Geschrieben am 4. August 2012 von für Bücher, Crimemag

Bernhard Jaumann und seine Namibia-Prosa

Lobhudeln ist wahrlich nicht das Redaktionsprogramm von CrimeMag. Begeisterung über gute Bücher und gute Autoren zu featuren, allerdings schon. Und wenn dabei ein feiner analytischer Text herauskommt, der die Begeisterung begründet, dann ist von Lobhudeln nur noch ironisch die Rede. Bruno Arich-Gerz zeigt anhand der Namibia-Romane von Bernhard Jaumann, wie das geht …

Literatur & Lobhudeln

Im ausstoßintensiven Geschäft der Kriminalschriftstellerei, lautet ein Klischee, unternehmen Autoren selten Ausflüge in literarische Höhenkammlagen. Psychologisch überzeugende Figurenzeichnungen oder die multifunktional angelegte Nebenfigur, die in einem raffiniert als impliziter Informant für handlungsrelevante Milieuzusammenhänge dient, sind im Segment Spannungsliteratur angeblich eher die Ausnahme als die Regel. Stattdessen wimmelt es, so meint man, vor holzschnittartigen Typen mit hohem Wiedererkennungswert im Rollenfach bad guy, good guy, Bond girl oder you-name-it, denen Leser die Funktion, die sie für den Verlauf der Romanhandlung einnehmen sollen, sofort anmerken. Ähnliches soll für die artistischeren unter den Subgenres und ihrer Konventionen gelten: Warum sich an fantasmagorischem Schreiben versuchen, wenn es auch das übliche whodunnit tut, um Erfolg und Absatz zu haben?

Bernhard Jaumann gehört zu der demzufolge seltenen bis nichtexistenten Spezies von Krimischreibern, die Ausflüge in Höhenkammregionen literarischen Schaffens trotz der Nachteile, die sie verkaufszahlenmäßig womöglich mit sich bringen, dennoch wagen. Die Erzählungen dieses eher leisen und unprätentiösen Schriftstellers überzeugen nämlich nicht nur durch ein klug gewebtes plotting. Auch für den literarischen Feinschmecker und den informed reader, wie der Rezeptionstheoretiker Stanley Fish den mit ausgiebigen Vorkenntnissen über das jeweilige Sujet beschlagenen Leser nennt, haben sie viel zu bieten. Das zeigt der Blick auf seine jüngeren Erzählungen, in denen seit 2007 der Schauplatz (und Tatort) Namibia eine Rolle spielt: Jaumann verbrachte bis Ende 2011 einige Jahre in dem südwestafrikanischen Land, wo seine Frau als Lehrerin an der Deutschen Höheren Privatschule in Windhoek tätig war.

 Zum Beispiel Figurenzeichnung

In Jaumanns Roman Die Stunde des Schakals“ (2010) bekommt es die Ermittlerin Clemencia Garises erstmals mit dem knapp vierzigjährigen Staatssekretär Kawanyama zu tun. Auch in Steinland“, dem Nachfolgekrimi aus dem Jahr 2011, taucht der Nachwuchspolitiker auf, und zwar erneut als so charismatischer wie integrer Staatsdiener, „eine Art namibischer Barack Obama“ („Steinland“ 124), der mit Offenheit und Hilfsbereitschaft auf Fragen nach Land- und Farmenteignungen antwortet, die von der schwarzen Regierung beschlossen wurden und den Hintergrund für den (Selbst-)Mord eines weißen Farmbesitzers abgeben. Allerdings weiß Kawanyama sehr wohl auch, wie man Grenzen zieht und andere in die Schranken weist, wenn sie, wie Clemencia, zu offensiv mit für das Ministerium unangenehmen Nachfragen kommen.

„Kawanyma griff nach seiner Brille, setzte sie aber nicht auf. Er klappte erst den einen Bügel ein, dann den anderen. Es war das Zeichen, dass die Audienz beendet war. Clemencia hatte selten einen Menschen erlebt, der auf ganz beiläufige Weise so unmissverständlich auszudrücken wusste, was er wollte“ (126).

