Geschrieben am 16. Februar 2013 von für Bücher, Crimemag

Bloody Chops

beil12

Bloody Chops – chop, chop und chop.

Es choppen Frank Rumpel (rum) Georg Haderers „Engel und Dämonen“, Joachim Feldmann (JF) John Banville/Benjamin Blacks „Eine Frau verschwindet“ und Thomas Wörtche (TW) Petra Kissling-Kochs Studie über den Filmarchitekten Ken Adam: „Macht(t)räume“.

048433042-engel-und-daemonenOhne Weltrettung

(rum) Seit 23 Tagen vermisst die Wiener Mordkommission ihren eigenwilligen Chef, den Major Schäfer. Sein Assistent Bergmann übernimmt die Geschäfte, die ziemlich gut gehen: Ein Kroate wird bei einem Hahnenkampf tödlich verletzt. Im Gefängnis stirbt ein Mörder. Eine Frau stürzt im Streit mit ihrem Mann aus dem Fenster und ein IT-Spezialist wird von seinem Kronleuchter erschlagen – während er an einer Bombe bastelt.

Die Ermittlungen führen zu einem „Bündnis zur Optimierung gesellschaftlicher Strukturen“ und in der Folge zu einem esoterischen Geheimbund mit illustren Mitgliedern, der sich nicht weniger als die Apokalypse auf die Fahnen geschrieben hat. Sieht es zunächst so aus, als ob Schäfer undercover gegen die Gruppe ermittelt, zeigt sich allmählich, dass der schwer Depressive wohl eher Teil des Problems ist.

Der 1973 geborene Georg Haderer holt in seinem vierten Kriminalroman um seinen Major Schäfer weit aus. Das Thema ist nicht taufrisch, funktioniert hier aber dennoch einigermaßen, weil Haderer seine Geschichte nicht als Thriller angelegt hat. Tempo spielt fast keine Rolle und auch die Weltrettung glücklicherweise nicht. Haderer ist mehr an seinen Figuren interessiert, will wissen, was sie antreibt, was in ihnen vorgeht. Entsprechend mäandert seine Geschichte, nimmt sich Zeit für genaue Beobachtungen und manche, auch unnötige Schleife. Seine Weitschweifigkeit macht die Lektüre gelegentlich langatmig und ziemlich absehbar. Haderer entschädigt mit teerig-schwarzem Humor.

Georg Haderer: Engel und Dämonen. Haymon-Verlag. 385 Seiten. 19,90 Euro. Homepage des Autors. Buchseite des Verlags.

beil12

046973574-eine-frau-verschwindetWenig erfreulich

(JF) Stilistisch kann man John Banville nichts vormachen. Der von der Literaturkritik hochgeschätzte irische Autor schreibt ein exquisites Englisch. Das gilt auch für die Kriminalromane, die er unter dem Pseudonym Benjamin Black vorlegt. Sogar die deutsche Übersetzung seines letzten Ausflugs ins Genre, die im vergangenen Jahr unter dem Titel „Eine Frau verschwindet“ erschien, zeugt von Banvilles Gefühl für Sprache. Doch das ist leider das einzig Erfreuliche, was sich über diesen Roman sagen lässt.

Die Geschichte spielt im Dublin der fünfziger Jahre. Banvilles Held, der alkoholabhängige Pathologe Quirke, wird von seiner Tochter gebeten, das Verbleiben einer engen Freundin zu erkunden. Die junge Ärztin April Latimer, deren Familie zur Upper Class der irischen Hauptstadt gehört, ist seit längerer Zeit spurlos verschwunden. Gemeinsam mit einem befreundeten Kriminalpolizisten nimmt Quirke die Nachforschungen auf und stößt auf allerhand Ungereimtes. Zäh ziehen sich die Ermittlungen, unterbrochen von gelegentlichen Sauftouren und amourösen Abenteuern des Amateurdetektivs, hin, bis am Ende des Romans eine ebenso klischeeträchtige wie wenig überraschende Lösung des Rätsels serviert wird.

„Eine Frau verschwindet“ ist mitnichten jener „fesselnde und spannende Whodunit“, von dem ein werbendes Zitat auf dem Buchumschlag kündet, sondern ein bemerkenswert betulich erzählter Gesellschaftsroman. Welcher Teufel John Banville geritten hat, die große Anzahl misslungener Krimis um ein weiteres Exemplar zu bereichern, bleibt ein Mysterium.

John Banville alias Benjamin Black: Eine Frau verschwindet. Kriminalroman aus Dublin. Kriminalroman aus Dublin (Elegy for April. 2010). Aus dem Englischen von Andrea O’Brien. 343 Seiten. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2012. 19,99 Euro. Verlagsinformatinen zum Buch.

beil12

machttraeume

Fiktion, Lifestyle, Macht und Architektur

(TW) Immer das gleiche Spiel: James Bond ist, weil gerade „neu im Kino“, mal wieder Thema, es erscheinen Berge irgendwelcher unbedarfter Fan-Literatur, die von ebenso unbedarften Kommentaren kurz gehypt durch alle Kanäle huschen und dann wieder bis zum nächsten Anlass verschwinden.

Die Studie von Petra Kissling-Koch über den Film-Architekten und Production Designer Ken Adam (der Klaus Hugo Adam hieß, bis seine Familie 1934 vor dem antisemitischen Terror aus Berlin nach London fliehen musste) ist nicht nur eine kluge Auseinandersetzung mit den diversen Subtexten und Ideologien der James-Bond-Romane und – Filme, sondern beleuchtet die Signifikanz und Relevanz der Elemente, die ansonsten neben Drehbuch, Regie, Darsteller, Special Effekts und vielleicht noch Musik eher am Rande mitlaufen.

Interieurs und Ambientes und deren Konnotationsleistungen für soziale Kategorien wie Macht, Moderne, Luxus, „Niveau“, „oben“ und „unten“, also für die Wertewelt der Zeit und die gesamten kulturellen Kontexte. Denn die werden schließlich von massenmedialen Großereignissen wie den Bond-Filme immerhin mit-geprägt und in Bildwelten umgesetzt.

Wichtiges Buch mit vielen wichtigen Aspekten, die auch noch für viele andere Themen fruchtbar zu machen sein werden.

Petra Kissling-Koch: Macht(t)räume. Der Production Designer Ken Adam und die James-Bond-Filme. Der Production Designer Ken Adam und die James-Bond-Filme. Berlin: Bertz + Fischer (Medien/Kultur 4) 2012. 229 Seiten. 25,00 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.

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