Der Blues ist tot – lang lebe der Blues
Der Blues bekommt eine neue Heimat bei MusikMag, sozusagen ein kleines BluesMag unter diesem Dach. Was es hier nicht geben wird: eine Definition des Blues, eine Eingrenzung oder Abgrenzung oder Einordnung oder oder… Die Sache ist ganz einfach: Was für Blues gehalten wird wird Blues genannt. Was es hier aber gibt: Vorstellung von Bluesplatten, Konzertberichte und jede Menge Reiseberichte aus dem Mutterland des Blues, aus Mississippi (aber auch Arkansas, Tennessee, Alabama). Rolf Barkowski wird für uns unterwegs sein. Hier gibt er seinen Einstand, weist auf wichtige Festivals im Herzland des Blues hin, gibt eine ganz kurzfristige Konzertempfehlung (17.9., in den Niederlanden) und stellt uns zwei gewichtige Werke vor.
Allenthalben heißt es: der Blues ist tot, da läuft nichts mehr – keine Zukunft. Veranstalter wie Club- und Kneipenbesitzer klagen, dass kein Geschäft mehr zu machen ist. Das Publikum bleibt weg. Nur noch ein paar verbliebene `alte Säcke` interessieren sich für den Blues. „Für die Tür“ gilt oft als einziges Angebot für einen Auftritt; zu groß ist das Risiko einer festen Honorarzusage.
Ist das wirklich so? Der Blues, das tote Pferd von dem wir endlich absteigen sollten? Ich denke, die Bluesszene in Deutschland ist größer als es auf den ersten Blick erscheint.
Sie versteckt sich vielleicht zu sehr. Die Anzahl der kleinen Szenekneipen in denen regelmäßig Konzerte und Sessions laufen ist weit gestreut. Das Interesse und die Besucherzahlen wachsen. Klar sind es hier zu einem großen Teil die erwähnten alten Säcke – diejenigen, die in den 1960er und 1970er Jahren selber aktiv Musik gemacht haben – und die nun im Rentenalter wieder Zeit und Muße haben, sich und die Musik, den Blues wiederzuentdecken. Und wieder auf die Bühne steigen. Dazu das Durchschnittsalter des Publikums: 50 ++.
Na und? Alles besser, als auf dem Sofa mit Hansi (Mittermeier) und Helene (Fischer) zu verrotten. Doch wer genau hinschaut, entdeckt sowohl auf der Bühne wie im Publikum immer mehr junge Leute. Oft die Kinder oder gar die Enkel, die ‚übernehmen‘. Ebenso bei den Bluesfestivals: Neben der zigsten Wiedervereinigung der alten Garde ist so manche Neuentdeckung in den line ups zu entdecken. Engagierte Veranstalter versuchen mit immer neuen Mischungen, ihr Programm am Publikum auszurichten. ‚Crossover‘ ist hier ein Zauberwort. Was immer das heißen magt – solange dieser Mix beim Publikum ankommt und neue, junge Zuschauer schafft: wunderbar. Kann dem Blues nur recht sein.
Die Anzahl der Bluesfestivals ist nach wie vor groß. Wenn der Bluesfan schließlich auch noch über die Grenze schaut (Niederlande, Belgien), hat er im Sommer und Herbst schon arge Probleme alle Termine wahrzunehmen.
Nicht zu vergessen die Labels: Ich kann nicht beurteilen, wie groß heute die Chance für Newcomer auf eine Platten/CD-Produktion ist. Was Alligator, Bear Family, Broke & Hungry, Fat Possum, Ruf, Wolf (um nur einige zu nennen) bis heute mit viel Leidenschaft für den Blues an Ausgrabungen, Wiederveröffentlichungen oder Compilations veröffentlichen – Respekt. Im Streaming Zeitalter bestimmt kein einfaches Geschäft.
Das alles ist nicht zu vergleichen mit der Bluesszene und den Umsatzzahlen vergangener Tage ? O.k., da mögen die Skeptiker recht haben. Aber vom Tod des Blues sind wir doch noch weit weg oder?
