Geschrieben am 31. Dezember 2019 von für Highlights 2019

CulturMag Highlights 2019, Teil 9 (Müntefering – Mylo – Nisbet – Noller)

Marcus Müntefering –
Ingrid Mylo –
Andrew Nette –
Jim Nisbet –
Ulrich Noller –

Marcus Müntefering

Krimi-Favoriten 2019 (in der Reihenfolge ihres Erscheinens):
Attica Locke – Bluebird, Bluebird (Polar)
Jonathan Lethem – Der wilde Detektiv (Tropen)
Don Winslow – Jahre des Jägers (Droemer)
James Sallis – Willnot (Liebeskind)
George Pelecanos – Prisoners (Ars Vivendi)
Liza Cody – Ballade einer vergessenen Toten (Ariadne)
William Boyle – Einsame Zeugin (Polar)
Declan Burke – Slaughter’s Hound (Edition Nautilus)
Sarah Schulman – Trüb (Ariadne)
Anthony J. Quinn – Gestrandet (Polar)

Wiederentdeckungen:
Joan Didion – Das Letzte, was er wollte (1996, Neuauflage bei Ullstein). Ihre kühle wie kühne Aufarbeitung des US-amerikanischen Involvements in Nicaragua in den Achtzigern ist für mich das Buch des Jahres. Was auch einiges über den Jahrgang 2019 aussagt.

Jörg Fauser – Rohstoff, Das Schlangenmaul. Die schöne Neuauflage bei Diogenes zeigt, wie gut diese Romane aus den Achtzigern gealtert sind. Gibt leider heute in Deutschland kaum noch Autoren wie ihn (oder Ulf Miehe).

Erwähnenswert: die Neuübersetzung von Raymond Chandlers Der große Schlaf bei Diogenes (bin noch nicht sicher, ob sie gelungen ist), und die optisch wunderschöne Neuauflage von Dan Kavanaughs (alias Julian Barnes) Duffy. Die doch arg verstaubt klingenen Übersetzung hätte eine Überarbeitung vertragen.

Jubiläum: Drei Jahre machen Simone Buchholz und ich jetzt den Krimitalk „Trio mit 4 Fäusten“ in der Hamburger Bar 439. Unsere Gästeliste dieses Jahr:

Conny Lösch (Übersetzerin, u. a. Ian Rankin)
Thomas Halupczok (Suhrkamps Krimi-Lektor)
Edgar Rai („Im Licht der Zeit“)
Graeme Macrae Burnet („Sein blutiges Projekt“)
Susanne Saygin („Feinde“)
André Georgi („Die letzte Terroristin“)

Toll: Jeder Abend ist anders, jeder ein Vergnügen. Auch dank des treuen Publikums. Seltsam: Viele selbsternannte/sogenannte Krimispezialisten haben sich noch nie blicken lassen.

Deutschland: Wieder einmal enttäuschend: Gutes von bewährten Kräften, also Ani, Annas, Buchholz, Pflüger, Steinfest. Ansonsten viel Mittelmaß, kein Nachwuchs in Sicht, das wenige Ambitionierte gescheitert. Einsame Ausnahme: Johannes Groschupf zeigt mit seinem Roman Berlin Pepper, wie politischer Thriller funktioniert. 

Verlage: Wenn sich jemand um den Kriminalroman besonders verdient gemacht hat in diesem Jahr ist das Else Laudan mit Ariadne. Im Herbst gelang ihr das Triple mit fantastischen Romanen von Sarah Schulman, Hannelore Cayre und Denise Mina.

Krimis machen 4/Crime Cologne: War natürlich ein schönes Hallo und „Du auch hier“ und so. Mir fehlte aber bei vielen Teilnehmern ein wenig die Bereitschaft, eigene Positionen auch mal zu hinterfragen. Vielleicht sollte man über eine inhaltliche Neuausrichtung nachdenken, falls es ein nächstes Mal geben sollte. Einer der wenigen echten Höhepunkte war für mich Frank Nowatzkis sehr offene und präzise Analyse seines Umgangs mit dem Rechtsaußen-Autor Thor Kunkel. Davon bitte mehr – und dafür weniger sinnlose Grabenkämpfe und Abzählerei.

