Geschrieben am 8. Mai 2016 von für Litmag, Primärtext

Primärtext: Rolf Schneider: Blutmontag (Auszug)

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Jeden Monat präsentiert das LitMag einen interessanten Primärtext. Diesen Monat: Einen Auszug aus Rolf Schneiders Erzählung „Blutmontag“, erschienen bei CulturBooks.

 

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Die Frage, wie die Entwicklung der DDR nach den Er­eignissen des Oktober 1989 zu bewerten sei, stellt sich immer wieder. In den einschlägigen Veröffentlichungen wird sie einigermaßen kontrovers beantwortet; unter Hinweis auf eine immer noch beträchtliche zeitliche Nähe und die weiterhin unübersichtliche Quellenlage verwei­gern manche Autoren überhaupt eine Bilanz.

Solche Haltung mag verständlich erscheinen, angemessen ist sie nicht. Solange wir jenes Geschehen weiterhin im Bereich der bloßen Gefühligkeit belassen, wird auch die aktuelle Politik überwiegend emotional reagieren, was gemeinhin nicht als beste Methode des öffentlichen Han­delns gilt. Mehr als ein Jahrzehnt nach jenen Ereignissen und am Eingang des neuen Jahrhunderts dürfte es an der Zeit sein, eine objektives Bewertung vorzunehmen und, daraus folgend, einen Ausblick auf Zukünftiges zu probieren. Hierbei könnte geschehen, dass die Bilanz manchem gegenwärtig gepflegten Vorurteil zuwiderläuft. Um der Wahrheit willen werden wir dem nicht ausweichen können.

 

2

Die Deutsche Demokratischer Republik, der ostdeutsche Staat im Frühherbst 1989. Wie war damals die Situation?

Sie war kritisch. Sie war heikel vor allem, was die Lage im Inneren betraf. Die wirtschaftlichen Daten wiesen nach unten, schon das vierte Jahr. Exakte Aussagen darüber zu tref­fen, verbietet sich insofern, als die offiziellen DDR-Statisti­ken immer noch als entschieden manipuliert gelten müssen und andere Aus­künfte nur ausnahmsweise zur Verfügung stehen.

Der erste Mann im Staate, Erich Honecker, war seit einer Tagung der Führungsgremien des Warschauer Paktes in Bukarest ein gesundheitlich angeschlagener Mann. Die Geschichte seiner Operationen und seiner Genesung prägte den gesamten Sommer 1989. In Ost-Berlin wurde nicht mehr straff regiert, die Leute im Land spürten das.

Es gab eine immer stärker anwachsende Welle der Ausrei­sebegehren und der Fluchtversuche. In Prag, Budapest, Warschau füllten sich die Botschaften der Bundesrepublik Deutschland mit DDR-Flüchtlingen. Ungarn öffnete ihnen schließlich seine Grenzen nach Österreich, was alsbald zu schweren diplomatischen Verstimmungen zwischen Buda­pest und Ost-Berlin führte. Das DDR-Flüchtlingsproblem bestimmte die Schlagzeilen der Weltpresse im Sommer 1989. Befand sich die DDR in einer kritischen Situation?

Der Begriff Krise sei in diesem Zusammenhange völlig nichtssagend, hat man verschiedentlich gesagt. Tatsäch­lich war keines der innenpolitischen Ereignisse im Spätsommer ’89 eigentlich neu. Dass viele Leute die DDR am lieb­sten verlassen würden, war bereits seit mehr als drei Jahrzehn­ten bekannt, und genau deswegen hatte man im August ’61 die Mauer gebaut.

Neu war allenfalls ein gewisser Problemstau. Auch dergleichen hatte es früher schon gegeben. Zweifellos musste Erich Honeckers Abwesenheit diesmal die Dinge verschär­fen. „Die Krise, wenn wir es denn so nennen wollen“, leitar­tikelte die Süddeutsche Zeitung, „ist vor allem ein Problem des fehlenden Managements.“

In solcher Stimmung wollte die offizielle DDR den 40. Jahrestag ihrer Staatsgründung begehen. Geplant waren Fei­ern mit allem Pomp, den die kommunistischen Länder zu solchen Anlässen aufzubieten pflegen. Delegationen aus den verbündeten Staaten wurden erwartet. Aus der Sowjetunion hatte sich der damalige Parteichef Michail Gorbatschow angesagt.