Die Beschreibung der Geste und ihre Auslegung durch die Zentralfigur könnten nicht knapper und präziser ausfallen. Das hier ist ein sympathischer, aber bestimmter Bursche mit Prinzipien, die er sogar ohne Worte zu kommunizieren weiß, wenn sein Gegenüber sie nicht genügend wertschätzt.

Natürlich arbeitet Kawanyama die ganze Zeit kühl und ohne sich dabei die Hände schmutzig zu machen an seiner Karriere: Das allerdings erfährt der Leser erst zum Schluss, als er die Nachfolge des in kriminelle Machenschaften verstrickten Ministers für Lands and Resettlement antritt. Die Vielschichtigkeit und latente Widersprüchlichkeit der Figur Kawanyama – zuerst zugänglicher Spitzenbeamter, schließlich auch berechnender Karrierist, ohne sein Obama-Charisma zu verlieren – ist für Jaumann, so wirkt das, bloß mal eine Fünffingerübung in raffinierter Sympathielenkung.

Jaumanns Kunst besteht nicht nur in der Leichtfüßigkeit, mit der aus einem flat überzeugend ein vollwertiger round charakter wird, um E.M. Forsters auf dem Dachboden der Literaturwissenschaftstermini staubig gewordene Leitunterscheidung zu bemühen. Genauso bemerkenswert ist, wie er mit und anhand der Figur Kawanyama das komplizierte und explosive, dem durchschnittlichen deutschen Leserhorizont bestenfalls halbvertraute Thema Landreform mit seinen zahlreichen Facetten und den widerstrebenden Interessen der Betroffenen, von den weißen Farmern über die bitterarmen Stammwähler der Regierungspartei SWAPO bis zu deren Politikern in den Staatsämtern, durchexerziert. Auch hierfür sind die knapp fünf Seiten Romantext, die Jaumann für das Gespräch zwischen der Ermittlerin und dem Staatssekretär veranschlagt, exemplarisch.

Clemencia Garises untersucht den Tod des weißen Farmers vor dem Hintergrund der geplanten Enteignung seines Anwesens durch den Staat: eine rechtlich legitimierte Praxis, die dann zu einer Zwangsübernahme wird, wenn der weiße Besitzer sich nicht mit der Maßnahme einverstanden erklärt und somit das prioritäre Prinzip willing seller – willing buyer nicht greift. Die Frage, warum sich das Ministerium ausgerechnet diese Farm ausgesucht hat, um zu einer gerechteren Landverteilung zu gelangen, kann Kawanyama nicht zufriedenstellend beantworten.

„Aber ich gebe offen zu, dass das unsere Auswahl nicht hinreichend begründet. Wir sind nicht in der Lage, genug objektive Kriterien zu bestimmen, anhand deren wir und alle Betroffenen uns ausrechnen können, welche Farm als erste und welche als letzte zu enteignen wäre. […] Ökonomisch ist die gesamte Landreform ein Unding. Keine einzige der von uns angekauften und ins Reformprogramm aufgenommenen Farmen ist so produktiv, wie sie es vorher war. […] Das liegt vor allem daran, dass es den Neufarmern an Wissen und an den nötigen Rücklagen fehlt. […] Dass die Landreform trotzdem vorangetrieben wird, hat rein politische Gründe. Wir sind zu Recht stolz darauf, dass wir die Unabhängigkeit erkämpft und die Apartheid auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen haben. Doch von Stolz allein kann keiner leben. Und unsere Leute sind ja nicht blind. Die sehen auch, dass sich das Wohlstandsgefälle zwischen Weißen und Schwarzen in einundzwanzig Jahren praktisch nicht geändert hat. Deswegen verlangen sie von ihren Vertretern, dass sich endlich etwas tut“ (122f.).

Die Problematik lässt sich kaum konziser darstellen: erst recht nicht, wenn es sich um eine deutsche Leserschaft handelt, die vielleicht mal von der weitaus rabiateren Enteignungsvariante in Zimbabwe unter Robert Mugabe gehört hat, aber kaum von der in Namibia.

Kawanyama, dem Jaumann diese Ausführungen in den Mund legt, ist jedoch nicht nur neutraler Beobachter der Vorgänge, sondern selbst Angehöriger eines Apparats, der die Enteignungen zu verantworten und durchzuführen hat – und somit Partei. Verschärft wird diese Funktion durch Verdächtigungen, die in weißen Farmerkreisen kursieren: erstens, dass das Ministerium selbst hinter dem gewaltsamen Tode des weißen Besitzers von Farm „Steinland“ steckt. Kawanyama lässt diesen Vorwurf, von Clemencia artikuliert, an sich abperlen.

