Geschrieben am 18. Mai 2011 von für Musikmag

Kate Bush: Director’s Cut

Kate Bush: Director's CutWer hat ihr Lied so zerstört?

– Für „Director’s Cut“ hat die große Kate Bush ein paar ihrer großen Songs neu bearbeitet – doch die neuen Versionen verlieren meist erheblich gegenüber den Originalen, findet Tina Manske.

Kate Bush wäre nicht Kate Bush, würde sie Sachen nicht anders anpacken als andere. Während Myriaden von Bands noch immer den Sound der 80er-Jahre zu imitieren versuchen, geht Bush den umgekehrten Weg und bearbeitet zwei ihrer schönsten Alben mit den jetzigen Möglichkeiten neu: „The Sensual World“ (1989) und „The Red Shoes“ (1993). Auf „Director’s Cut“ hat sie die alten Tonspuren neu bearbeitet und die Gesangslinien neu eingesungen. Herzstück dieses Remake-Albums ist der Opener „Flower Of The Mountain“, damals der Titelsong ihres Albums „The Sensual World“. Schon damals wollte sie Teile des Molly-Monologs aus James Joyce‘ „Ulysses“ für den Song verwenden, durfte aber nicht. Erst jetzt, als sie zum zweiten Mal fragte, gaben die Erben von Joyce die Genehmigung zur Verwendung. Und tatsächlich hat Kate Bush in dieser Neubearbeitung dem Titel noch etwas hinzugefügt: eine beunruhigendere Unterströmung macht sich breit, wo im Original das mazedonische Volkslied Fröhlichkeit zu vermitteln suchte. Die Änderungen sind minimal, aber wirkungsvoll.

Wie sehr dieses Remaken der eigenen Musik aber leider auch daneben gehen kann, zeigt die neue Version von „Deeper Understanding“, die gleichzeitig die neue Single ist. Darin geht es um einen Menschen, der sein Leben und seine Familie verliert, weil er nur noch vor dem Computer hockt – ein Thema, das heute noch aktueller ist als 1993. Und man kann intellektuell sehr gut nachvollziehen, wieso Bush den Refrain hier durch den Vocoder schickt und damit ganz an die Computerstimme verliert. Textlich und inhaltlich ist das natürlich sehr gut motiviert. Allein – es klingt fürchterlich und zerstört willentlich einen wunderbaren Song. Oder „Lily“: Kate Bush nimmt Tempo aus der Komposition, verstärkt die Percussions und softet ihre Stimme. Dabei verliert das Stück mächtig an der Magie, die das Original besitzt. Überhaupt hat Bush die Songs merklich geglättet, den Sound mainstreamiger gemacht. Ihre Stimme, oh ja, die hat mit dem Alter nichts an Kraft verloren, hat sogar noch etwas an Tiefe gewonnen. Aber das hilft nicht, wenn man gleichzeitig die Ecken und Kanten der Songs schleift.

Wie ein Blick durch die Blogs zeigt, ist die Fangemeinde Kate Bushs über diesem Album zutiefst gespalten. „Director’s Cut“ markiert sicherlich eine Zäsur in Bushs Werk und zeigt die Künstlerin wieder einmal als eigenwilligen Kopf. Trotzdem kramt man am Ende doch lieber wieder begeistert die Originale aus – die haben nämlich auch zwanzig Jahre nach ihrem Entstehen nichts von ihrer Großartigkeit verloren. Die beste Nachricht aber ist, dass Kate Bush im Moment an einem Album mit neuen Songs arbeitet.

Tina Manske

Kate Bush: Director’s Cut. Fish People (EMI).
Die Website der Künstlerin. Kate Bush auf Myspace sowie bei