Geschrieben am 8. Februar 2014 von für Crimemag, Film/Fernsehen, Kolumnen und Themen

Klaus Kambergers Tipps für Drehbuchschreiber

fernsehenKleiner Griff in die Krabbelkiste für Drehbuchschreiber

‒ Klaus Kamberger ist schon eine ziemlich lange Zeit dabei, beim Krimis-im-TV-Schauen. Und deswegen kann er vieles nicht mehr hören und wartet nur, bis sich der nächste Schwachsinn realisiert. Deswegen ist auch er hilfreich und gut – help yourself, please …

Als „Frage aller (Krimi-)Fragen“ ortete (und tadelte) kürzlich der Kollege Gertz in der Süddeutschen die unaufhaltsame Inflation der Floskel aus Ermittlermund: „Hatte er Feinde?“ Abgesehen davon, dass es manchmal auch „sie“ heißt, hat G. schon recht. Und mit der Anmerkung, dies sei ein Satz „aus dem Stehsatz der Fernsehmuseums“, hat er gleich noch einmal recht.

Trotzdem zweimal Einspruch, lieber Kollege. Nicht nur, weil ja das Fernsehen mit dem Stehsatz als solchem eher fremdeln dürfte (vor allem aber, weil wohl mancher Leser, sagen wir, unter 35, kaum mehr wissen dürfte, was das denn ist), und dann, weil doch erhebliche Zweifel angemeldet werden müssen, ob wir es hier tatsächlich schon mit der „Frage aller Fragen“ (vulgo: Phrase aller Phrasen) zu tun haben.

Wie wäre es stattdessen etwa mit:

  • „Ich war das nicht. Das müssen Sie mir glauben“?
  • Oder: „Das habe ich nicht gewollt“?
  • Oder: „Er/sie lag schon da, als ich ins Zimmer kam“?
  • Oder aber: „Wer macht denn so was“? (Das klingt doch, mit Verlaub, am rekordverdächtigsten, oder? Weitet sich hier die Frage nach Tat und Täter letztlich aus in ihre quasi metaphysische Dimension. Oder irgendwie so …)

Wie dem auch sei, geben wir obige Liste doch einfach zur allgemeinen Abstimmung frei. Interaktives Kommunizieren ist ja schwer angesagt, und darüber hinaus erspart uns das die Durchblätterei von zig Drehbüchern plus Anfertigung einschlägiger Strichlisten. Es zählt die gefühlte Phrasendresch-Ausbeute.

Doch damit nicht genügt. Wir könnten nämlich gleich ein paar einschlägige Fliegen zusätzlich abklatschen. Sozusagen Hitlisten en masse:

  • Top-Rollennamen, sei es von Helden, sei es von Opfern. Keine Bange, Meier, Schmitz und Schulze rangieren weit hinten; aber wie wär’s mit „Steiner“ (verdächtig häufig)?
  • Top-Vornamen (vorzugsweise weiblich). Für viele Jahre lag „Laura“ einsam in Führung, aber mittlerweile haben „Marie“ und „Leonie“ mächtig aufgeholt, während „Klara“ langsam schon kein Geheimtipp mehr ist.
  • Top-Orte, in denen Ermittler sich über den Stand ihrer Ermittlungen austauschen. Lange Zeit an der Spitze: der Billard-Tisch, an dem sie sich Indizien, Theorien und Mutmaßungen zuspielten; derweil allerdings eindeutig abgelöst vom Würstelstand, dem Stehcafé und dem abwechselnd mit Futter zu bestreuenden Aquarium.
  • Top-Beschäftigungen der Verhörten beim Verhör (zur Vermeidung schlichter Schnitt- und Gegenschnitt-Techniken): Geschirrspülen bzw. Gemüseputzen (so weit befragte Person weiblichen Geschlechts) bzw. Holzhacken oder Reifenwechseln (eindeutig männlich).
  • Top-Ausreden: „Wieso ich das nicht erwähnt habe? Sie haben mich ja nicht danach gefragt“?

DSC_0402Was nun vielleicht noch fehlt, ist eine Vorschlagsliste für all die Macken, unter denen heutzutage im Krimi nicht etwa die Täter zu leiden haben (die hat der Psychokrimi längst so ausgewalzt wie Mario seinen Pizzateig), sondern die Kommissarinnen und Kommissare, die man ja auch schließlich mal als Menschen (und nicht nur als Derricks) betrachten sollte. Wobei die allgegenwärtigen Beziehungsprobleme (Achtung: nie geregelter Feierabend!) außen vor bleiben können (bereits zu ausgelutscht). Doch wie wär’s mal mit einem Kommissar, der nicht etwa alleinerziehend seinen schwulen Sohn an den wichtigtuerischen SEK-Chef verliert, sondern ganz normal seine Frau liebt, aber gleichzeitig auch den blondlockigen Kommissarsanwärter und seinen Golden Retriever? Alle drei! Oder mit einer Kommissarin, die sich ausgerechnet in die eigene Schwiegermutter verliebt? Gar nicht zu reden von dem (klar doch: erzkonservativen) Kriminaloberrat, der fetischhaft Socken von verurteilten Tätern sammelt, allerdings nur immer die linken und immer nur die von Pädophilen?

Ach ja, ein weites Feld, das es da noch zu bestellen gibt, nicht wahr?

Klaus Kamberger

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