Geschrieben am 1. Februar 2011 von für Musikmag

Blitzbeats

Thomas Backs und Tobias Kirsch haben neue Platten gehört von Sarsaparilla, Bachar Mar-Khalifé und Saroos. Nie gehört, diese Namen? Dann wird’s aber Zeit!

Sarsaparilla: Everyone Here Seems So Familiar„Weniger Waffen, besseres Bier“

Der Liebe wegen ist Brandon Miller nach Berlin gezogen. „Außerdem gibt es hier im Vergleich zu Philadelphia mehr Natur, weniger Waffen, besseres Bier und tolle Möglichkeiten für Musiker“, meint der US-amerikanische Singer/Songwriter. Und erfreut zum Jahresbeginn als Sarsaparilla mit den 14 Songs der wundersam entspannten Sammlung „Everyone Here Seems So Familiar“. Vier Alben hat Brandon Miller bereits in Eigenregie veröffentlicht, Revolver präsentiert nun erstmals für die meisten mitteleuropäischen Ohren einen Tonträger mit seinen meist spärlich instrumentierten, melodieverliebten Popsongs. Stark vom traditionellen amerikanischen Folk beeinflusst sind Songs wie „Hunt“, „Cleopatra“ oder „Pelican“ auf jeden Fall. Eine zaghafte Akustikgitarre und Millers sanfte Stimme sind oft genug prägend, Mitmusiker mischen sich mit Percussion, Keyboard, Streichern oder auch mal Trompetenklängen („Haystack“) nur ganz behutsam in diese melancholischen Werke. Das Tempo: Sehr entspannt. „Radio Moscow“ passt da mit seinen elektrischen Schrammelgitarren nur schwer in diese Sammlung, sorgt aber kurz vor Schluss noch für einen Farbtupfer. Sarsaparilla heißt übrigens ein Brombeerwein, der in Mittelamerika und Teilen der USA sehr populär ist. Brandon Miller begann das Songwriting und wählte den Namen, nachdem ihn sein sterbender Großvater um eben jenes Kaltgetränk gebeten hatte. Folk, LoFi und Anti-Folk sind nicht nur in einigen Berliner Kneipen gerade mal wieder sehr angesagt. Sarsaparilla hat es daher mit „Earthling“ bereits auf den Sampler Berlin Songs Volume 3 (www.berlinsongs.com) geschafft. Fazit: „Everyone Here Seems So Familiar“ ist ein feines Album für entspannte Tage und lange Abende. Am besten kommt das alles ganz bestimmt live. Eine Tour mit Sarsaparilla ist geplant, Termine in Berlin und Hamburg gibt es bereits. (TB)

Sarsaparilla: Everyone Here Seems So Familiar. Revolver d.S. (Cargo Records).
Sarsaparilla bei Myspace.

Sarsaparilla live 2011:
16.2.: Soupanova, Berlin
24.2.: Joe’s Bar, Berlin
16.4.: Mr. Dead and Mrs. Free, Berlin
25.4.: Pony Bar, Hamburg

Bachar Mar-Khalifé: Oil SlickIm Rausch der düsteren Kammer

Dieser Exillibanese und Sohn von Marcel Khalifé ist ein begnadeter Musiker, der auf seinem Debütalbum seine ganz eigene Version von Kammermusik entwirft. Unterstützt wird er von drei Kommilitonen vom Boulogne Konservatorium an Klavier, Schlagzeug/Synthie und Bass. Er selbst spielt Klavier und Percussion und tourte mit Francesco Tristano, Carl Craig und Moritz von Oswald. Es handelt sich bei diesem Album um weitreichend instrumentale Entwürfe einer Klangwelt, zu der man sich Zeit nehmen muss. Gerade die über zehn Minuten währenden Epen „Maree Noire“ und „+ NTFntf“ haben eine längere Aufmerksamkeitsspanne verdient. Die Kompositionen steigern sich mitunter in einen filmischen Rausch, in dem auch die Nebentöne noch eine gewichtige Rolle spielen. Definitiv keine Musik für nebenbei. Aber eine, die auch beim zehnten Mal Hören noch eine ungeheure Tiefe zu offenbaren hat. (TK)

Bachar Mar-Khalifé: Oil Slick. Infiné (Al!ve). Zur Homepage von Bachar Mar-Khalifé.

Saroos: See Me NotFrickelei muß nicht in den Wahnsinn führen

Eine Scheibe wie ein Sog aus Geräuschen. Odd Nosdam von Anticon war ursprünglich ’nur‘ als Produzent vorgesehen, gesellte sich aber währenddessen als eine Art viertes Bandmitglied zur Urformation aus Florian Zimmer (iso 68) und Christoph Brandner (Lali Puna) hinzu. Beide hatten einige Zeit vorher schon Max Punktezahl (The Notwist) im Projekt willkommen geheißen. Mit diesen Namen verbindet sich zwangsläufig auch schon ein klanglicher Entwurf, hier wird gezischelt und gefiepst, was das Zeug hält. Dennoch gelingt es den Vieren, den ganzen Wahnsinn auf irgendeine Weise noch stringent zusammenzuführen, sodass wir nicht in einer chaotischen Klangkonstruktion landen, sondern in einer äußerst erfrischenden Art von instrumentalem Pop. Ja, Pop ist auch dieses Werk, auch wenn der äußere Eindruck zunächst erstklassiges Indie-Electronica-Nerdtum erwarten lässt. Doch mit ihren verzerrten Stimmpartikeln und finsteren Sounds entwickeln sich aus dem Subtext heraus wunderschön flirrende Songs, die ohne wirkliche Stimmen oder Refrains auskommen. (TK)

Saroos: See Me Not. Alien Transistor (Indigo). Mehr Informationen zu Saroos.


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