Geschrieben am 23. Januar 2013 von für Musikmag

Blitzbeats

Neue Platten von und mit Ulrich Schnauss, Pantha du Prince & The Bell Laboratory und Qluster, gehört von Tina Manske (TM) und Christina Mohr (MO).

PrintUm den Finger gewickelt

(TM) Mit seinem vierten Album unternimmt einer der exponiertesten Elektronikmusiker Deutschlands eine Kehrtwendung: Konzentrierte Ulrich Schnauss sich auf den letzten drei Alben auf einen Shoegaze-Sound, den er in in elektronische Gefilde übersetzte, so setzt er mit „A Long Way To Fall“ dem Synthesizer an sich und seinen Möglichkeiten als Verstärker des melancholischen Gefühls ein beeindruckendes Denkmal.

Das Ganze ist an vielen Stellen nahe am Kitsch, und doch kriegt Schnauss immer wieder die Kurve, um den Hörer dann doch um den Finger zu wickeln, wenn er die Melodien in ungeahnte Höhen schraubt und dabei riesige Räume öffnet. „Like A Ghost In Your Own Life“ ist so ein Song: Die tragende Melodie ist schon früh erkennbar, aber wenn sie sich dann aus den Soundstrukturen gelöst hat und am Ende frei über den Dingen schwebt, ist das doch ein sehr erhabener Moment. Nicht zuletzt erweist sich Schnauss mit dieser Veröffentlichung als abwechslungsreicher Musiker, dem von IDM zur Symphonie kein Weg zu weit ist.

Ulrich Schnauss: A Long Way To Fall. PIAS.

panthaduprinceLuzide Klanggestalt

(MO) Ist denn das noch Techno?, wird sich so manche/r beim Anhören von Hendrik Webers alias Pantha du Princes neuestem Werk fragen: Beats, Bass und Dancefloor scheinen auf „Elements Of Light“ kaum (noch) eine Rolle zu spielen, die fünf Tracks, die thematisch auf den Albumtitel rekurrieren (»Waves«, »Particle«, »Photon«, »Spectral Split«, »Quantum«), verschmelzen zu einer Klanggestalt, die nicht massiv, sondern durchlässig, fließend, luzid ist.

Andererseits führt Weber auf seinem vierten Album als Pantha du Prince konsequent fort, was sich vor allem mit der letzten Veröffentlichung „Black Noise“ zeigte: eine Entwicklung weg vom bpm-gesteuerten Club-, hin zum individuellen Autorentechno mit Konzentration auf Sound und Inhalt, Gefühl und Geschichte – und mit nicht-elektronischer Klangerzeugung:Das auffälligste und prägnanteste Instrument auf „Elements Of Light“ ist das Carillon, ein aus fünfzig Metallglocken bestehendes Glockenspiel, das seinen Ursprung in der 3500 Jahre alten chinesischen Shang-Dynastie hat.

Zusammen mit den Musikern von The Bell Laboratory rund um den norwegischen Komponisten Lars Petter Hagen und einigen Perkussionisten transgressiert und verwebt Pantha du Prince Ambient, Minimal und Elektro, positioniert sich in einer Reihe mit Künstlern wie Steve Reich, Brian Eno, La Monte Young, John Cage, Wolfgang Voigt und jüngeren Experimentalisten wie Kranky und Basic Channel. Das Licht-Motiv ist dabei weit mehr als ein ausgedachtes, übergestülptes Konzept: Pantha du Princes Musik ist nicht auf ihren Gebrauchswert ausgerichtet, sie ist elementar.

Pantha du Prince & The Bell Laboratory: Elements Of Light. Beggars Germany (Rough Trade).

qluster_lauschenStill schillernd

(TM) „Lauschen“ ist der passende Titel für diese Veröffentlichung, denn genau das ist es, was Hans-Joachim Roedelius und Onnen Bock alias Qluster (ergänzt durch Armin Metz) hier gemeinsam treiben: sie lauschen aufeinander und antworten sich sehr behutsam. Die CD ist eine Live-Aufnahme, und wenn Qluster in allen bisherigen Formationen – als Kluster oder auch Cluster – schon immer durch die besondere Kunst der Improvisation auffielen, so lässt sich diese Kunst bei der Liveperformance natürlich besonders gut studieren.

Ganz leicht wirkt, was doch höchste Konzentration bedarf: das Zusammenspiel der verschiedenen eingesetzten analogen Tasteninstrumente. Oder wie Asmus Tietchens es formuliert: „Virtuosität bedeutet nicht, gut ’schnell‘ spielen zu können, sondern gut ‚langsam‘.“ Die neun Stücke, jedes nach einer antiken Muse betitelt, ergeben so einen Gesamtorganismus, in dem nichts aus elektronischen Quellen stammt, nichts künstlich hinzugefügt wird, alles an seinem ’natürlichen‘ Platz ist. Faszinierend und auf stille Weise schillernd.

Qluster: Lauschen. Bureau B (Indigo).

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