Ganz spannend ist, was im Moment im Mutterland des Blues, in Mississippi abgeht. Im Delta, auf dem Highway 61, ist der Blues so lebendig wie schon lange nicht mehr. Von Memphis bis Vicksburg geht die Anzahl der Aktivitäten und Konzerte in den Clubs und Juke Joints steil nach oben. Mississippi entdeckt und besinnt sich endlich wieder zu seinen Wurzeln als Heimat des Blues (dazu an anderer Stelle weiter unten mehr).
Und zu alledem passt doch wunderbar die Meldung: „Die Rolling Stones könnten dieses Jahr ein neues ‚bluesiges‘ Album veröffentlichen. Laut Ron Wood sind die Stones „auf die Blues-Schiene geraten und haben in zwei Tagen elf Blues-Songs rausgehauen“. Für die Rolling Stones (schon wieder sind wir bei den alten Säcken) schließt sich der Kreis: Sie haben mit dem Blues als Musiker begonnen und enden (?) mit dem Blues.
Resümee: Das Bluespferd hat nach einigen Hindernissen etwas gelahmt. Kein Grund abzusteigen.
Keep The Blues Alive !

Bridging The Blues
Reisehinweise ins Mississippi-Delta. Von Rolf Barkowski.
Ende September, Anfang Oktober 2016 ist es wieder soweit: es ist „Bridging The Blues„-Zeit.
Unter dem Motto „Bridging The Blues“ konzentrieren die Bundesstaaten Arkansas, Tennessee und Mississippi, Tennessee seit 2012 jede Menge Bluesaktivitäten um die beiden wohl wichtigsten Bluesfestivals im Süden der USA : um das Mighty Missisippi Music Festival (30.9.-2.10.) in Greenville, Misssissippi und das King Bisquit Blues Festival (6.-8.10.) in Helena, Arkansas.
Eigentlich sind diese beiden Festivals für jeden Blues-Afficionado Pflichtprogramm. Von Freitagabend bis Sonntag auf zwei Bühnen in Greenville und von Donnerstag bis Samstag in Helena auf fünf Bühnen gibt es Blues vom Feinsten. Neben den Headlinern auf den Main Stages (in 2016: G.Love & Special Sauce, John Mayall, Charlie Musselwhite etc.) gibt vor allen Dingen jede Menge Musiker auf den Nebenbühnen zu entdecken. Dabei können die „Highway 61 Blues Stage“ in Greenville und die „Front Porch Stage“ in Helena gar nicht genug gelobt werden. Ich spare mir die Aufzählung all der Namen. Schaut Euch die Line Ups auf den entsprechenden Seiten an.
Doch damit nicht genug: Vom „Gateway to the Blues TweetUp“ in Tunica über „Blues Jam at Red’s Lounge“ in Clarksdale bis zur Blues Challenge „Bands im Club Ebony“ in Indianola – „Bridging The Blues“ macht es möglich, jeden Tag im Delta mit bestem Blues zu verbringen. Nicht umsonst heißt das Motto: „There`ll Be Music Everywhere“.
Wer dann noch in seinem Kalender die Termine für das „Cat Head Mini Blues Festival“ (Clarksdale) und „Annual Pinetop Perkins Homecoming“ auf der Hopson Commissary (ebenfalls Clarksdale) notiert, will anschließend so gar nicht mehr nach Hause fahren. Wenn es also ein Jahreszeit gibt, zu der es sich lohnt, das Delta zu besuchen dann sind es jedes Jahr die Wochen Ende September, Anfang Oktober. Mehr Blues geht nicht!
Hier eine große Hilfe bei der Planung einer Reise in den Süden der USA (Reiseinfos, Broschüren, Karten etc.).
SaRon Crenshaw: Tight, Cranky & Loose (2009)
Als download bei Amazon, Cdbaby etc.; als CD nur bei Konzerten.
