Geschrieben am 22. August 2012 von für Musikmag

Florian Weber: Biosphere

Florian Weber: BiosphereWahre Wunder

– Weia: Ein Musiker, der auch Mathematik und Physik studiert hat und jetzt jazzt – da bekommen viele in vorauseilendem Gehorsam das kalte Grausen. Das muss doch kompliziert sein, jammern sie dann, und dass das bestimmt viel zu ‚verkopft‘ ist und überhaupt – grooven kann das ja wohl überhaupt nicht. Dann wenden sie sich wieder irgendeiner Hipsterband zu und hüpfen zum 1-2-3-4-Einheitsbrei. Ja, sollen sie. Von Tina Manske

Wer gern ein bisschen mehr wagt, sollte sich hingegen mal „Biosphere“ von Florian Weber (Piano und Rhodes) (bitte beim Googeln nicht verwechseln mit dem grässlichen Moderator gleichen Namens) und seiner New Yorker Mitstreiter Thomas Morgan (Kontrabass) und Dan Weiss (Drums) anhören. Es stimmt zwar, einfach ist hier nix. Florian Weber, als Mitteleuropäer an die Musiktradition einer Betonung des Harmonischen vor dem Rhythmischen gewohnt, geht einen gänzlich anderen Weg. Die Vertracktheit liegt hier im Beat, der sich nur ganz selten einem bekannten Schema unterordnet. Eigene Kompositionen und Aneignungen fremder Stücke gehen Hand in Hand.

Florian Weber et al. schaffen es dabei sogar, einer solch ausgetretenen Numer wie Coldplays „Clocks“ neues Leben zu verleihen, auch Jamiroquais „Cosmic“ wird plötzlich wieder interessant. Als Gastmusiker ist der afrikanische Gitarrist Lionel Loueke bei einigen Stücken mit von der Partie, auch als Sänger. Er wurde u. a. durch seine Zusammenarbeit mit Herbie Hancock bekannt.

Wahre Wunder aber vollbringt Drummer Dan Weiss. Auf „Piecemeal“ zum Beispiel, so behauptet es jedenfalls der Begleittext, hören wir einen 27/16-Takt. Egal, die wenigsten werden es schaffen, da mitzuzählen, aber dass da etwas unerhört Magisches passiert, das hört man sofort. „Florian konfrontierte mich mit einer der schwierigsten und schönsten Musiken, die ich jemals gesehen [sic!] habe. Der Lernprozess allein war eine tolle Erfahrung,“ sagt Weiss. Allein was er auf der indischen Tabla für Kunststücke vollbringt, lohnt den Kauf des Albums.

Treiben lassen kann man sich aber auch bei einer solch hochkonzentrierten Musik. Das liegt an ihrer afrikanischen Körperlichkeit, an ihrer funky Beschwingtheit.

Tina Manske

Florian Weber: Biosphere. Enja (Soulfood). Zur Homepage.

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