Viele bekannte Gesichter auch bei der Crime Cologne, die jedes Jahr ein bisschen besser wird, und wo ich dieses Jahr viel Spaß hatte, nicht nur weil ich Simone und „Hotel Cartagena“sowie gemeinsam mit dem Kölner Urgestein Gerd Köster einen Jörg-Fauser-Abend moderiert habe. Besonderer Dank geht hier an Dominic Hettgen von Emons, der einen unglaublichen Job gemacht hat.

Krimirezeption: Liegt es am eher durchwachsenen Jahrgang 2019, dass immer weniger Krimis besprochen werden? Oder ist es nur so ein Gefühl (bzw. ein Floh, den Kirsten Reimers mir ins Ohr gesetzt hat)? 

Tiefpunkt war das herbstliche Krimi-Special der „Süddeutschen Zeitung“, das zwar seitenstark, dafür aber inhaltsarm war – vielleicht mal Kritikerinnen und Kritiker fragen, die etwas vom Genre verstehen? Dann klappt’s auch mit der Auswahl der relevanten Titel. Immerhin: ein schönes Essay von Simone Buchholz hat den Kauf gelohnt.

Weiterer Tiefpunkt: Dass unsere Krimi-Bestenliste nicht mehr in der Printausgabe der „FAZ am Sonntag“ veröffentlicht wird. Aber eigentlich: Print, wen interessiert das noch?

Größte Enttäuschung: Martin Scorseses Netflix-Epos „The Irishman“ – The Muppets go Mafia. Überlang, überlahm, überflüssig.

Aussicht: 2020 kann nur besser werden, auch wenn die Vorschauen nicht allzu viel Hoffnung machen. Immerhin: Der Polar Verlag mit Herausgeber Wolfgang Franßen bringt eine vielversprechende zweite Reihe an den Start – und eröffnet das neue Krimijahr mit der fantastischen Attica Locke.

Trost: Die Goldenen Zitronen„Das war unsere BRD“ (Song und Video des Jahres)

Marcus Müntefering schreibt für Spiegel Online, stellt für CrimeMag seine „Bloody Questions“ an internationale Autoren. Zusammen mit Simone Buchholz veranstaltet er in der Hamburger Bar 439 das mittlerweile legendäre „Trio mit vier Fäusten“, Termine hier. Hier seine Präsenz auf CrimeMag.    

Ingrid Mylo: „Wo ist Osten, mitten in der Nacht“

Ingrid Mylo © privat

Kjell Askildsen: Assoziationen im freien Fall

            Bei Kjell Askildsen waren es nichtmal elf Sätze, dann wußte ich: das wird eine Sache fürs Leben. Woran liegt das, daß man bei einem Schriftsteller ziemlich schnell spürt: von dem läßt man nie mehr, den liest man, bis nichts mehr von ihm zu haben ist. Und dann liest man ihn, stellenweise, seitenlang, immer wieder. Seit zehn Jahren, als bei Luchterhand unter dem Titel ‚Ein schöner Ort‘ eine Auswahl von Kjell Askildsens Kurzgeschichten erschienen ist, warte ich auf mehr, jetzt endlich liegt im selben Verlag sein Gesamtwerk vor, zwei dicke Bände, längst nicht genug. Seine Sätze tragen, über Abgründe, durch schwere Zeiten, über die Nacht hinaus. Er redet nicht von Glück, er redet von Männern, die ihre Frauen nicht kennen, mit denen sie trotzdem zusammen sind und obwohl sie sich unverstanden fühlen von ihnen. Also sitzen die Männer des Abends unten im Wohnzimmer und trinken, bis aller Widerstand aufgebraucht ist, während die Frauen oben im Schlafzimmer liegen und warten. Oder die Frauen sitzen im Sessel und weinen so lange, bis die Männer fragen, warum sie weinen. Dann zucken sie die Achseln. Glück sieht anders aus.

