Songs gehören zu meinen All-time-Favourites („Bubble Gum Factory“, „Jimmies Fantasies“, „Dumb Angel“). Ende des Jahres 2012 spielt die Band einige Europa-Konzerte, eines davon in Deutschland, in Berlin – und ich bin dabei. Yippieh!

Tolle Bühnen-Präsenz

Zunächst eine große Überraschung. Vor dem Club eine lange Schlange von um die 20-jährigen jungen Damen. Wollen die zu Redd Kross? Habe ich etwas verpasst? Einen Social-Media-Hype etwa? Doch Entwarnung. Im Laden nebenan spielt Black Line, da wollen die Massen hin. Bei Redd Kross ist dann das übliche Auskenner-Publikum, das zu solchen Bands geht, 150 an der Zahl würde ich schätzen. Man hat den Eindruck vor 20 Jahren ist die Zeit stehengeblieben, die McDonalds mit so langen Haaren, dass die sich in den Gitarrenseiten verfangen, in bedruckten T-Shirts, schlank und rank. Der zweite Gitarrist Jason Shapiro spielt und „posed“, als wären wir bei Iron Maiden, und auch der dritte McDonald-Bruder am Schlagzeug schont sich nicht.

Los geht’s mit zwei Knallern vom Phaseshifter-Album, „Lady In The First Row“ und „Jimmies Fantasies“. Mächtig laut sind die Jungs, und es soll später noch lauter werden. Dann „Stay Away From Downtown“, die Single aus dem neuen Album. Weiter mit „Switchblade Sister“, „Annies Gone“, „Pretty Please Me“ – die Hit-Dichte ist beachtlich, sehr druckvolle Versionen und tolle Gesangsharmonien, die Jungs können es noch. Was haben die nur all die Jahre gemacht? Super Bühnen-Präsenz, eingespielt, sehr gut harmonierend und vor allem mit großem Spaß beim Wiedersehen in Berlin. Am Ende kommen dann einige Nummern aus der Anfangszeit von der Platte „Born Innocent“. Es wird nochmal an den Volume-Reglern der Marshall-Amps gefingert und dadurch ein ziemlich wüstes Geprügel am Ende.

Das Konzert war schon sehr gut, solche Bands haben natürlich einen Bonus, aber zum Schluss ging die Musik doch ziemlich im Lärmpegel verloren. Insgesamt die Gitarren etwas leiser und die tollen Gesangsharmonien etwas stärker in den Vordergrund stellen, das würde dem Live-Sound sicher gut tun. Sei’s drum, ich habe nach 20 Jahren nochmal Redd Kross sehen können, habe ein wahrscheinlich zu kleines T-Shirt erstanden, da stört auch ein leichtes Pfeifen im Ohr nicht auf dem Nachhauseweg mit Wegbier durch die nasskalte Berliner Nacht.

Wolfgang Buchholz

Zur Homepage der Band geht es hier. Einen 40-minütigen Live-Auftritt finden Sie hier. Foto: Jonathan Krop, Quelle: Homepage von Redd Kross.

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