Geschrieben am 18. Dezember 2010 von für Bücher, Crimemag

Bloody Chops

Bloody Chops

– Heute choppen Henrike Heiland (HH), Frank Rumpel (rum) und Friedemann Sprenger (Frisp)

Must-Have

(HH) Doch, unbedingt. „Vatermord“ ist der sechste Fall für DCI Jordan und Profiler Hill, eignet sich aber auch für Quereinsteiger. Es geht um einen Serienkiller, um Jugendliche, die via soziale Netzwerke geködert werden, um politische Streitigkeiten – Revierpissen eigentlich – innerhalb der Bradforder Polizei. Jordan kämpft an allen Fronten, Hill darf diesmal nicht direkt am Fall mitmachen. Er wühlt dafür in seiner eigenen Vergangenheit rum, was an sich schon Stoff für ein Buch ist. Schön erzählt, wie üblich, auch die anderen Teammitglieder und deren Leben/Arbeiten, zum Beispiel Paula und Sam, bemerkenswert außerdem die Technikaffinität, die McDermid mit einem Mal an den Tag legt und auch sprachlich umsetzt. Passt aber zum Thema, geht schließlich um junge Menschen und Internet. Hill und Jordan müssen sich auch mal wieder neu suchen und finden, schließlich laufen sie schon jahrelang umeinander herum, es gibt also viel zu lesen, vor allem Lesenswertes.

Val McDermid: Vatermord. (Fever of the Bone, 2009). Kriminalroman. Deutsch von Doris Styron. München: Knaur 2010. 523 Seiten. 9,99 Euro.
Hier geht’s zur Web- und zur Facebook-Seite der Autorin.
Video-Interview von 2007.
Homepage von Henrike Heiland.

Ziemlich gemütlich

(rum) Willibald Adrian Metzger ist kein Ermittler, kein Detektiv, sondern Möbel-Restaurator von Beruf, dazu Gemütsmensch, der es stets irgendwie schafft, in Kriminalfälle verwickelt zu werden. Für diesen vierten Metzger-Roman hat sich der Wiener Musiker und Autor Thomas Raab offensichtlich die Bauanleitung der Serienmord-Produktion genau angeschaut und inszeniert in Wien einen verwickelten Plot um die Dezimierung eines Orchesters, freilich stets mit dem notwendigen ironischen Abstand. Nun sind Serienmord-Geschichten ja in etwa so weit von der Realität entfernt wie ein nebenher ermittelnder Restaurator und deshalb passt beides hier bestens zusammen. Denn obwohl der entschleunigte Restaurator Metzger und dessen reichlich dick aufgetragene Familiengeschichte hier immer wieder den nach Tempo verlangenden Thriller ausbremst, schafft es Raab, aus der Kombination von beidem am Ende doch eine handfeste und fintenreiche Geschichte zu machen. Behäbig ist das, ja, der Humor eher leise und der Erzähler hat einen Hang zum Gedrechselten, zum etwas Umständlichen und Weitschweifigen. Aber das passt schon, zumal Raab auch nicht mit spitzfindigen Betrachtungen der Welt geizt.

Thomas Raab: Der Metzger holt den Teufel. Roman. München: Piper-Verlag. 351 Seiten. 18,95 Euro.
Verlagsinformationen zum Buch mit Autorenporträt-Video.

Polit-Thriller-Azubi

(Frisp) Nick McDonell wurde mit gerade mal 17 Jahren zum Kinderstar des Literaturbetriebs gehypt. „Zwölf“ hieß das Buch damals, wenn man sich noch erinnern mag. Heute versucht er sich am altehrwürdigen Metier des Politthrillerschreibens und erweist sich als gelehriger Schüler im ersten Lehrjahr. Ja, amerikanische Außenpolitik ziemlich kurzatmig und gnadenlos opportunistisch. Wenn geschmeidig modifiziert werden muss, werden Verbündete schnell zu Feinden. Und erfahren die entsprechende Behandlung (Mord, Denunziation etc.). Die Feldagenten der Geheimdienste werden kalten Herzens geopfert und wenn man noch ein paar querulante Intellektuelle gleich mit plattmachen kann, dann gerne. McDonell erzählt eine solche Geschichte am Beispiel Somalia. Das ist okay. Rührend ist die Ernsthaftigkeit, mit der McDonell tut, als ob er gerade das Rad erfunden hätte. Aber so ist das in der Lehre, vor allem, wenn die Meister Graham Greene, Eric Ambler und Robert Littell heißen, David Ignatius, John le Carré oder von mir aus sogar Robert Ludlum. Wacker!

Nick McDonell: Ein hoher Preis (An Expansive Education, 2009) Roman. Deutsch von Thomas Gunkel. Berlin: Berlin Verlag 2010. 301 Seiten.  22,00 Euro.
Verlangsinformationen mit Trailer

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