Geschrieben am 1. März 2014 von für Crimemag, KickAss

KickAss – Bloody Splinters aus dem täglichen Wahnsinn

kickassWarum uns Krimis weiterhin verblöden werden müssen

„In keinem Land der Welt werden TV-Krimis so stark nachgefragt wie in Deutschland. Dadurch bleibt eine adäquate Begleitung der Gegenwart aus.“ Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, womit Nico Hofmann, einer der wichtigsten Fernsehproduzenten Deutschlands, den jämmerlichen Zustand des deutschen Mainstream-Fernsehprogramms begründet. Ein KickAss von Alf Mayer.

Diese Selbstaufforderung zum Harakiri aller Programmverantwortlichen wegen Krimi-Missbrauchs in gleich mehrfacher Hinsicht fiel bei einem „Bürgergespräch“ der FAZ in der Frankfurter Alten Oper am Dienstagabend, 25. Februar 2014. Thema des Abends: „Das Fernsehprogramm – ein Dauerärgernis“.

Dass es in Deutschland keine Polit-Serien wie „House of Cards“ oder das dänische „Borgen“ gebe, hängt, laut Hofmann, mit den echten Politikern zusammen. Seltsame Argumentation von Gartenzwergen für Gartenzwerge. Momo und die grauen Männer machen alles Kreative kaputt?

Die Fernsehspielchefin des Hässlichen Rundfunks ergänzte, dass, wer solche Serien hier gedreht sehen wolle, ein anderes Fernsehsystem brauche und wolle. Erst das Bezahlfernsehen mache so etwas möglich. Aha, lernen wir, ARD und ZDF sind also gar kein Bezahlfernsehen? Stimmt, Gebühren werden entrichtet. Zwangsweise. Das ist kein noch so kleiner Anteil dabei, den man wie bei den Privaten „für“ etwas freiwillig bezahlt.

Die erste Staffel von „House of Cards“ habe an die 100 Millionen Euro gekostet. Constantin-Film hat das gerade alleine für den 3-D-Film „Pompeij“ gestemmt, für Bibel-Koproduktionen und ähnlichen Mehrteiler-Schmonzes kommen bei ARD & ZDF im Jahr auch mindestens vier Pakete à 25 Mio zusammen, von Sportrechten zu schweigen. Aber Frau Hempel hat vermutlich Recht, für so etwas wie „Borgen“ bräuchte es tatsächlich einen Systemwechsel – im Kreativ- und Prioritätensystem der deutsch-förderalen Funzhäuser.

Dass es in Deutschland keine Polit-Serien wie „House of Cards“ oder das dänische „Borgen“ gibt, hängt ganz sicher mit den echten Programm- und Produktionsverantwortlichen zusammen. Wie sagte doch Bertrand Tavernier einmal: „Für viele meiner Kollegen ist die Realität nicht mehr modern.“

PS. 31,814 Milliarden Euro nehmen ARD, ZDF und Deutschlandradio von 2013 bis 2016 an Gebühren ein. Das sind 310 mal „House of Cards“ für drei Jahre, mal beiseitegelassen, dass Sendungen solchen Kalibers sich durch internationale Verkäufe, Werbeeinnahmen und Sub-Lizenzen ordentlich amortisieren und im Gegensatz zum normalen Fernsehprogramm nicht aus dem Fenster geschmissen sind. Allen Ernstes wollen uns da eine der 14 Programminhaltsgrößen der ARD und ein GröBuPro (Größte-Budgets-Produzent) mit einem 100-Milliönchen-Schreckgespenstchen mundtot unters Sofa jagen?

Vor 30 Jahren habe ich relativ nah miterlebt, wie ein einzelner „verrückter“ Kreativer names Edgar Reitz für die erste Staffel „Heimat“ bei drei Fernsehanstalten um die 14 Millionen Mark für immerhin vierzehneinhalb Programmstunden bestes Fernsehen frei presste. Ein Einzelner. Da sind wir immer noch nicht weiter? Sandmännchen, wo bist du? Schütt’ deinen Eimer aus auf diese Schnarchsäcke.

Alf Mayer