Geschrieben am 5. Juni 2013 von für Bücher, Litmag

Christian Y. Schmidt: Im Jahr des Hasendrachen

schmidt_im Jahr des HasendrachenKlischeefreier Blick auf das Reich der Mitte

– Christian Y. Schmidt, Ex-Redakteur der Titanic und mittlerweile wohnhaft in Peking, schreibt regelmäßige Kolumnen für die taz, in denen er aus seinem Alltag in China berichtet. Ein Alltag, der so ganz anders ist, als das, was man in den sogenannten „Leitmedien“ über das Riesenreich erfährt. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die deutsche Komikerin Martina Hill („Knallerfrauen“) in China ungefähr so bekannt ist wie bei uns Mr. Bean, und ebenso beliebt? Vielleicht liegt es ja daran, dass ihre Sendung bei den Chinesen sowas wie „Drahtpenisfrauen“ heißt.

Und gibt es außer Schmidt einen anderen deutschen Autoren, der es wagt, der allgemeinen Bewunderung für den ach so verfemten Ai Weiwei ein herzliches Fragezeichen entgegenzusetzen? „Was ist eigentlich an großen Löchern, die Ai Weiwei in ein paar Schränke hat sägen lassen, ‚systemzersetzend‘?“ Ja, was?  (Könnte man sich anhand seiner aktuellen Stühleschau auf der Biennale auch fragen.) Offensichtlich haben sich die westlichen Lohnschreiber darauf geeinigt, diesen Künstler genial finden zu müssen, ebenso wie den Dalai Lama sympathisch.

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Christian Y Schmidt. Quelle: Wikimedia Commons

Schmidt schreibt tapfer dagegen an, und muss sich zum Teil auch von den taz-Lesern dafür wütende Kommentare anhören. Aber auch sonst ist sich der gemeine Deutsche ja ziemlich sicher, dass hier die Guten sitzen, die sich für ökologische Belange einsetzen, während drüben der gemeine Chinese die Luft verpestet als gäbe es kein Morgen. Und natürlich alles frisst, was nicht bei drei auf den Bäumen ist! Da braucht es jemanden wie Schmidt, um immer wieder daran zu erinnern, dass unter anderem die Deutschen einen Großteil ihres Wohlstands den Autos verdanken, die sie an China verkauft haben. Und jetzt erwarten, dass sie dort in der Garage stehen bleiben.

Der vorliegende Band fasst Schmidts Tagebucheinträge der Jahre 2011 und 2012 zusammen, die im chinesischen Kalender nun mal die Jahre des Hasen bzw. des Drachen waren. Alle, die an ihrem klischeehaften Chinabild der Plagiatoren und Demokratiehasser nichts ändern möchten, sollten dieses Buch meiden. Jene jedoch, die auf einen anderen – und genaueren –  Blick auf das Reich der Mitte gespannt sind, sei „Im Jahr des Hasendrachen“ und auch sein Vorgänger „Im Jahr des Tigerochsen“, das Tagebuch der Jahre 2009 und 2010, ans Herz gelegt.

Tina Manske

Christian Y. Schmidt: Im Jahr des Hasendrachen. Verbrecher Verlag, 2013.  Broschur, 224 Seiten. 13,00 Euro. Foto des Autors: Wikimedia Commons, Quelle.

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