„‚Das haben wir nicht nötig.‘ Kawanyamas Ton war eine Nuance schärfer geworden. Um gerade so viel, dass seine Position völlig klar wurde. Er hielt die Unterstellung für empörend, war aber großzügig genug, weiterhin ein Einverständnis mit seinem Gesprächspartner zu suchen“ (124).

Jaumann dosiert die Souveränität, mit der der Staatssekretär die Zügel anzieht, ohne die Unterredung bereits hier komplett abzubrechen, sehr genau und verleiht der Figur damit Tiefe. Der Ermittlerin sitzt kein sturer Bürokrat gegenüber, wird hier kommuniziert, sondern ein gewiefter Rhetoriker, der erneut mit nonverbalen Signalen – dem anderen Tonfall – Akzente setzt und Grenzen zieht. Erst bei der nächsten Vorhaltung Clemencias gegen den Apparat, den Kawanyama repräsentiert, und seinen Vorgesetzten, dem er zu dienen hat, bedeutet er mit dem Zusammenklappen der Brille, dass das Gespräch sein Ende erreicht hat. Den anspielungsreichen Hinweis, dass sein Minister vor kurzem noch selbst versucht hatte, die Farm des getöteten Weißen zu kaufen, lässt Kawanyama im Raum stehen, ohne auf ihn einzugehen. Offen bleibt durch diese Verhaltensweise, die Teil seiner Zeichnung als Figur ist, ob an Clemencia Garises‘ Vorhaltungen nicht doch etwas dran sein könnte. In einem Land, dessen Politikerkaste sich nicht unbedingt durch eine tiefsitzende Abneigung gegen Korruption, Vetternwirtschaft und sonstige Mauscheleien auszeichnet, ist das ein weiteres Beispiel für Jaumanns genaue Milieubeobachtungsgabe.

Oder zum Beispiel der Kurzkrimi im Zeichen der Fantastik

Die Reife und das literaturhandwerkliche Geschick, mit denen Jaumann in „Steinland“ eine Figur wie Kawanyama vor dem imaginären Auge der Leserin und der Lesers Gestalt annehmen lässt, stehen nicht alleine da als Nachweis der schriftstellerischen Klasse des Spannungsliteraten. Ein zweites auffälliges Beispiel ist der Entwurf einer Handlung, die Jaumann souverän als vollendet paradoxales Geschehen darstellt, bei der die Perspektivträger, oder Protagonisten, die Begebenheiten auf eine Art erleben und wiedergeben, die nicht mit der Version des jeweils anderen in Einklang zu bringen ist. Das Verfahren ist seit Akira Kurosawas gleichnamigem Film von 1950 als Rashomon-Effekt hinlänglich bekannt: Jede der die vergangene Handlung abwechselnd fokalisierenden und dadurch bezeugenden Figuren beansprucht für sich und ihre Version, als einzige die Wahrheit zu sagen (was mutatis mutandis heißt, dass die Variante des anderen schlichtweg gelogen ist). Hinzu kommt eine Prise ontologische Verunsicherung in der Wahrnehmung beider: Wahnvorstellungen, hervorgerufen durch die unmenschliche Hitze in der namibischen Wüste, lassen die wahrheitsheischenden Darstellungen zweier Kontrahenten in einem existentiellen showdown um Leben und Tod zusammenschnurren zu subjektiv vielleicht stimmigen, aber kaum den „tatsächlichen“ Begebenheiten entsprechenden Möglichkeitswelten. Jaumann kleidet das alles nicht nur in einen Verbrechens- und Krimiplot, sondern hält die Unentscheidbarkeit auch bis zum Ende der Geschichte aufrecht: statt einer closure (oder gut dekonstruktivistisch clôture) mit letztlich doch eindeutiger Auflösung des rätselhaften Geschehens zum Schluss bleibt es beim schreib- und figurenanlagetechnisch höchst kunstvoll fabrizierten offenen Ende.

