Geschrieben am 13. April 2011 von für Bücher, Litmag

Sacha Sperling: Ich dich auch nicht

RüdhJvdJüadeDuSs

– In Frankreich feiert man ihn als die literarische Entdeckung des Jahres. Jetzt kommt Sacha Sperling (Jahrgang  ’90) auf den deutschen Markt. Er scheint zu halten, was er verspricht . In seinem Debütroman sieht J.S. Gosze ein Talent auf dem Weg zum Routinier.

Mit „Du mich auch nicht“ („Mes illusions donnent sur la cour“) bedient Sperling die Nachfrage einen sich im Aufstieg befindenden Genres: Romane über die hedonistische  Jugend, von der Jugend über all dies etwas Drogenkonsum und Sex streuseln. Kurz: RüdhJvdJüadeDuSs. RüdhJvdJüadeDuSs ist kein leichtes Feld für einen jungen Autor, denn ehe man sich versieht, steht man vor einem Haufen abgeschmackter zusammengewürfelter Klischees. Umso beachtlicher ist die Leistung des Autors. Durch seinen präzisen Umgang mit der Sprache, gelingt Sperling ein literarisch überzeugender Roman.

Die wohl größte Gefahr, dass aus dem Buch nicht mehr als ein Skandal wird, liegt im Plot begraben. Dieser ist denkbar schlicht. Sacha Winter ist vierzehn Jahre alt und wird wegen seiner Freunde, die klauen und Drogen nehmen, immer schlechter in der Schule. Buhu. Hinzu kommt eine homosexuelle Beziehung zu seinem Freund Augustin, um den sich meistens Sachas Gedanken drehen. Das Übliche.

Der Autor weiß, was er tut

Sacha Sperling

Sperling schafft es nun, dass man über die recht ermüdenden Personenkonstellationen und deren Entwicklung hinwegsieht, indem er den Fokus auf die Sprache des Ich-Erzählers legt.  In kurzen Sätzen präsentiert sich Sacha (nicht der echte) uns als Regisseur seines eigenen Buches. Sperling treibt dieses Spiel soweit, dass er ihn wörtlich sagen/denken lässt: „Geht also weiter weg oder kommt näher. Auf mich zu. Nahaufnahme von meinem Gesicht. Close-Up von meinen Augen.“ Der Junge weiß, was er tut – die meiste Zeit. Die sprachlichen Ausrutscher („Die Sitzbänke aus Kunstleder riechen nach Erinnerung und Enttäuschen“) vergisst man meist, wenn darauf so brillante Sätze folgen wie: „Was für eine Romanze hat er am Strand zurücklassen müssen? Welche Eissorte? Welchen Lichtschutzfaktor?“

Sacha (nicht der echte, wobei: der dann ja wohl auch) hat einen reizenden Zynismus, der leider viel zu kurz kommt. „Auf der anderen Seite eine Horde Philippinen, Marokkanerinnen, Brasilianerinnen und Antillesinnen in den abgelegten Kleidern ihrer Arbeitgeberinnen, Relikte aus der Zeit vor Einführung der Fettabsaugung.“ Das nächste Buch verlässt sicherlich das Genre RüdhJvdJüadeDuSs. Und es wird gut, sehr gut, noch besser werden.

J.S.  Gosze

Sacha Sperling: Ich dich auch nicht (Mes illusions donnent sur la cour, 2009). Aus dem Französischen von Carina von Enzenberg. München: Piper Verlag 2011. 224 Seiten. 17,95 Euro. Eine Leseprobe finden Sie hier.