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            Erst vor kurzem hab ich den Satz gelesen in Julian Barnes’ Buch mit dem unglaublich blauen Umschlag, in dem er so malerisch über Bilder schreibt und die Art, sie wahrzunehmen. Und weil der Satz nicht von Barnes ist, er ihn lediglich zitiert, hab ich vergessen, wer das wirklich gesagt hat, wahrscheinlich Cechov: daß, wer die Einsamkeit fürchtet, nicht heiraten darf. Aber die Männer bei Askildsen fürchten die Einsamkeit nicht, sie ist ihnen vertraut seit je: warum sollte sie ihnen da nicht auch in die Ehe folgen, alles andere käme ihnen unnatürlich vor. Nur die Frauen werden manchmal verrückt vor Alleinsein. „…unzufrieden und einsam, alle sind es, sie wissen es nur nicht, oder sie haben einen anderen Namen dafür“, heißt es in ‚Johannes’ fröhliche Beerdigung‘.

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            Askildsen schreibt viel von der Sonne: sie ist nicht das, was sie scheint. Die Sonne „verfügt über die Fähigkeit zu betrügen“ (‚Jetzt bringe ich dich immer bis nach Hause‘), sie „verbrennt alles, was dem Leben einen Sinn verleiht“ (‚Umgebungen‘), sie blendet so, daß man den Freund nicht erkennt (‚Herr Leonard Leonard‘), und Flugzeuge verschwinden in ihr (‚Umgebungen‘). Die Sonne ist scharf (‚Der Zusammenstoß‘) und unbarmherzig (‚Davids Bruder‘, ‚Alles wie vorher‘). Auf der anderen Seite ist sie wohltuend (‚Ingrid Langbakke’), vollführt im Traum „einen Satz am Himmel“ (‚Da liegt der Hund begraben‘) und ohne sie „wären die Dinge nur, was sie sind“ (‚Davids Bruder‘). Die Sonne ist so wandelbar wie die Situation, in der sie gesehen wird.

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            Askildsen schreibt auch viel über die Angst: weit über hundert Mal fällt das Wort, im ersten Band öfter als im zweiten: im Laufe der Seiten verliert sie langsam ihren Schrecken. Oder es gilt, was ein Schriftsteller (wer? das war vor Jahren und Jahren, und ich komm nichtmal mehr in die Nähe seines Namens) einst über die Grausamkeit sagte: daß man ihr, wie aller Dinge, einmal müde wird. Sehr zur Erleichterung derer, denen sie gilt.

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            „Sie erzählte als Nebenbemerkung zu irgendetwas, daß sie ab und an Befriedigung empfinde, wenn sie Schokoladenpapier oder Ähnliches auf den Gehsteig werfe; das Komische ist, sagte sie, daß es mir ein schlechtes Gewissen macht.“ (‚Gustav Herre‘)

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            Was sonst bei Askildsen oft Erwähnung findet: Schuld, Trauer, Wut, Haß und Häßlichkeit, Scham, Verzweiflung, der Drang, sich zu entschuldigen, Selbstmitleid, Blicke und Blicke: wie die während einer Ermittlung geknüpften Verbindungen auf der Pinwand in den Polizeirevieren, die irgendwann auf den Täter verweisen, Ohnmacht, Niederlagen, Familienfotos an den Wänden: manchmal werden sie zerstört, Beerdigungen, Schweißflecken, Leere, Zigaretten, Kneipen und Cafés, Regen, Ferngläser, Wein, Gärten, das schlechte Gewissen, das in den späteren Geschichten zur Gewohnheit geworden ist, Augen, Stille, Stühle, Butterbrote, Gedanken, Fenster, Fenster und Fenster.

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            Wie die Gemälde von Vilhelm Hammershøi: die Fenster, die Türen: und durch die Türen, wenn sie offenstehen, die Leere anderer Zimmerfluchten und am Ende wieder die Tür. Das Leben spielt sich in einem engen Rahmen ab, in den Räumen: sparsame Arrangements mit dem gerade mal Nötigsten. Viel Dunkelheit, viel Weiß: und auf den Zimmerböden der Schatten des hereinfallenden Tages. So zu malen, daß das, was da ist, nur der Abzug seines Negativs ist. Und die Spiegel sind blinde Flecken. Wissen wir immer, was wir sehen?

