Joachim Feldmann – Der Muret-Sanders (5. Auflage 1978), auch als Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache bekannt, schlägt für das Adjektiv „blithe“ folgende Bedeutungen vor: fröhlich, lustig, munter, vergnügt. Als veraltet werden hingegen die Übersetzungen „gütig“ und „freundlich“ markiert. Beide Bezeichnungen wären auch denkbar ungeeignet, um Frederic J. Frenger jun. zu charakterisieren. Denn der 28-jährige Gewohnheitsverbrecher aus Kalifornien hat während der langen Zeit, die er in staatlichen Institutionen verbringen durfte, eins gelernt: Altruismus führt zu nichts. Oder um es in den Worten Charles Willefords, der mit Frenger einen
Read More Nele Hoffmann – Neulich war ich bei einer Hochzeit, die diesen manchmal ohnehin skurril ausgeschmückten Ritus aus verschiedenen Gründen an Skurrilität noch weit übertraf, aber das wäre eine story of its own. Hier reicht es zu berichten, dass in den hinteren Rängen nur mit Mühe vielstimmiges Grölen und Schenkelklopfen unterdrückt werden konnte, als vorn am Altar mit vollem Ernst der Brief des Apostel Paulus an die Epheser, Kap. 5 Vers 22 verlesen wurde. Ja, genau: Die Weiber seien Untertan ihren Männern … Und schon sind wir bei Charles Willefords „Miami
Read More Alf Mayer – Ein Roman ist eine Fallstudie; die Fallstudie des Schreibers, und wenn er ehrlich geschrieben ist, wird er im Schweiß und in den Tränen des Künstlers gebadet sein. „Künstler“ ist ein selten zu verwendendes Wort. Es gibt Autoren, die Künstler in dem Sinne sind, wie ein Hersteller von Strapsgürteln ein Künstler ist. Wenn man zehn Strapsgürtel bestellt, bekommt man zehn Strapsgürtel. Wenn man eine Liebesgeschichte in der Länge von 3.000 Worten bestellt, wird man von einem guten Handwerker eine bekommen. Oder zehn. Ein Roman ist die Fallstudie eines
Read More readingMarcus Müntefering – Unser Bild von Miami schärfte sich in den Achtzigerjahren. Erst kam Brian De Palma mit seinem irrwitzigen „Scarface“-Remake, das die Stadt als Abenteuer-Spielplatz von Männern ohne Moral zeigte: Gier ist geil. Es folgte „Miami Vice“, ein anderer Ansatz – die Serie, die mit der Unterstützung Michale Manns produziert wurde, beschrieb die sich ausbreitende Drogenkriminalität aus dem point of view zweier Undercover-Cops, die zwar die Bösen zur Strecke brachten, den Lifestyle, den das viele Drogengeld mit sich brachte, aber sichtlich genossen. Sowohl Film als auch Serie inszenierten Miami
Read More Thomas Wörtche – Romananfänge sind entscheidend. Nicht nur erste Sätze, sondern das, was man klassischerweise als Exposition bezeichnet. Nicht selten definieren sie einen Roman als „Klassiker“. „Miami Blues“ von Charles Willeford, der erste Teil eines Quartetts um den Detective Sergeant Hoke Moseley vom Morddezernat des MPD, ist so ein Fall. Frederick J. Frenger jun, genannt Junior, der – in einer früheren Ausgabe „wohlgemute“, in der überarbeiteten Neuausgabe – „unbekümmerte“ Psychopath aus Kalifornien kommt auf dem Flughafen in Miami an und bricht einem bettelnden Hare-Krishna-Jünger den Finger, weil der ihn nervt.
Read More