Geschrieben am 8. Februar 2012 von für Musikmag

Blitzbeats

Neue Platten von und mit We Have Band, Malia und Stealing Sheep, gehört von Janine Andert (JA) und Tina Manske (TM).

Tanzpotenzial

(JA) Treffsichere Hits für die Indiedisco liefern We Have Band mit „Ternion“ ab. Auf ihrem zweiten Album würzt das Trio ihren Elektrorock mit einer ordentlichen Portion Pop. Unbedingter Anspieltipp ist „Tired Of Running“, der mächtig in die Beine geht und für gute Laune sorgt. Zum synthetischen 80er-Sound und minimalistischen Drums gesellen sich einprägsame Melodien. Allein, es fehlt ein wenig die Unmittelbarkeit des Debüts. Bye, bye geliebte Drummachine, du stehst nur noch in zweiter Reihe.

Weg vom ausschließlich digitalen self-made Charme des Vorgängers „WHB“ mausert sich „Ternion“ dennoch durch Live-Instrumentierung und Luke Smith (Ex Clor und Produzent von den Foals) hinter den Produktionsreglern als durchweg gelungenes Album. Die Weiterentwicklung der Band macht sich nicht nur im Klang, sondern auch in den Texten bemerkbar. Die verspielten Parolen ohne Sinn sind persönlichen Inhalten gewichen, allem voran die Erfahrungen von Darren Bancroft und Ehepaar Dede und Thomas Weg-Prosser mit dem Tourleben. So fragen We Have Band in der ersten Singleauskopplung des Albums „Where Are Your People Now?“ Ensthafte Sorgen müssen sich die Londoner darüber nicht machen. So viel Tanzpotenzial kann sich niemand entziehen.

We Have Band: Ternion. Naïve (Indigo). Zur Homepage der Band. We Have Band bei Facebook. Reinhören bei Soundcloud und zum Video.

Malia: Black OrchidKühl und elegant

(TM) Wenn eine Künstlerin heute die Songs von Nina Simone interpretiert, kann das mächtig in die Hose gehen. Dann nämlich, wenn die Stimme nicht die nötige Kraft hat, starke Lieder wie „Don’t Explain“ oder „Feeling Good“ zu inkorporieren. Bei Malia, die in Malawi geboren wurde, muss man diese Befürchtungen nicht haben. Sie macht nicht den Fehler, zuviel Timbre in ihre Interpretation zu bringen und damit die Komposition zu kompromittieren, sondern hält sich zurück und lässt die Melodie in den Vordergrund treten. Dazu kommt eine bestens aufgelegte Band, die ebenso zurückhaltend und dennoch einprägsam und pointiert agiert. Malia schwebte ein Balladenalbum vor, weswegen selbst „My Baby Just Cares For Me“ in sehr getragenem Tempo vorgetragen wird, was dem Lied allerdings sehr gut steht. Wie überhaupt diese CD von einer schlichten und kühlen Eleganz ist, die in Zeiten, wo jeder Hering nach Aufmerksamkeit kräht, unglaublich wohltuend wirkt.

Malia: Black Orchid. Universal. Malia bei Universal.

Stealing Sheep: Noah & The Paper MoonNur scheinbar naiv

(JA) Oh, mal wieder blutjunge Mädchen, die ne Band gründen und in den Gefilden des Folk meets Dream und Twee Pop wildern. Wenn es nicht so erhaben und überirdisch schön wäre, würde man glatt vor Langeweile gähnen. Aber Jarvis Cocker sang in seiner BBC-Radioshow „Sunday Service“ ein hohes Loblied auf das Trio aus Liverpool – das garantiert Aufmerksamkeit. Jarvis hin oder her, Becky, Emily und Lucy erfüllen musikalisch und optisch so ziemlich jedes Retroklischee. Von amerikanischen 40s-Kapellen über 60s-Girlgroup-Sound bis zum neuen psychedelischen Indierock mit verhalltem Frauenstimmen à la Warpaint wird jede Referenz abgegrast. Süßer Gesang, und überhaupt lullt „Noah & The Paper Moon“ gehörig ein. Aber aufgewacht, Freunde des guten Musikgeschmacks, was da naiv und mädchenhaft scheint, hat es faustdick hinter den Ohren. Der Bandname Stealing Sheep ist nicht etwa der Link zu lieblichem Freundschaftsgedöns unter Teenagern, sondern zollt einer politischen Aktion Respekt.

Die norwegische Band Enslaved (Mädels, was hört ihr privat für Musik?!) hatte als Protestaktion das Schaf des Politikers Lars Sponheim gestohlen. Dieser forderte, illegales Downloaden zu legalisieren, weil’s technisch möglich ist. Enslaved wendeten dieses einfache logische Prinzip auf ein Schaf des Politikers an: Es ist möglich, das Tierchen von der Wiese mitzunehmen, also sollte das legalisiert werden. Lustig und aufrüttelnd zugleich. Und dann zollt der erste Song von „Noah & The Paper Moon“ auch noch Tribut an „All Tomorrow’s Parties“ von Velvet Underground. Da darf sich das Trio schon aussuchen wie sie ihre Musik betiteln möchten. Doomy Sugar Pop übrigens. Treffender könnte die Beschreibung in der Tat nicht sein. Da fragt man nicht mehr nach Innovation und Retrogedöns. Einfach mal fallen lassen, die Musik genießen und ja, Schafe stehlen gehen mit den jungen Damen.

Stealing Sheep: Noah & The Paper Moon. Heavenly Recordings/Cooperative Music. Die Band bei MySpace.

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