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            „Er schloß die Tür auf, und alles, was ihm begegnete, war zur Verwechslung dem Gewohnten ähnlich.“ (‚Sonnenhut’)

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            Der weiße Stuhl, der bei Hammershøi wieder und wieder auftaucht, der Tisch, das Klavier, das Sofa, die Fenstergitter, die gesenkten Frauenköpfe: auf einen Brief, auf ein Buch, auf eine Handarbeit, der Ofen, die Kerzenhalter. Immer dieselben Dinge. Beschränkung aufs Wesentliche. Und Askildsen: fußt auf immer denselben Begriffen. So wenig Worte: wie unendlich viel hat er damit gesagt.

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            Und wie viel hab ich nichtmal gestreift: die oft aberwitzigen Gedankengänge seiner Figuren. Überhaupt: das Komische bei ihm, das gar nicht immer so intendiert sein mag: aber wie gut das tut, das Knorzige, mit dem seine älteren Männer gesegnet sind, zu lesen: und zu lachen. „Leute, die ans ewige Leben glauben, sind nicht ganz zurechnungsfähig, man weiß nie, was denen einfällt,“ denkt Thomas F. in seinen letzten Aufzeichnungen für die Allgemeinheit. Oder: die Zeit, die oft bei ihm verspringt wie ein angeschnittener Ball: und dann findet ein und diesselbe seltsame Begegnung auf dem Hodeberg zweimal nacheinander statt (und in einer viel späteren Erzählung eine Variation davon im Wald), und es ist (und nicht nur da), als sei Kafka aus dem Kalender gefallen. In Cechovs ‚Perpetuum Mobile‘ spielt die Zeit ähnlich verrückt: und der Arzt fährt immer wieder aufs Neue mit der Kutsche durch die Nacht. Und wenn Wladimir den Glauben an Godot aufgegeben hätte, während Estragon immer noch unter dem Baum steht und wartet. Ach, die Großen der Literatur hängen doch alle auf irgendeine Art zusammen. Oder (zurück zu Askildsen): der Grund zu leben, der einzig darin liegt, „keinen Grund zu sterben“ zu haben (‚Wartezeit‘), und an einer ganz anderen Stelle (die ich nicht mehr finde: es stecken höllisch viele Markierungszettel in den beiden Bänden) steht in etwa, wer nichts hat, wofür er lebt, hat auch nichts, wofür er sterben kann. Und man hört Townes Van Zandt von der dreckigen Straße singen, von der er nicht weiß, wohin sie führt, und „Sometimes I don’t even know the reason why // But I guess I keep a-gamblin‘ // Lots of booze and lots of ramblin‘  // Well it’s easier than just a-waitin‘ around to die.“

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            „Jetzt wird sie so tun, als ob nichts passiert wäre. Dann dachte ich: es ist auch nichts passiert.“ (‚Die Hunde in Thessaloniki‘). Keine Geschichten: Konstellationen. Windstill und welterschütternd. Obwohl nichts geschieht, ist danach alles anders: und im Grunde so, wie es war. Wenn sich die Lichtverhältnisse ändern – durch eine heimliche Beobachtung, eine verbrannte Spielkarte, ein Glas zuviel, einen geöffneten Kulturbeutel –, bewegen sich die Schatten: nicht die Gegenstände, die sie werfen. Alles bei Askildsen ist wunderbar klar und von äußerster Einfachheit, alles tritt deutlich zutage: selbst das Nichterwähnte. Das Rätselhafte sowieso: wer versteht schon, was ein Tisch wirklich ist. Wir begreifen nichtmal, daß wir es nicht verstehen. Wir denken nicht darüber nach. Bis wir Askildsen lesen. Seine Sätze machen uns real.

© 2019  ingrid mylo

  • Kjell Askildsen: Das Gesamtwerk / 2 Bände ( mit Begleitheft im Schuber). Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Luchterhand, München 2019. 558 S. / 495 Seiten, 48 Euro.

Ingrid Mylo lebt in Kassel. Ihre Internetseite und eine vollständige Bibliografie hier. Im Herbst 2020 erscheint im Verlag Edition Azur ihr Gedichtband Überall, wo wir Schatten warfen.

Andrew Nette: M and my top 10 reads

It is no exaggeration to say I have been eagerly anticipating Samm Deighan’s monograph of Fritz Lang’s 1931 film. I love the film and I am a big fan of Deighan’s movie writing, so the combination is bound not to disappoint. And it didn’t.