Es muss nicht immer Mississippi sein. Dafür sind SaRon Crenshaw (lead vocals & guitar) und seine Band (Al Levy – bass & background vocals, Barry Harrison – drums & background vocals, Bob Schlesinger – keyboards) der beste Beweis. Beheimatet in NY und hauptsächlich an der Ostküste der Staaten seit den 1970er Jahren unterwegs, spielt und singt SaRon Crenshaw den Blues vom Feinsten. Mit Zehn soll er angefangen haben und dürfte heute wohl 50 (+) ? alt sein (ich habe leider keine zuverlässige Biographie gefunden). Ausgestattet mit einer Gipson, Modell „Lucille“ – natürlich vom Meister, sprich B.B. King signiert – variiert er seinen großen Vorbilder Albert King, Buddy Guy und B.B. King in zahlreichen Interpretationen auf der Bühne.
Und auf der Bühne scheint sich Crenshaw auch am wohlsten zu fühlen. Wie ist sonst zu erklären, dass es bis heute nur eine Veröffentlichung von ihm gibt. Auf „Tight, Cranky & Loose“ findet sich acht Stücke (alles Live Aufnahmen). Keine Zweifel lassen Crenshaw und die Band bei ihren Covers „Still around“ (R.Cray), „Built for comfort“ (W.Dixon) und zweimal Albert King („You`re gonna need me“ und „I can`t hear nothing but the blues“ aufkommen. Sie beherrschen die ganze Bandbreite des Blues und sind perfekt aufeinander eingespielt.
Doch gerade die drei Eigenkompositionen sind es, die neugierig machen auf diesen Blueser.
„Tight, Cranky & Loose, Guitar Man“ und „Hey Baby Please Come Home“ stellen eindeutig unter Beweis: der Mann kann es. Und diese Soul Stimme! Die perfekte Ergänzung zur Gibson. (
Und wie schon gesagt: Es muss nicht immer Mississippi sein. Auch bis New York braucht Ihr nicht. Es reicht die Fahrt am Samstag, 17.9.2016, zum „Blues Alive Boxmeer“ um diesen tollen Musiker zu genießen.
Nicht verpassen!

Cedric Burnside Projekt – Descandants Of Hill Country
Schon als Kind saß er am Schlagzeug in der Band seines berühmten Großvaters R.L.Burnside. Nach verschiedensten Zusammenarbeiten ( T Modell Ford, Kenny Brown, North Mississippi Allstars etc.) und Plattenveröffentlichungen (u.a. mit Lightnin` Malcom als „2 Man Wrecking Crew„) hat der mittlerweile 38 jährige Cecdric (Drums,vocals) nun in Trenton Ayers (lead guitar,bass) seinen kongenialen Partner gefunden. Dritter im Bunde ist Onkel Garry Burnside (vocals,bass).
Cedric Burnside Project – so formieren die drei nun auf ihrer letzten Platte „Descandants Of Hill Country“ . Und die Nachfahren des Hill Country geben mächtig Gas. Mit 13 Titeln entführen sie den Hörer mitten ins Delta, Richtung Holly Springs. Unerbittlich treiben Cedric`s drums, Garry`s bass und Trenton`s slide guitar den Hörer in bestem juke-joint-Drive vor sich her.
Wer nach „born with you, hard times, going away baby, tell me what I`m gonna do“ oder „down in the delta“ immer noch ruhig auf seinem Sessel sitzt, dem ist eh nicht zu helfen.
Doch es bleibt auch Raum für die Seele und das Gemüt. Mit „front porch“ oder den akustischen Stücken wie „just wait and see“ oder „love her till I die“ zeigt sich Cedric nicht nur als gewaltiger Drummer sondern als ebenso toller Bluesgitarrist.
Also: Lautstärkeregler hoch bis der Nachbar mithören kann. Und: Die Jungs kommen ab und zu über den großen Teich und erobern die Bühnen bei den Bluesfestivals in Europa (Niederlande z.B.). Hier geht es zur Webseite von Cedric.
Rolf Barkowski