Geiers Mahlzeit lautet der Titel dieses kleinen, feinen Meisterwerks. Die Novelle aus dem Jahr 2007 dreht sich um den Vorwurf von Stasi-Verstrickungen und dem gewaltsamen Versuch einer Bewältigung durch zwei deutsche Figuren im namibischen Wüstensand. Durch geschicktes erzählerisches Hantieren systematisch als gemeinsamer Wahn- und Verfolgungszustand ausgeflaggt, ist ihr Thema die Suche zunächst des einen, dann des anderen männlichen Protagonisten nach der Rückversicherung der eigenen Existenz und damit das Ausschließen der Möglichkeit, der jeweils andere könnte mit dem eigenen Namen und der eigenen Biografie (s)ein ganz konkretes Dasein fristen.

„Bin ich es“, fragt sich der eine symptomatisch am Ende, „der nicht weiß, ob er sich lieber als Farmbesitzer in Afrika oder als literarischer Übersetzer in Deutschland sähe?“ („Geiers Mahlzeit“ 55), und auch reale Leser haben an diesem Punkt in der erzählten Zeit erhebliche Schwierigkeiten, die zu dem sinnierenden Ich gehörende Figur von der seines Antagonisten auseinanderzuhalten: Beide behaupten sie, der in Augsburg geborene Walter Rogner zu sein; der eine lebt in Rosenheim und wurde beim Versuch, seine Identitätspapiere zu verlängern, auf den gleichnamigen Doppelgänger aufmerksam, der auf halber Strecke zwischen Windhoek und Swakopmund im Khomas-Hochland eine Jagd- und Gästefarm betreibt. Die geschickte erzähltechnische Anordnung ist dabei ein wesentlicher Faktor für das faszinierende generische Oszillieren der Novelle zwischen Krimi und fantastischer Kurzprosa im Stil E.T.A. Hoffmanns: Das Dutzend handlungstragender Kapitel wechselt geschickt zwischen den Perspektiven des dem Leser erstmals in Deutschland präsentierten Rogner auf der einen Seite und desjenigen auf der anderen, auf dessen Gästefarm sich der Literaturübersetzer einquartiert, um dem Rätsel der Namens- und Lebenslaufidentität auf den Grund zu gehen. Denn auch der deutschnamibische Gästefarmer fühlt sich umgehend in die Obsessionen und enigmatischen Umstände der Suche des Rosenheimer Rogners hineingezogen, „der mich, wie es schien, ganz gezielt aufgesucht hatte, um mich auszuhorchen“ (18).

Ein zweiter wesentlicher Faktor des Novellenarrangements ist das Spiel mit einer naheliegenden Erklärung für die Identitätsverwirrung und -dopplung: Walter Rogner lautet der Name eines vom MfS ausspionierten Bundesbürgers, der noch am 16. Februar 1990 bespitzelt worden sei. So heißt es zumindest in der Abschrift der Stasi-Akten, in deren Besitz sich der in der Erzählgegenwart als Tourist von Deutschland nach Namibia reisende Protagonist gebracht hatte, die wiederum der andere heimlich einsieht, der selbst zur ungefähr selben Zeit aus Deutschland nach Namibia ausgewandert war, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen.

Damit stehen Verdächtigungen und vorläufige Identitätszuschreibungen im Raum, die gegenläufiger nicht sein könnten und als solche die paradoxale Grundierung von „Geiers Mahlzeit“ ausmachen beziehungsweise, aus rezeptiver Warte betrachtet, zur fundamentalen Unschlüssigkeit darüber beitragen, was binnenfiktionale Faktizität ist und was fantasierter Überschuss: Beide Protagonisten identifizieren sich nicht nur mit dem bespitzelten Walter Rogner, sondern entwickeln einander kategorisch ausschließende Spekulationen über die Identität des jeweils anderen. Für den namibischen Gästefarmer habe nach dessen Entschluss, „alle Brücken hinter sich abzubrechen und nach Namibia auszuwandern“ der andere seine Identität als Stasi-Mann abgelegt und die des Auswanderers übergestülpt, um Nachstellungen durch die Behörden zu entgehen:

„Als ich weg war, nahm er meine Position ein, zog in eine andere Stadt, in der ihn keiner kannte – mein verehrter Gast hatte mal Rosenheim erwähnt –, und wenn ihn doch einer verdächtigen sollte, hatte er eine perfekte Biografie auf Lager, die das völlig unmöglich erscheinen ließ. Eine Biografie, die den Vorteil hatte, echt und nachprüfbar zu sein“ (30).