Rechtzeitig, Ende September, kehrte Erich Honecker aus dem Krankenhaus zurück und nahm seine Arbeit wieder auf. Hinsichtlich der Botschaftsbesetzungen in Prag und Warschau waren jetzt Entscheidungen zu treffen, die, nach den vorangegangenen Ereignissen in Ungarn, nur darauf hinauslaufen konnten, dass auch diesen Flüchtlingen die erwünsch­te Weiterreise gewährt wurde. Sie erfolgte mit der Eisenbahn. Die Züge wurden über DDR-Territorium geleitet. Bei die­sem Transit kam es zu Unruhen, besonders in der Stadt Dres­den.

Die oft gestellte Frage, ob die Führung dergleichen nicht hätte voraussehen müssen, ist so zu beantworten, dass sie das natürlich vorausgesehen hat. Schließlich kannte sie die Stimmung unter den Leuten. Ungeachtet aller damit verbunde­nen und von ihr zweifellos bedachten Risiken wollte sie ihre politische Souveränität demonstrieren. Das hat sie getan und die Nebenwirkungen bewusst in Kauf genommen. Es beweist zugleich, wie trotz allem sicher sie sich fühlte.

Außerhalb der DDR und ebenso bei der dortigen Bevöl­kerung hielt man dies freilich eher für ein Zeichen von Ratlo­sigkeit und Schwäche. Die Reisewege nach Prag und Warschau wurden bald durch entsprechende Erlasse der Regie­rung unterbunden. Die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag lie­fen an, mit den in der DDR üblichen Demonstrationen der Macht. Erich Honecker sprach beim Festakt im Palast der Republik: „Heute ist die DDR ein Vorposten des Friedens und des Sozialismus in Europa. Dies zu keiner Zeit zu ver­kennen, bewahrt uns, sollte aber auch unsere Feinde vor Fehleinschätzungen bewahren.“

Sensible und aufmerksame unter den westlichen Beob­achtern bemerkten die unüberhörbare Warnung. Sie erkann­ten außerdem das unerschütterliche Bewusstsein der innenpolitischen Stabilität. Die herrschenden Kommunisten hat­ten „das Heft in der Hand“, wie die amerikanische Journali­stin Emely Prescott in International Herald Tribune schrieb. „Wer die Feier miterlebt hat, kann sich unmöglich darüber täuschen, dass dieses Regime noch völlig im Besitz seiner Kräf­te war.“

Die Mehrzahl aller Beobachter aus dem westlichen Aus­land hatte sich freilich darauf geeinigt, in der Honeckerrede eine leere Deklamation und in den zugeordneten Feierlichkeiten ein unglaubwürdiges Schauspiel der befohlenen Akklamation zu erblicken. Entsprechend fielen ihre Berichte aus. Sie wirkten teilweise direkt zurück auf das politisch inter­essierte Publikum in der DDR, und es ist nicht auszu­schließen, dass sie auch die Ereignisse am Abend des 7. Oktober in Berlin inspiriert haben.

Die spielten sich vorwiegend im Stadtbezirk Prenzlauer Berg ab, einem alten Arbeiterquartier mit vielen zerfallenen Häusern, wo jugendliche Oppositionelle aus der DDR ihre Wohnung hatten. Am Abend bildete sich auf der Hauptstraße des Bezirks, Prenzlauer Allee, ein spontaner Demonstrati­onszug. Die Teilnehmer waren vorwiegend junge Leute. Sie trugen Schilder und Spruchbänder. Die Polizei ging mit Schlagstöcken gegen sie vor.

Zahlreiche Festnahmen erfolgten. Demonstranten wurden auf Lastwagen gestoßen und abtransportiert. Es kam zu bru­talen Beschimpfungen, zu schweren Misshandlungen, selbst auf Schwangere oder Verletzte wurde keinerlei Rücksicht genommen. Die Zahl der Festnahmen ist niemals offiziell bekannt geworden, inoffizielle Schätzungen sprechen von mehreren hundert.

In den amtlichen Verlautbarungen der DDR war später von Provokationen die Rede, die durch Korrespondenten westli­cher Massenmedien angeregt worden seien. Das Grundmu­ster der Argumentation war damit gegeben. Man konnte es be­liebig wiederholen und variieren, wie es dann im Falle Leip­zig auch geschah.

