Geschrieben am 2. Februar 2011 von für Kolumnen und Themen, Litmag, Sachen machen

Sachen machen: Maniküre & Pediküre

Heute: Hand und Fuß

– Die Wahrheit ist: Ich bin keine Dame. Meine Füße sind auch keine Dame, ich war noch nie bei einer Fußpflege. Gehen andere Frauen da regelmäßig hin? Und wenn ja, warum? Gehört sich das, für eine Dame? Für einen Herrn auch? Jaja, dachte ich mir.

Am Abend vorher betrachte ich meine Füße eingehend. Schön ist anders. Aber sauber sind sie. Zehennägel natürlich selbst geschnitten, nicht lackiert, hier und da ein bisschen Hornhaut. Hoffentlich findet die Fußpflegerin meine Füße nicht schlimm, denke ich. Mein Mann sagt, ach Quatsch, die kriegt doch noch ganz andere Füße zu sehen. Wahrscheinlich hat er recht.

Tatsächlich sagt die Fußpflegerin, das seien doch schöne Füße. Gepflegt und gar nicht so trocken und nicht so viel Hornhaut und Nagelhaut. Ich fühle mich geradezu geschmeichelt. Ich habe schöne Füße. Vom Profi bestätigt!

Als Erstes wäscht sie sie mir. Reibt sie mit etwas Rauem, Sandigem ein, ein Peeling, gießt heißes Wasser darüber, es duftet nach Zitrone. Ich sitze auf einem weichen Stuhl, mit Frotteehandtüchern belegt und beheizt. Sehr gemütlich. Überhaupt ist die ganze – sagt man: Praxis? der ganze Salon? irgendwie gemütlich, hübsch eingerichtet, viel Weiß und Holz, irgendwie ein skandinavisches Ambiente. Und ich kriege einen Bio-Zitronengras-Tee.

Das Instrumentarium der Fußpflegerin sieht aus wie das eines Zahnarztes. Ein Gerät wie ein Bohrer, mit dem aber nicht gebohrt wird, sondern geschliffen, geschmirgelt und gefeilt, mit verschiedenen Aufsätzen in verschiedenen Breiten und Rauigkeiten. Damit feilt sie mir die Fußnägel, dann knipst sie hier und da noch etwas ab, entfernt die Nagelhaut. Das ist alles höchst angenehm, und nett ist sie noch dazu. Wir plaudern, sie feilt und poliert, knipst und entfernt, hier und da kitzelt es ein bisschen, ansonsten ist es total entspannend. Dann setzt sie einen anderen Schmirgelaufsatz auf den Zahnarztbohrer, den für die Hornhaut, und stellt fest, dass ich kaum Hornhaut habe und sie kaum zu tun. Das ist schön für mich, denn zum einen kitzelt der Hornhautschmirgler ziemlich, und zum anderen bedeutet es, dass wir schnell fertig sind und die anschließende Fußmassage etwas länger ausfällt. Und so eine Fußmassage kann ja gar nicht lang genug sein. Die Fußpflegerin massiert mir etwas Weiches, Duftendes in die Füße, und nach einer knappen Stunde ist leider schon alles vorbei, und ich bin eine Dame. Ich schwebe auf watteweichen, duftenden Fußwölkchen nach Hause und finde das alles so schön, dass ich mir denke: Was für Füße gut ist, kann für Hände auch nicht verkehrt sein. Und so suche ich mir gleich die nächstbeste Maniküre aus dem Telefonbuch (okay, aus Qype).

Gar nicht so tussig wie angenommen

Haben Sie denn schon Nägel?, fragt die Maniküre am Telefon, und als ich die Frage nach einem kurzen Überraschungsmoment dann doch verstehe, dämmert mir: Es geht jetzt nicht mehr darum, ob ich eine Dame bin, jetzt geht es darum, ob ich eine Tussi bin. Ich liebäugle ein bisschen mit der Idee, und wenn ich nicht zwei Tage später einen Termin hätte, bei dem ich gut aussehen will, würde ich es vielleicht tun. Mir lange Plastiknägel aufkleben lassen. Mit Glitzerbildchen. Wir unerschrockenen investigativen Journalistinnen tun so was ja! Außer wir haben zwei Tage später etwas vor. Nein, sage ich also, ich habe keine Nägel, außer meinen eigenen, und ich will auch keine.

Die Maniküre ist gar nicht so tussig wie angenommen, aber eine Freundin von ihr sitzt mit im Salon. Die Freundin immerhin hat große Mengen schwarzen Lidschatten aufgetragen und einen veritablen Tussihund dabei. Geht doch! Ihre Nägel kann ich leider nicht sehen.

Maniküre geht so: Man bekommt die Nägel gefeilt, die Nagelhaut entfernt und die Nägel mit einer Art weichem Bimsstein poliert. Vielleicht bin ich ein bisschen ungnädig, aber die eine Hälfte davon kann ich selbst, die andere braucht kein Mensch. Was ist mit Sie baden gerade Ihre Hände drin? Nix ist. Keine duftenden Lotionen, keine Handmassage, nicht mal eine tussige Einrichtung, alles total unspektakulär. Die Dame ist sehr nett, die Tussifreundin sitzt, den Tussihund auf dem Schoß, stumm im Sessel. Zum Abschluss bekomme ich die Nägel in einer einigermaßen unauffälligen Farbe lackiert, sie schimmert rosa-perlmutt, nun ja. Unterlack drunter, Lack drauf, ich stecke die Hände in ein Trockenpustegerät, fertig.

Der Lack sieht aus, als hätte ich ihn selbst aufgetragen, mit Lufteinschlüssen, Kratzern und allem. Ich habe gedacht, ein Profi würde das besser hinkriegen, aber tatsächlich sind meine Nägel jetzt weder die einer Dame noch die einer Tussi, und meine eigenen sind es irgendwie auch nicht mehr recht. Ich bin ein wenig enttäuscht und finde Maniküre überflüssig. Was andererseits auch nicht wirklich überraschend kommt, wenn man schon Nagellack eigentlich für überflüssig hält. Beim Bezahlen bekomme ich das Lackieren geschenkt, zur Begrüßung sozusagen, und das ist dann doch wieder ganz reizend. Und so werde ich den rosa Glitzerlack wohl noch einen Tag drauflassen und ihn vor meinem Termin wieder entfernen. Wie ich mich kenne, ist bis dahin sowieso die Hälfte abgeplatzt, Dame hin oder her.

Isabel Bogdan

Isabel Bogdan übersetzt seit 10 Jahren Literatur aus dem Englischen (u. a. Jonathan Safran Foer, Miranda July, ZZ Packer, Tamar Yellin, Andrew Taylor, Sophie Kinsella, Alice Sebold, Janet Evanovich). Sie lebt und arbeitet in Hamburg.
Für unsere Kolumne „Sachen machen“ wird Isabel in den nächsten Monaten viel Skurriles, Abseitiges und Abenteuerliches ausprobieren und von ihren Erfahrungen berichten. Zur Webseite von Isabel Bogdan.