Für den Literaturübersetzer aus Deutschland ist umgekehrt der Gästefarmer ein ehemaliger MfS-Mitarbeiter:

„Kaum war ich nach Rosenheim gezogen, meldete er sich mit meinen Papieren und unter meinem Namen in Augsburg ab und wanderte aus. Wenn ihm hier jemand auf die Spur käme, würde er einen lückenlosen unverdächtigen Lebenslauf vorweisen. Und falls alles schiefging, konnte er in Namibia immer noch auf politischen Rückhalt hoffen. Schließlich war die SWAPO während des Befreiungskampfes von der DDR vorbehaltlos unterstützt worden. Da hätte er eben als Genosse ein wenig Solidarität zurückgefordert“ (35).

„Geiers Mahlzeit“ endet mit einer gnadenlosen Verfolgungsjagd, der Flucht des einen mit dem Landcruiser und der kräftezehrenden Verfolgung über Stunden und Sanddünen hinweg durch den anderen, mit Schießereien aufeinander, gegeneinander gerichteten rhetorischen Winkelzügen, dem gemeinsamen Hinsiechen unter den mörderischen Bedingungen und dem geduldigen Kreisen der Ohrengeier in der Wüstenhitze, dann Hitzehalluzinationen – und schließlich mit der klimaktischen, weil vornehmlich für die Leserinstanz den Höhepunkt der fantastischen Kurzerzählung ausmachenden Verschmelzung der beiden Identitäten in einer, die zum einen die Gästefarm „mit zufriedenstellendem Erlös verkauft“ (60), zum anderen den Hausstand in Rosenheim auflöst, auf „das Honorar für die letzte Übersetzung“ (61) wartet und nun „ein bescheidenes, unaufgeregtes Leben“ in Mexiko „direkt an der Karibikküste“ (60) führt.

Jaumanns erzähltechnisches Verfahren entspricht durch die geschickt inszenierte systematische Destabilisierung der Aussagen und Annahmen des einen Protagonisten durch den jeweils anderen den gattungskonstitutiven Merkmalen, die Thomas Wörtche bereits vor Jahrzehnten – und nach wie vor gültig – zusammengetragen hat. „Geiers Mahlzeit“ verkörpert in diesem Sinn auf musterhafte Weise fantastisches Erzählen.

Lubhudelndes Fazit

Durch seine subtile und landeskundlich enorm informierte Anlage von Figuren, sein Gespür für die Potentiale der Erzählliteratur, eine absolute Form von Unentscheidbarkeit zwischen dem Noch-Möglichen und Bereits-Fantastischen zu kreieren, und die ausgebildete Kunstfertigkeit, beides (literatur)ästhetisch umzusetzen, gehört Bernhard Jaumann trotz der Krittelei an seinen zu bedächtigen und zu überraschungsfrei daherkommenden Krimiplots zur crême de la crême der deutschsprachigen Kriminalautoren der Gegenwart. Auch eine eingehende literaturwissenschaftliche Beschäftigung mit seinen Büchern – ihre entsprechende Würdigung und literatursystemische Nobilitierung – hat dieser Autor inzwischen verdient.

Bruno Arich-Gerz

Bruno Arich-Gerz arbeitet über Literatur zu, aus und über Namibia. Er ist Mitglied des Editorial Advisory Board beim Journal of Namibian Studies, gutachtet für die Fachzeitschrift Acta Germanica und ist Autor von Namibias Postkolonialismen. Texte zu Gegenwart und Vergangenheiten in Südwestafrika (2008).

Bernhard Jaumann: Geiers Mahlzeit. Krimi. Hamburg: Edition Nautilus  2008. 4,90 Euro.
Bernhard Jaumann: Die Stunde des Schakals. Roman. Berlin: Kindler Verlag 2010. 9,99 Euro.
Bernhard Jaumann: Steinland. Kriminalroman. Berlin: Kindler Verlag 2012. 19,95 Euro.

Tags :