 

3

Die sächsische Industrie- und Handelsmetropole hat in der DDR von jeher ihre Sonderrolle gespielt. An Einwohnern zweitgrößte Stadt, zog und zieht sie durch ihre Messen zweimal jährlich viel internationales Publikum an. Dies garantiert mehr Offenheit, mehr Informationen und mehr Selbst­bewusstsein als anderswo. Leipzigs Universität gilt als die beste des Landes nach jener von Berlin.

Leipzigs protestantische Christen gehören zur sächsischen Landeskirche, größte unter den Gliedkirchen des evangeli­schen Kirchenbundes in der DDR. Mit der Herrschaft Erich Honeckers war der einst heftig geführte Kirchenkampf im Land deutlich zurückgegangen. Man hatte ein Arrangement gesucht und gefunden. Die Konsequenz war, zur Überra­schung staatlicher Stellen, dass der Protestantismus in der DDR an Einfluss eher noch zugewann.

Er äußerte sich zumal in politischen Fragen. Wo immer es in der DDR Konfliktfelder gab und wo immer sich von der Herrschaftsmeinung abweichende Gesinnungen arti­kulierten, gewährte die Kirche Schutz, wenn nicht Unter­stützung. Konstant blieb bei den Menschen über alle Jahrzehnte hinweg der dringende Wunsch nach mehr individueller Frei­zügigkeit.

Niemand kann exakt sagen, welcher Prozentsatz der Bevölkerung damals das Land endgültig verlassen wollte. Wahr­scheinlich schwankten die Zahlen. Erheblich waren sie die meiste Zeit. Derart gab es einen fortwährenden Druck auf die Behörden, und die Kirche sah sich veranlasst, auch hier zum Sachwalter zu werden.

Seit geraumer Zeit veranstaltete damals die Nikolaigemeinde in Leipzig an jedem Montagnachmittag Friedensandachten. Im Anschluss daran war es regelmäßig zu öffentlichen Demonstrationen gekommen. Sie wurden sofort durch die Polizei gesprengt, was nicht verhindern konnte, dass sie von Mal zu Mal umfänglicher ausfielen.

Der 9. Oktober 1989 war ein Montag. Zwei Tage zuvor hatte es die Zusammenstöße in Berlin gegeben. Wie also würde dieser Montag in Leipzig ablaufen?

Jedem nachdenklichen Beobachter hätte deutlich werden müssen, dass die Polizeieinsätze am 7. Oktober in Berlin bloß eine Art Generalprobe gewesen waren. Freilich, in der DDR-Hauptstadt gab es damals keine mit Leipzig vergleichbare Tradition für dissidente Bekundungen in aller Öffentlichkeit. Die Prügeleien am Prenzlauer Berg waren als Signal für die Messestadt gedacht.

Kurze Zeit zuvor hatte sich Egon Krenz in Peking aufgehalten. Er hatte das blutige Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber den demonstrierenden Studenten, auf dem Platz des Himmlischen Friedens, ausdrücklich gutgeheißen. Egon Krenz war damals zweiter Mann im SED-Polit­büro, er zeichnete in der Parteiführung verantwortlich für Probleme der Sicherheit. Seine Äußerungen in Peking waren nicht die Worte eines gewöhnlichen Touristen, und sie sind von niemandem so interpretiert worden.

Am 9. Oktober würde es in der Nikolaikirche wieder die übliche Friedensandacht geben. Bereits am Vormittag ließ sich erkennen, dass diesmal mit größeren Zwischenfällen zu rechnen war.

Überall in den Vororten stand Militär bereit. Leipzig war für ausländische Korrespondenten gesperrt. Die SED-Betriebs­kampfgruppen befanden sich seit Tagen in Alarmbereitschaft. Das medizinische Personal in den Krankenhäusern hatte außerplanmäßigen Dienst, Blutkonserven waren bereitgestellt. Ab dem Mittag zogen überall in der Innenstadt Polizeiposten auf.