As Deighan puts it in her introduction, „M“ exists in a liminal space between urban social drama, crime thriller, and horror film’. It was arguably the first serial killer film, long before the FBI coined the term in the early 1970s. Anchored by a superb performance by Peter Lorre as the paedophiliac child killer, Hans Beckert, it was certainly the first motion picture in which a serial killer was the central protagonist. Another crucial innovation was the way in which Lang depicted the character of Beckert in a not entirely unsympathetic light. This same sensibility would have a influence on some subsequent serial killer cinema, most notably in Alfred Hitchcock’s 1960 horror/thriller, „Psycho“.

Deighan discusses „M“’s broader social and political themes, including the film as a critique of modernity and a text for Germany on the brink of totalitarian control, appearing as it did a year before the Nazi’s assumed power and Lang had to flee the country.

Another fascinating aspect of the book is the discussion of how the themes in „M“ would echo in Lang’s subsequent work, particular the threat of the lawless mob violence and what is perhaps the director’s most defining idea, how even the most noble individual is capable of brutal murderous thoughts and actions. The monograph also contains a terrific discussion of 1920s and early 1930s expressionist German cinema and the how it reflected social, economic and political trends in Germany, in general, and Berlin, in particular, during that time.

My only beef with this book was that it did give not more than a cursory mention to Joseph Losey’s strange but, in my opinion, compelling 1951 remake of Lang’s work. This is first class film writing and one of a number of excellent monographs that have been released by Auteur publishing. Full disclosure, Auteur’s science fiction series, Constellations, published my book on Norman Jewison’s 1975 film, „Rollerball“. In addition to „M“ (which is published by their Devil’s Advocates series on horror cinema), this year I also thoroughly enjoyed Nick Riddle’s monograph on Losey’s „The Damned“ (1963), and am eagerly awaiting Kate Ellinger’s take on the wonderfully weird 1971 Euro-vampire flick, „Daughters of Darkness“, and Martyn Conterio’s upcoming book on „Mad Max“ (1979)

The rest of my top 10 books for 2019, in no particular order, are:

False Dawn, Chelsea Quinn Yarbro
I have been reading a lot of science fiction for the third and final pulp and popular fiction book I am co-editing for PM Press, provisionally titled, Dangerous Visions and New Worlds: Radical Science Fiction, 1950-1980, and the 1978 work, False Dawn was one of the best. A great slice of feminist dystopian writing.

Kill all Normies: Online Culture Wars from 4chan to Trumblr to Trump and the Alt Right, Angela Nagle
Trying to understand the political clusterfuck that much of the world is in led me to Nagle’s excellent book. Another useful contribution in this area was Jeff Sparrow’s Trigger Warning: Political Correctness and the Rise of the Right.

Nada, Jean Patrick-Manchette
“Don’t tell me you’re a Maoist?”
“I’m not a complete idiot,” answered Cash.
I adore Machette’s work and this book, about a kidnapping gone wrong set amidst the crumbling, dissolute world of post-1968 Paris radical politics, and full of cutting asides about the French left and right, is one of his best.

The Godmother, Hannelore Cayre
Another French book, this thin slip of a book is a wonder of noir storytelling. Think a middle class, female, French version of the TV show „Breaking Bad“, but waaaaaay better.

Rosemary’s Baby, Ira Levin
I have steadily worked through worked Levin’s catalogue this year in an effort to discover what made him so successful. He’s just an amazing storyteller, as evidenced by this book, which combines an easy prose style with the masterful pacing in terms of the subtle and restrained release of plot points, particularly around the way that Rosemary’s husband sets her up as the mother of Satan’s child.

Andrew Nette joins us from Australia; he is a Melbourne-based crime writer, reviewer, movie buff and pulp scholar. His blog Pulpcurry is what it says, and is one of the best around, we are happy to have connected with him so easily. He is the author of two novels, Ghost Money, a crime story set in Cambodia in the mid-nineties, and Gunshine State, a heist novel who can stand up to Richard Stark, Garry Disher und Wallace Stroby (the later two also in this Year’s End Issue). Here are CrimeMag reviews of Girl Gangs, Biker Boys, and Real Cool Cats. Pulp Fiction and Youth Culture, 1950 to 1980 and, just recently out: Sticking it to the Man. Revolution and Counterculture in Pulp and Popular Fiction, 1950 to 1980.

