Geschrieben am 19. Februar 2014 von für Musikmag

Die Kraft der Stimme(n) – Dum Dum Girls und Peggy Sue

Kräftige weibliche Stimmen findet man zurzeit so einige. Die Dum Dum Girls und Peggy Sue sind zwei schöne Beispiele für starke Frauenbands, findet Christina Mohr.

dumdumgirls_tootrueAllein zurechtkommen

Dass KünstlerInnen einen Brief an ihr Publikum schreiben, in dem sie ausführlich die Entstehungsumstände zum neuen Album/Werk darlegen, gibt es nicht allzu oft. Kristin Welchez alias Dee Dee Penny, Chefin der New Yorker Post-Shoegaze-Band Dum Dum Girls, hat genau das getan: sie erklärt unter anderem, dass „Too True“ schon viel früher erscheinen sollte, doch widrige Umstände – vor allem Dee Dees zeitweiliger Stimmverlust nach einer ausgedehnten Tournee – verzögerten die Veröffentlichung. 2012 erschien die EP „End Of Daze“, die den Abschluss eines schwierigen Lebensabschnitts mit darauffolgendem Neuanfang schon im Titel trug, 2013 brachte Dee Dee mit ihrem Gatten unter dem Namen Haunted Hearts Musik heraus, aber das neue große Dum Dum Girls-Album lag auf Eis.

Jetzt ist es da und es ist wunderschön geworden: sie habe in der Produktionszeit viel Stone Roses, Siouxsie and the Banshees, The Cure und Suede gehört, dazu Rimbaud, Rilke, Nin, Baudelaire und Plath gelesen, schreibt Dee Dee in ihrem Brief. All diese Einflüsse kann man heraushören, am deutlichsten/buchstäblichsten in „Rimbaud Eyes“, aber auch unterschwellig spüren. Dee Dees kaputte Stimme ist wieder da und klingt voller, reifer, runder – als hätte sie durchs Verschwundensein erst ihre wahre Stärke gefunden. In „Are You Okay?“ klingt sie wie Chrissie Hynde.

Dee Dees bewährtes Producerteam, bestehend aus Girlgroup-Impresario Richard Gottehrer, der männlichen Raveonettes-Hälfte Sune Rose Wagner und Alonzo Vargas, setzt Dee Dees Gitarre- und Bass-Spiel perfekt in Szene, wobei „Too True“ weniger auf Hall- und sonstige Soundeffekte baut wie frühere Dum Dum Girls-Platten. „Too True“ ist ein starkes Song-Album, das – very newyorkish – alte HeldInnen wie Blondie und Patti Smith im Geiste dabei hat, aber stets darauf bedacht ist, allein zurechtzukommen.

Dum Dum Girls: Too True. Sub Pop (Cargo). Zur Homepage.

peggysue_choirofechosVöllig eigen

Auch Peggy Sue (Rosa Slade, Katy Young, Olly Joyce) aus Brighton/London haben im zehnten Jahr seines Bestehens die Kraft der Stimme(n) entdeckt: die dritte Platte des Trios heißt “Choir Of Echoes” und rekurriert auf die lange Schaffenspause, die sich Peggy Sue gönnten. “’Choir Of Echoes‘ ist ein Album über das Singen. Darüber, wie man seine Stimme verloren und wieder gefunden hat. Stimmen, die sich gegenseitig unterstützen, aber auch jede für sich ihren Platz beansprucht” – so beschreiben die MusikerInnen die dreizehn Songs, die nur noch entfernt an den sanften Indie-Folk erinnern, der Peggy Sue unter anderem ins Vorprogramm von Mumford and Sons brachte.

“Choir Of Echoes” verfängt nicht sofort, man muss die Songs reifen lassen, die ihre Schönheit erst nach und nach entfalten. Manche schwelgen in sanft schwebender Americana-Atmosphäre wie “Esme”, “Longest Day Of The Year Blues” und “Idle”, doch im Zentrum steht der Gesang: die Stimmen winden sich umeinander, schieben sich in die Höhe, mal im Chor, mal einzeln, Call-and-response und Jubilate. Das liest sich merkwürdiger als es ist: vor allem ist “Choir Of Echoes” ein großartiges Pop-Album, das sich von Vorbildern loslöst und etwas völlig Eigenes schafft.

Peggy Sue: Choir Of Echoes. Wichita/Pias. Zur Homepage.

Christina Mohr

Tags : ,