Geschrieben am 30. März 2011 von für Musikmag

Stagetime: Efterklang

Präsenz und Charisma

– Am 13. März 2011 spielte die dänische Band Efterklang in der Berliner Volksbühne. Unsere Autorin Janine Andert war dabei, als ein frühlingshaft gestimmtes Hauptstadt-Publikum mal so richtig aus sich raus kam…

Sonntagabend im Theater. Konzerte in eben diesen sind immer so eine Sache. Mehr noch als auf einer gewöhnlichen Bühne in einem Club oder einer Halle steht die Band auf dem Präsentierteller und muss zwangsweise so etwas wie einen theatralischen Spannungsbogen halten, um nicht verloren oder langweilig zu wirken. Hinzu kommen die Sitzreihen in solch einem Ambiente, die den Gast auf den Stuhl verdammen. Das muss passen. Hinsichtlich dieser Bedenken hat die Berliner Volksbühne ein Händchen für die richtige Auswahl der Musiker. Zudem besitzt sie eines der besten Soundsysteme der Stadt, und dank der ansteigenden Sitzreihen ist die Sicht von jedem Platz bestens.

Am 13. März 2011 spielte die dänische Band Efterklang in der Volksbühne. Als quasi Support wurde der Film „An Island“ gezeigt. Der französische Filmemacher Vincent Moon drehte diesen mit der Band im August 2010 auf deren Heimatinsel Als. Entstanden ist ein langsames, bildgewaltiges Einführungsstück zu Efterklang. Der Zuschauer erfährt, dass sich die meisten Bandmitglieder schon seit ihren Kindertagen kennen, wie das Aufwachsen auf einer Insel ist und viel über die musikalische Herangehensweise von Efterklang. Schon in den ersten Sequenzen wird gezeigt, wie Regentropfen als Sound aufgenommen werden. Beeindruckend, wie aus kleinen, alltäglichen Geräuschen Musik entstehen kann. Diese Effekte schichten sich im Verlauf des Films. Bei Auftritten mit lokalen Musikern in einer Scheune bis hin zum Abschlusskonzert in der Aula einer Schule mit gefühlt so ziemlich jedem dort unterrichteten Schüler steigert sich das Musikkonzept zu etwas unsagbar Bombastischen. Der theatralische Spannungsbogen ist am Ende dieser 40 Minuten so gespannt, dass wirklich nur noch ein Auftritt von Efterklang folgen konnte. Was – wie zu erwarten war – 20 Minuten später geschah (den Film gibt es hier zu sehen).

In Nebel gehüllt, diffuses Licht von hinten, so eröffneten die sieben Dänen ihr Konzert. Der erste Song war „Full Moon“, dessen Textzeile „there is no way to escape“ es nicht passender auf den Punkt bringen konnte: Das Publikum, das bereits den Film mit viel Applaus bedachte, war gefangen von der Präsenz und dem Charisma der Band, vor allem von Frontmann Casper Clausen. Neben der klassischen Rockband-Instrumentierung waren noch Geige, Querflöte und Trompete auf der Bühne vertreten. Und natürlich gab sich Clausen die Ehre, die Verstrebungen an den Wänden der Volksbühne als Perkussion zu nutzen. Das hatte etwas Experimentelles und versetzte das Publikum ein klein wenig in Ekstase. Zudem war es äußerst begrüßenswert, dass Efterklang gegen den aktuellen Stilles-Wasser-Trend auf deutschen Bühnen Bier tranken.

Um auf die Problematik mit der Theaterbühne zurückzukommen: Die Lichteffekte waren die gesamte Show über spannend und Teil einer perfekten Inszenierung. Das Medium Bühne wurde vollends und hervorragend genutzt.

Efterklangs 2010er-Album „Magic Chairs“, deren Songs hauptsächlich an diesem Abend gespielt wurden, ist allein schon sehr hörenswert. Live wurden die Stücke aber noch lebendiger. In Kombination mit älteren, experimentierwütigeren Stücken hielt es kaum jemanden auf den Stühlen. Der Anstand schien die Leute zum Sitzen zu zwingen. Als Clausen dazu aufforderte, aufzustehen, schien es, als würde jeder Einzelne aufatmen und nun endlich mittanzen.

Die Stimmung war so gut an diesem Abend, dass ihr selbst kleinere Pannen keinen Abbruch taten. Witzig war eine von der Band evozierte Ruhepause. Absolute Stille im Saal – genau in diesem Moment geht ein Handy los. Was gewöhnlich extrem ärgerlich gewesen wäre, führte an dieser Stelle zu einem allgemeinen, herzhaften Lacher.

Leider gab es eine traurige Nachricht. Diese Tour war so etwas wie eine vorläufige Abschiedstour. Die Band will ein neues Album aufnehmen, was einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Umso mehr verlangten die anwesenden Gäste nach einer Zugabe, die Efterklang gerührt gaben. Clausen meinte noch scherzhaft, dass nur die Leute aufstehen dürfen, die ihrem Vordermann damit nicht die Sicht versperren. Aber zu spät. Euphorisch stand und klatschte der Saal. Die Musiker klatschten ehedem seit einigen Stücken durch die Songs und den Bühnennebel. So hätte es ewig weitergehen können. Die Band konnte noch zu einer zweiten Zugabe herausgejubelt werden, aber dann ging auch dieser wunderbare Abend zu Ende. Benommen, aber glücklich nach Hause – in die erste warme, nach Frühling duftende Berliner Nacht des Jahres.

Janine Andert

Setlist:

  1. Full Moon

  2. Mirador

  3. Frida

  4. Alike

  5. Itarmonics

  6. Monopolist

  7. Caravan

  8. Step Aside

  9. Raincoats

  10. Scandinavian Love

  11. Modern Drift

Zugaben:

Blowing Lungs

I Was Playing Drums

Cutting Ice

Die Website der Band. Efterklang auf Myspace und bei Facebook.

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