Jim Nisbet

Thirty-five books, I read in 2019, not including titles of which I made it to twenty-odd pages and set aside, or even threw against the wall. Herebelow, a sampling…

Tierra del Fuego and Cape Horn, two collections of stories by the Chilean author Francisco Coloane. Consistent with American literary xenophobia, despite that Coloane remains an author highly regarded not only by his native country but also by much of the rest of the world, very little of his work is available in English, and, in reading these two collections, it’s hard to understand why, for he was a very good writer. Jack London’s Tales of The Fish Patrol come to mind, as do Conrad’s Mirror of The Sea and The End of The Tetheras do Slocum’s adventures in the Straits of Magellan, ditto B. Traven’Treasure of The Sierra Madrea lucid probity and strength of voice that remind me of Cesare Pavese — oddly enough, for Coloane and the latter couldn’t be more different. Big weather, desperate men, nights that are truly dark, hopeless feinting endeavors enacted against vast frozen windswept and lawless mountainscapes vividly viewed as if through the wrong end of the telescope; or feeble gesticulations against an invidious breaking wave looming over the transom viewed from the correct end. It appears that virtually all of Coloane, including a novel or two I’d much like to read, has been translated into German, French, and a host of extra-Anglophonic languages. Those of you who read in them, be grateful.

The last book I read in 2018 didn’t make it into that year’s summary, so I include it here. Sophisticated Giant: The Life and Legacy of Dexter Gordon, by Maxine Gordon, Dexter’s wry and supersmart wife, puts the reader squarely on the scene of the creation of some of the most important music of the 20th century. Plenty of anecdotes frank, salty, amusing, appalling. Dexter’s two favorite words in the English language: “sold” and “out”. Dexter saw and did it all, including a stretch in San Quentin, and somehow lived to tell the tale, mostly to his wife, who tells it to us. It’s a remarkable story, the survival of which is perhaps its least likely aspect. “Dexter,” Maxine quotes Dizzy Gillespie, “should leave his karma to science.”

Analog DaysThe Invention and Impact of The Moog Synthesizer, by Trevor Pinch and Frank Trocco, retails an effervescent aspect of the sixties that I can dig, and I don’t say this spuriously, for most of the culture-mill arrogation re: The Sixties gives me a rash from afar, like, as goes the expression for the perimeter around the cultural Chernobyl known as ‘The Sixties’ the in C=2∏r isn’t big enough. But as goes the history of the synthesizer as a musical instrument? My mind is open. It’s a fascinating story, the details of which the two authors, through painstaking research and interviews with many extant principals, have reliably distinguished as wheat or chaff. Lots of pictures of knobs. And of people wearing feathers.

The Fat YearsKoonchung Chan: Chinese science fiction, Chinese science fiction, Chinese science fiction.

I spent 2019 being 72 years old, which will certainly be neither here nor there in the Big Picture, and is in fact nearly impossible to explain to someone who hasn’t had the experience, but of which at least one characteristic I can semi-guarantee is the rereading of the classics while holding on to the grab bars in time’s winged chariot. ‘Classic’, in this highly speciated context, referring to that which impressed one at one time or another, and is thus deemed revisitable if only for re-certification (a least avoir dupois reason).

For, indeed, or at least until the near-side satellites of the vaunted year referred to, I am one to reread very little, with a few notable exceptions — notable to me, anyway — and all of the titles listed below have long been on that short list. 2019 saw a reread, for example, of Remembrance of Things Past, by Marcel Proust, which, in its current and best English incarnation, is comprised of six volumes. Summation: other writers, please fold your pair of tens and head for the parking lot. Really. This year’s was my third pass. I originally read the Scott Moncrieff translation, the first done in English one hundred years ago. (Interestingly, as you already know, Proust died before he really got finished with À la recherche du temps perdu; but, perhaps less known, Scott Moncrieff died before he finished translating it; and even less known is that D.J. Enright, whose polish of Moncrieff’s translation is here under consideration, died before he finished his work, leaving his wife to complete it. (Ten or fifteen years ago, yet another translator, well-known for his other work in French-to-English, accepted a handsome advance to affect a completely new English translation of Proust’s masterwork; on second thought, he returned the money.)) I was young and busy and my first pass took three years. The next time, probably twenty years later, it took a year or so. This time, it took three months — partially due to the high quality of the translation, partially due to the amount of time I had to devote to the delectation. And delectation it was. Let’s see. How about, “Everybody has his own way of being betrayed, as he has his own way of catching cold.” Or, “Love is time and space made perceptible to the heart.” I have other quotable passages as long as this book review. Is it time to read it again?

