Geschrieben am 30. Oktober 2013 von für Musikmag

Phillip Boa and the Voodooclub: Reduced

Foto: Ole Bredenfoerder ( www.famouzphotographs.com)Abschiedsmelodien – zum letzten Mal mit Pia Lund

– Dezember, vielleicht ja sogar im Schnee. Pia Lund nimmt Abschied vom Voodooclub, diesmal könnte es endgültig sein. Ein Abschiedspräsent für Sängerin und Fans gibt es mit dem Album „Reduced!“. 17 Songs, die 2012 im alten Gewölbe der Leipziger Moritzbastei aufgenommen wurden. Akustikversionen von Indie-Klassikern wie „I Dedicate My Soul To You“, „Fine Art In Silver“ oder „And Then She Kissed Her“, mit Cello, Banjo und Mandoline. Auch zuhause, aus der Konserve, klingt das ganz wunderbar – meistens jedenfalls. Von Thomas Backs

Ja, wer das Abzeichen von Phillip Boa and the Voodooclub immer noch nicht auf seinem ganz persönlichen Wanderstab hat, für den oder die besteht jetzt wirklich und tatsächlich Handlungsbedarf. Die Tage mit Pia Lund, die sind jedenfalls gezählt. Bei vier Club-Konzerten Anfang Dezember ist die Sängerin noch dabei, finale Abschiedsabende sollen die drei Weihnachtskonzerte in der Leipziger Moritzbastei werden – das wird es dann wohl gewesen sein. Traurig, aber wahr. Rückkehr Nummer 2, die dürfte eher unwahrscheinlich sein.

Wie geht es weiter bei Phillip Boa, wenn Pia Lund nicht mehr dabei ist? Das fragen wir uns beim CULTurMAG natürlich auch. Viel verraten wollte uns das Hauptquartier des großen Meisters noch nicht, als Antwort auf unsere Anfrage kam aber diese Nachricht:

„Es wird weitergehen! Boa ist dabei, ein neues Studioalbum zu produzieren, welches ca. Spätsommer/Herbst 2014 erscheinen soll.“

Wie der Voodooclub anno 2014 aussieht, und wer Pias Part einnehmen soll, darüber wird aktuell noch gerätselt. Wir erinnern uns: Pia Lund hatte sich bereits einmal von der Band getrennt, damals kam Alison Galea von der maltesischen Band Beangrowers neu dazu. In einem Fan-Interview ließ Mr. Boa bereits durchblicken, dass er sich diese Lösung auch jetzt wünschen würde. Vielleicht bringen die Leipziger Abende eine Antwort – wir werden sehen.

Ein letztes Vermächtnis ist „Reduced!“ also geworden, und eine Erinnerung an die Weihnachtskonzerte, die Phillip Boa und der Voodooclub seit 2001 alljährlich in der Moritzbastei geben. Eine Art Wohnzimmer sei das Gewölbe in den Jahren für den Voodooclub geworden, heißt es. Der Sound der dortigen Auftritte ist weniger noisy, die Instrumentierung eher behutsam klassisch, verstärkt durch weitere Musiker wie zuletzt Cellistin Anne Müller und Oliver Klemm (Gitarre, Banjo, Mandoline).

Auch in Album-Form funktioniert das alles bestens, Soundtüftler Georg Türk sei Dank. Der gute Mann nahm die Abende 2012 in Leipzig auf, verbrachte danach offenbar lange Nächte vor dem Bildschirm.

„Georg als Produzent war Monate dabei, jedes einzelne Instrument, jede einzelne Spur hörbar zu machen. Die Songs, die Ihr alle kennt, klingen hier leicht ungewohnt, aber Ihr könnt jedes einzelne Instrument heraushören, wenn Ihr wollt.“ (O-Ton Phillip Boa)

Eine schöne Zusammenstellung haben Boa & Co. gewählt, auch wenn Songs von „Diamonds Fall“ (2009) hier komplett fehlen. Schade eigentlich – der Longplayer mit Jaki Liebezeit (Can) war für nicht wenige Musikliebhaber das beste Boa-Album seit den 1990er-Jahren.

Boa_Reduced_neuDie Songauswahl, sie ist bei einer Band mit diesem gewaltigen Backkatalog aber auch so fast makellos, das neue, reduzierte Klanggewand passt zumeist ganz wunderbar zu den Songs. Auch, wenn das auf die Originale getrimmte Indie-Ohr vielleicht ein paar Durchläufe benötigt, um den inneren Schalter umzulegen. Etwas befremdlich bleiben die Klänge von Banjo und Mandoline bei den alten Disco-Stampfern „Container Love“ und „This Is Michael“ – der Rest ist ein Genuss. Einfach grandios: Der Mittelpart des Albums, wo sich „Til The Day We Are Both Forgotten“ – der „Hit“ des letzten Studioalbums „Loyalty“ (2012) – nahtlos in die Reihe der Klassiker mit „Pretty Bay“, „Bells Of Sweetness“, „The Laughing Moon“ und „Deep In Velvet“ einfügt. Es sind dabei vor allem die ruhigen, beinahe balladesken Songs, bei denen die neuen Versionen ihre volle Wirkung entfalten.

Feiner Bonus: „Sunday Morning“ von The Velvet Underground, gesungen von Mrs. Lund. Hui! Weniger ergreifend: Eine Leipziger Version von „Love Will Tear Us Apart“. Da wäre neben Rausschmeißer „Hell“ (Original auf:„Philister“/1985) ein weiterer Smash-Hit aus den Anfangstagen ganz sicher netter gewesen. Zurück zu den Wurzeln geht Mr. Boa auch in Sachen Verlag und Vertrieb. „Reduced!“ ist auf dem eigenen Label Constrictor erschienen, es wird über den Shop des Voodooclubs vertrieben.

Thomas Backs

Phillip Boa and the Voodooclub: Reduced! A More Or Less Acoustic Performance. Constrictor, 2013. Zur Website von Phillip Boa and the Voodooclub.
Phillip Boa and the Voodooclub live 2013: 4. Dezember: Stuttgart, Universum; 5. Dezember: Frankfurt, Batschkapp; 6. Dezember: Bielefeld, Forum; 7. Dezember: Bischofswerda, Eastclub; Support: Evi Vine. 26., 27., 28. Dezember: Weihnachtskonzerte, Moritzbastei, Leipzig.

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