Geschrieben am 3. September 2011 von für Bücher, Crimemag

Bloody Chops

Bloody Chops –

heute verursacht von Kirsten Reimers (KR), Joachim Feldmann (JF) und Thomas Wörtche (TW)

Absonderliches Entzücken

(KR) CO2-Vergiftung! Der Umweltmanager eines großen Energiekonzerns stirbt ausgerechnet an einer Überdosis Kohlendioxid am Totenmaar in der Eifel. Mit ihm findet auch eine Kuh den Tod. Tragischer Unfall, befindet die Polizei: Vulkanische Gase seien ausgetreten und hätten Manager samt Kuh umgebracht. Als Leser weiß man es besser, und auch der Freund des Umweltministers hat seine Zweifel an der offiziellen Version. Deshalb engagiert er den etwas weltfremden Historiker Richard Romanoff. Dieser soll die wahren Hintergründe aufdecken. Romanoff ist zwar sehr geschickt im Aufspüren von Artefakten, aber eine Mordermittlung scheint ihm nun doch eine Nummer zu groß zu sein. Widerwillig nimmt er aus Geldnot den Auftrag dennoch an und ist schon bald einem sehr mysteriösen Mann mit Namen Müller auf der Spur. Dieser ist nicht nur ein Mörder, sondern auch in ein komplexes und sehr zeitgemäßes Verbrechen verstrickt.

Monika Geier (Foto: Copyright © Anne Walter / Argument Verlag)

Monika Geier schildert das Geschehen aus verschiedenen Perspektiven und mit sehr viel sehr feiner Ironie. Ihre Kommissarin Bettina Boll nimmt diesmal nur eine Nebenrolle ein, im Mittelpunkt steht stattdessen der Geschichtsdozent Romanoff, der eindeutig kein Indiana Jones ist. Wie stets gelingt es Monika Geier, einen glaubwürdigen Plot in einer überzeugenden, sehr durchdachten Szenerie anzusiedeln, die wundervoll absonderlich und gleichzeitig grandios alltäglich ist. Das funktioniert dank kurioser Figuren, die nie ins Überzeichnete abgleiten, und intelligent-verschrobener Dialoge, die mitunter haltloses Entzücken evozieren.

Monika Geier: Müllers Morde. Ariadne/Argument Verlag: Hamburg 2011. 394 Seiten. 11,00 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.

Felides Schäppchen

(JF) Ein richtiges Schnäppchen ist dieses Taschenbuch aus dem Hause Heyne. Für nur 8,99 Euro bekommen wir einen gleichzeitig an unsere Schadenfreude und unser Mitgefühl appellierenden Verliererroman, eine böse Satire auf den Literaturbetrieb, eine fabelhafte Krimigroteske und einen nervenkitzelnden Action-Thriller. Und als ob das alles nicht genug wäre, würzt der unter dem Pseudonym Cedric Arnold schreibende Autor, der durch eine Serie von Katzenkrimis berühmt und hoffentlich auch reich geworden ist, seinen einzigartigen Genresalat noch mit einer kräftigen Prise Sex und einem Hauch Nazi-Spuk.

„Volltreffer“ heißt das korrekt betitelte Werk über den talentlosen Sohn eines erfolgreichen Schriftstellers, der durch eine Verkettung seltsamer Umstände davon abgehalten wird, sein Erbe in gepflegter Langeweile aufzuzehren. Auch wenn nicht jeder Scherz zündet: Man kann sich erheblich schlechter die Zeit vertreiben als durch die Lektüre dieses munteren Stücks Meta-Literatur.

Cedric Arnold: Volltreffer. Roman. 398 Seiten. München. Heyne 2011. 8,99 Euro. Verlagsinformationen zum Buch. Mehr von Joachim Feldmann in Am Erker.

Zwischenmahlzeit, mit Dank an Mike Wuliger.

So nicht!

(TW) Es ist ja schön und lobenswert, dass der DistelLiteraturVerlag uns die Arrondissement-Romane von Léo Malet in Neuübersetzungen und in hübscher französischer Broschur und netten Stadtplänchen wieder auflegt. Allerdings hätte es die Broschur getan. Eine Neuübersetzung, die ja, wenn man so etwas unternimmt, eine harsche Kritik an der alten Übersetzung von Hans-Joachim Hartstein bei Elster (Taschenbuch bei Rowohlt) ist, muss begründet sein. Die alte Übersetzung muss so grottig sein, dass man sie neu machen lassen muss. Und das ist im Fall von Hartstein und Malet überhaupt  nicht der Fall.

Vielmehr steckt vermutlich das Kalkül dahinter, die Malet-Romane neu für ein Publikum zu lancieren, auf dessen Ahnungslosigkeit und fehlendes kulturelles Gedächtnis – was man dem pp-Publikum nicht ankreiden kann, junge Menschen bibliographieren vor dem Buchkauf vermutlich nicht extra penibel – man dreist setzt.

Deswegen bekam auch das dem 4. Arrondissement zugeeignete Buch „Du rébecca rue de Rossiers“ flugs einen neuen deutschen Titel, denn unter dem alten deutschen Titel „Spur ins Ghetto“ schwirren noch genug alte Ausgaben durch die Gegend. Ein plumper, sehr ärgerlicher Etikettenschwindel, denn nirgendwo wird im Buch darauf hingewiesen, dass dies so ist und nirgendwo im Buch gibt es eine Begründung, warum man es neu hat übersetzen lassen. Das ist uns – angesichts der Sympathiewerte von Léo Malet – kein eigenes KickAss wert, aber ein kleines KickAss wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gibt es schon.

Léo Malet: Zoff in der Rue de Rosiers. Nestor Burma im 4. Arrondissement. (Du rébecca rue de Rossiers, 1957). Deutsch von Katarina Grän. Heilbronn: DistelLiteraturVerlag 2011. 238 Seiten. 14,80 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.

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