Then came, again yet, The Charterhouse of Parmaby Stendhal. I’ve lost track of how many times I’ve read this book. Vis à vis the pair of tens, see above. Nearly all of my French friends, many of whom were forced to read this novel in school, question my enthusiasm. That being said, I think I have read all of the English translations ever made — of which there are nine examples on my Stendhal shelf — certainly because I’m just too impatient to read the original, but mainly because I love the book. For the moment, let me just note that the translation read in 2019, by one John Sturrock, has eclipsed my previous favorite, made by the prolific Lady Mary Loyd and published in 1901, which might have been the first translation into English — 62 years after publication of the original. I’m hardly alone to consider the Duchess Gina Sanseverina one of the great female characters in all of literature, but, if so, it’s because she has been engendered by, well, literature.

Finally, The Leopard, by Giuseppe di Lampedusa, perhaps the greatest of what I like to call sundown novels. Aside from the aforementioned and very different The End of The Tether I can’t really call to mind another sundown novel at the moment and, anyway, most of them would likely fall under the rubric of memoir, of which category The Leopard is decidedly not. There has only ever been one translation in English, first appearing in the late fifties, of which my current copy (of three) is a recent reprint. In the 70’s the book came back into print after having been out of print for quite a long time, but it now seems to have achieved some kind of steady state as a classic. Which, indeed, it is. The Visconti movie is good, by the way, and very faithful to the novel, but it’s not the novel. Wonderfully written, with just the right tone of regret, nostalgia, realism, sagacity, self-awareness, what we might call Italian-ness — plus, there’s a dog. Benedicó.

Funny: just as I’m writing this, I’ve become aware of the clock ticking away on the wall to my right. Notwithstanding the Chinese numerals on its face, which speaks for itself, it’s been doing its job the whole time, of course. But only while thinking about The Leopard have I become aware of it. As go metaphors for the experience of reading a sundown book, that will have to do.

Jim Nisbet, Jahrgang 1947, ist Autor von dreizehn Romanen und mehreren Lyrik-Bänden. In den letzten vierzig Jahren veröffentlichte er darüber hinaus diverse Artikel, Essays und Shortstorys in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien sowie ein Sachbuch über Bau und Design retro-futuristischer Möbel. Er lebt in San Francisco. Seine Romane bei Pulpmaster.

Ulrich Noller: Das eine oder andere Buch des Jahres 

Hier eine Auswahl der besten Bücher, die mir in diesem Jahr begegnet sind; ohne Anspruch auf Vollständigkeit. In aller Subjektivität. Ausführlichere Texte zu allen Tipps finden sich auf meines Blogs beim WDR, „Noller liest„. Und, versprochen, da ist noch einiges mehr an gutem (Lese-)Stoff zu finden Wer mehr wissen will über einzelne Titel – bitte die Suchfunktion des Blogs „Noller liest“ benutzen!

American Crime
– Sara Gran: Das Ende der Lügen (Heyne Hardcore)
– Attica Locke: Bluebird, Bluebird (Polar)
– Ivy Pochoda: Wonder Valley (ars vivendi)
– James Sallis: Willnot (Liebeskind)
– Melissa Scrivner Love: Lola (Suhrkamp)

Bestseller, die man lesen kann
– Saša Stanišić: Herkunft (Luchterhand)
– Maja Lunde: Die Letzten ihrer Art (btb)
– Ian McEwan: Die Kakerlake (Diogenes)
– Delia Owens: Der Gesang der Flußkrebse (Hanser Blau)
– Jackie Thomae: Brüder (Hanser Berlin)

