Geschrieben am 26. März 2014 von für Musikmag

Blood Red Shoes: dito

bloodredshoes_ditoEine gute Zeit, alle miteinander

– Frech könnte man das neue Blood Red Shoes-Album nennen. Frech im Sinne der Musik, die den Weg des Garagen-Punks, des Rock’n’Rolls der neuen Machart weiterverfolgt. Rock’n’Roll bezeichnet in diesem Kontext ja schon lange nicht mehr den Tanz, oder Interpreten wie Chuck Berry, Jerry Lewis oder Elvis Presley, sondern das „Drauflosrocken“, also: tanzkompatible Musik für die wachsende Studentenschaft Europas. So far so good. Das Duo zog sich nach Berlin-Kreuzberg zurück, um dort das selbstbetitelte vorliegende Album zu komponieren und auch großteils aufzunehmen. Hm – Kreuzberg ist spätestens seit David Bowies Jahren dort chic. Vor allem, wenn es um neue Inspirationen für die eigene Musik geht. Gegen solche cool facts bin ich ziemlich resistent, weil ich meine Jugend mit metallischer Rohkost verbracht habe.

Mich interessiert daher nur der Drive auf einem solchen Album: bewegt es mich, und wenn ja, auf welche Weise? Auf die erste Frage muss ich deutlich mit Ja antworten. Für die zweite muss ich etwas ausholen: die Stücke reißen alle mit – „Welcome Home“ (der Opener) akkumuliert wie ein Akku zunächst Gitarrensturm, bis die Drums die Beine zum Schwingen zwingen. Die Platte baut einen großen Druck auf, der nach einer Sommerfahrt im Auto mit geöffneten Fenstern ruft. Und ich weiß, dass das alles Klischees sondergleichen sind, aber … Musikkritik dreht sich häufig um dieselben Stories: eine gute Zeit miteinander zu verbringen.

„Blood Red Shoes“ bietet das – aber (ja, das obligatorische Kritikerveto!) stellenweise könnte man die fehlenden Ecken und Kanten vorwerfen (die man wiederum beim neuen Motorpsycho-Album findet, aber eher unfreiwillig, so die Vermutung). Dann aber wieder Stücke wie „An Animal“, das ziemlich bewusst die Retro-Schiene aufgreift, Richtung Led Zeppelin tendiert, aber letztlich doch ‚lockerer‘ im Grundton bleibt.

Blood Red Shoes kommen eben doch ohne Okkult-Schnickschnack aus, den die ganzen Retro-Schnecken wie einen künstlichen Schutzpanzer auffahren. „The Perfect Mess“ und „Behind The Wall“ bauen rotziges Geschrubbe auf, während „The Stranger“ in psychedelische Rock-Atmo abdriftet. Die Blood Red Shoes mäandern genau wie der Lavastrom auf dem Cover ihrer neuen Platte. „Cigarettes In The Dark“ reicht dann in Bereiche, die man dem Wave zurechnen würde, wenn, ja wenn es sich nicht um die Blood Red Shoes handelte. Runde Sache wie eine Diskokugel!

Dominik Irtenkauf

Blood Red Shoes: dito. Jazz Life/PIAS/Collective.

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