Geschrieben am 9. März 2013 von für Bücher, Crimemag

Friedrich Dönhoff: Seeluft. Ein Fall für Sebastian Fink

friedrich-doenhoff-seeluft-thalia-buchhandlung-europa-passage-hamburg_4598325Umweltpolitik ohne explodierende Schiffe

– Was zählt mehr: Geld oder Natur?, fragt uns der Klappentext von Friedrich Dönhoffs Roman „Seeluft“ und weckt Erwartungen an einen Politthriller, in dem es hoch her geht, die Fetzen fliegen und … na ja. Was der Leser dann bekommt, ist jedoch eher brav, aber nicht unbedingt langweilig. Sophie Sumburane überprüft ihre Erwartungen …

Sebastian Fink heißt der junge Kommissar, der durch die Feder von Friedrich Dönhoff in seinem dritten Fall „Seeluft“ ermittelt. Der Chef einer großen Hamburger Reederei wird tot in der Nähe des Fischmarkts entdeckt, nach dem Besuch bei seiner Geliebten wurde er offenbar angefahren und tödlich verletzt. Die üblichen Verdächtigen betreten die Bühne: Ehefrau, entlassener Mitarbeiter, Umweltorganisation.

Dönhoff legt falsche Fährten und klärt gleichzeitig auf, über ein Thema, das für Hamburg wichtig sein sollte: Schiffsemissionen. Krebserregender Rauch, verursacht vom Schweröl in den Motoren der riesigen Frachter. Ein gut gewähltes, aktuelles Thema für einen Krimi, der in Hamburg spielt. Und es ist wirklich erfreulich, dass der Autor bei dessen Behandlung ohne explodierende Schiffe, Schießereien von Schlauchboot zu Riesenfrachter oder Blutbäder egal welcher Art auskommt. Doch ein wenig mehr Schwung beim Erzählen hätte ich mir schon gewünscht.

Der Krimi ist nichts für Leser, die gern Blut fließen sehen, eklige Leichenbeschreibungen erwarten oder bärenstarke Superermittler mögen, die nach dem 72-Stunden-Arbeitstag noch einen Marathonsprint dem aus dem Hut gezauberten Unbekannten hinterher überleben. Eher ist es ein Buch, das durch tiefgründige Dialoge und überraschende Zusammenhänge den Leser fesselt. Wenn die Sprache leider auch manches Mal sehr phrasenhaft wirkt, Sätze, die in jedem anderen Buch zu finden sind, kaum Wortgewalt, kaum originelle Bilder, dafür viele Fakten und Anklagen, die zwischen den Figuren allerdings kaum zu Streit führen.

rezept-hackfleisch-zucchinipfanne-bild-nr-4Gute Zucchinipfanne, immerhin

Die Figuren bleiben teilweise sehr ungreifbar, nach dem Zuklappen des Buches wusste ich nicht, wie zwei der Ermittler eigentlich aussehen oder wie alt sie in etwa sind. Bei nur drei Kommissaren wäre das doch eigentlich machbar? Aber vielleicht werden die Figuren der Reihe dem Leser als bekannt voraus gesetzt.
Sebastian Fink jedoch bekommt deutliche Konturen, manchmal zu deutlich, zum Beispiel, wenn der Autor kochbuchähnlich die Zubereitung des Abendbrots „Zucchinipfanne“ beschreibt. Ich hab es nachgekocht, schmeckt gut.
Auch die Anwesenheit seiner über 70-jährigen Großmutter (die ein iPhone hat) wurde mir für den Fortgang der Geschichte nicht so recht deutlich. Nicht das einzige leere Motiv des Buches.

Eine schöne Abwechslung zu den kurzen Passagen der Ermittlungen bilden die ebenfalls kurzen Abschnitte um das frisch verliebte Studentenpaar Hugo und Elisabeth. Die radikal denkende Jurastudentin und Umweltaktivistin bei der mit der Reederei verfeindeten „Ökopolis“, die eigentlich ihre gesamte Zeit in ihren Kampf stecken will, verliebt sich in den farbigen Amerikaner Hugo. Sie lernen sich zwar bei Ökopolis kennen, dennoch erschreckt Elisabeth ihren Freund immer wieder mit ihren radikalen Ansichten, was dazu führt, dass er ihr sogar den Mord am Reedereimogul zutraut.

2010 in Frankfurt am Main

2010 in Frankfurt am Main

Was diese Passagen aber vor allem zeigen und was der Autor sehr gefühlvoll und subtil anlegt, ist das Schwarz-weiß-Denken der beiden Streitparteien Reederei und Ökopolis. Hugo fungiert als entschärfende Instanz, zeigt dem Leser, dass alles gute Zeit braucht und Radikalität nicht der richtige Weg sein kann. Sein Geheimnis, dass er während der Geschichte mit sich trägt, ist so überraschend wie passend, und fügt sich perfekt ein in den Gestus des Buches: tiefgründig, auf Dialog setzend, ohne Schlägereien.

Sophie Sumburane

Friedrich Dönhoff: Seeluft. Ein Fall für Sebastian Fink. Roman. Zürich: Diogenes 2013. 356 Seiten. 14,99 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.
Zur Webseite von Sophie Sumburane geht es hier.
Foto Dönhoff: Dontworry.

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