Kriminalliteratur aus Australien
– Alan Carter: Marlborough Man (Suhrkamp)
– Garry Disher: Hitze (Pulp Master)
– Garry Disher: Kaltes Licht (Unionsverlag)
– Candice Fox: Missing Boy (Suhrkamp)

Mit “Migrationshintergrund”
– Tomer Gardi: Sonst kriegen Sie Ihr Geld zurück (Droschl)
– Dilek Güngör: Ich bin Özlem (Verbrecher Verlag)
– Abbas Khider: Deutsch für alle (Hanser)
– Katerina Polodjan: Hier sind Löwen (S.Fischer)
– Deniz Utlu: Gegen Morgen (Suhrkamp)

Genre aus Japan
– Kanae Minato: Schuldig (C. Bertelsmann)
– Fuminori Nakamura: Der Revolver (Diogenes)
– Hideo Yokoyama: 2 (Atrium)

Literatur aus Südkorea
– Hye-young Pyun: Der Riss (btb)
– Han Kang: Deine kalten Hände (Aufbau)
– Jeong Yu-jeong: Der gute Sohn (Unionsverlag)

Frankophoner Noir
– Hannelore Cayre: Die Alte (Frankreich, Ariadne)
– Joseph Incardona: Asphaltdschungel (Schweiz und Frankreich, Lenos Polar)
– Jonathan Robijn: Kongo Blues (Belgien, Edition Nautilus)

Noch mehr Literatur aus Frankreich
– Michel Houellebecq: Serotonin (Dumont)
– Édouard Louis: Wer hat meinen Vater umgebracht (S.Fischer)
– Leïla Slimani: All das zu verlieren (Luchterhand)

Aus Lateinamerika
– Jorge Comensal: Verwandlungen (Mexiko, Rowohlt)
– Melba Escobar: Die Kosmetikerin (Kolumbien, Heyne Taschenbuch)
– Eduardo Halfon: Duell (Guatemala, Hanser)
– Carla Maliandi: Das deutsche Zimmer (Argentinien, Berenberg)
– Geovani Martins: Aus dem Schatten (Brasilien, Suhrkamp)
– Lucia Puenza: Die man nicht sieht (Argentinien/Uruguay, Wagenbach)
– Karina Sainz Borgo: Nacht in Caracas (Venezuela, S.Fischer)

German Crime
– Friedrich Ani: All die unbewohnten Zimmer (Suhrkamp)
– Max Annas: Morduntersuchungskomission (Rowohlt)
– Brigitte Glaser: Rheinblick (List)
– Norbert Horst: Bitterer Zorn (Goldmann)
– Regina Nössler: Die Putzhilfe (Konkursbuch Thriller)
– Selim Özdogan: Der die Träume hört (Edition Nautilus)
– Plus, aus Österreich Bernhard Aichners Thriller Der Fund (btb)

Afrikanische Literaturen
– Abubakar Adam Ibrahim: Wo wir stolpern, wo wir fallen (Nigeria, Residenz)
– Christa Morgenrath/Eva Wernecke: Imagine Africa 2060 (Allerorten auf dem Kontinent, Peter Hammer Verlag)
– Chigozie Obioma: Das Weinen der Vögel (Nigeria, Piper)

Aus “unseren”Lesungen:
– Fernando Aramburu: Langsame Jahre (Rowohlt)
– Johannes Groschupf: Berlin Prepper (Suhrkamp)
– Norbert Horst: Bitterer Zorn (Goldmann)
– Olga Tokarczuk: Die Jakobsbücher (Kampa)
– Deniz Utlu: Gegen Morgen (Suhrkamp)

Bei der Gelegenheit: Tausend Dank ans Literatürk-Festival, an die lit.Ruhr, die lit.Cologne und die CrimeCologne!! 

Ulrich Noller, Journalist und Autor, checkt seit 1999 den Buchmarkt für WDR-COSMO – und sucht die Stecknadeln im Heuhaufen der vielen Neuerscheinungen. Egal, ob Trash, Unterhaltung oder „hohe“ Literatur, ihn interessiert vor allem eines: richtig gute Geschichten. Sein Blog Noller liest hier. Seine Texte bei CrimeMag hier.

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