In Leipzig breitete sich Nervosität aus. Offenbar auf An­weisung der örtlichen SED gab es eine eilends einberufene Beratung von Parteifunktionären und Künstlern. Der Chefdirigent des Gewandhausorchesters, Kurt Masur, wandte sich schließlich in ihrem Auftrag über den lokalen Radiosender mit einer Botschaft an die Einwohner. Er mahnte zu Ruhe und Besonnenheit, auf allen Seiten. Er warnte vor einer gewaltsamen Auseinandersetzung. Dies war der letzte und geradezu verzweifelte Versuch, das drohende Unheil doch noch aufzuhalten.

 

4

Am Nachmittag gab es zunächst die Friedensandacht in der völlig überfüllten Nikolaikirche. Im Anschluss daran formier­ten sich auf dem Karl-Marx-Platz die Demonstranten. Die Polizei hatte Lautsprecherwagen aufgefahren und warnte vor der Teilnahme an einer nicht genehmigten Veranstaltung. Dies wurde überhört oder missachtet. Die Menge formierte sich zum Demonstrationszug.

Über die Zahl der Teilnehmer gibt es widersprüchliche Mitteilungen. Angaben schwanken zwischen fünf- und zwan­zigtausend. Auf der Ringstraße stand eine Sperrkette aus uniformierten Ordnungskräften und gepanzerten Fahrzeugen. Der Demonstrationszug bewegte sich direkt darauf zu. Laut­sprecherdurchsagen der Polizei wurden jetzt durch die Rufe der Demonstranten übertönt: Wir sind das Volk!

Etwa fünfzig Meter von dem Polizeikordon kam der Zug ins Stocken. Die vorderen Marschierer wurden von hinten weitergeschoben. Die Volkspolizisten erhielten daraufhin Befehl, von ihren Waffen Gebrauch zu machen.

Er erfolgten Warnschüsse, dann mehrere gezielte Salven in die Menge der Demonstranten. Die Verwundeten stürz­ten zu Boden. Gruppen radikaler Jugendlicher gingen daraufhin mit Steinen und Metallgegenständen gegen die Ordnungs­kräfte vor. Es kam zu einer förmlichen Straßenschlacht. Aus den Seitenstraßen drangen neue Polizeieinheiten vor, verstärkt durch Armee-Angehörige.

Auf den immer noch von Menschen überfüllten Karl-Marx-Platz fuhren inzwischen gepanzerte Fahrzeuge, was die Menge zu panikartigen Reaktionen veranlasste. Personen wurden zu Tode getrampelt. Insgesamt dauerten die Zusam­menstöße etwa dreißig Minuten. Der DDR-Innenminister verhängte den Ausnahmezustand über die Stadt, was mittels Lautsprecherwagen und ständige Durchsagen im lokalen Rundfunksender verbreitet wurde.

Am nächsten Vormittag verlas ein Sprecher der DDR-Regierung eine amtliche Erklärung zu den Geschehnissen:

„Am Nachmittag des 9. Oktober kam es in der Leipziger Innenstadt zu einem Zusammenstoß zwischen Einheiten der Deutschen Volkspolizei einerseits sowie gewalttätigen Pro­vokateuren und republikfeindlichen Elementen auf der anderen Seite. Entgegen der mehrfach erfolgten Aufforde­rung, ihre verbotene Zusammenrottung aufzulösen, began­nen einzelne Randalierer mit tätlichen Übergriffen gegen die Ordnungskräfte, die sich daraufhin gezwungen sahen, von ihrer Schusswaffe Gebrauch zu machen. Bei den Auseinandersetzungen wurden 28 Personen getötet. Darunter befan­den sich sieben Genossen der Volkspolizei. 211 Personen, darunter 45 Genossen der Volkspolizei, wurden zum Teil schwer verletzt und in die örtlichen Krankenhäuser eingelie­fert, wo sie sofort eine ärztliche Behandlung erfuhren. 32 von ihnen konnten inzwischen wieder entlassen werden. Die alleinige Verantwortung für die gesamten Ereignisse tragen die Rädelsführer der Zusammenrottung, die im Zusammenspiel mit westlichen Medien ihre antisozialistischen Provo­kationen von langer Hand vorbereitet haben. Die Ordnung in Leipzig ist inzwischen wieder hergestellt. Der am Vortag vom Innenministerium der Deutschen Demokratischen Republik verfügte Ausnahmezustand ist seit heute morgen acht Uhr wieder aufgehoben.“

 

5

In jenen Tagen gab es nur noch eine Frage: Ob die blutigen Ereignisse von Leipzig vorhersehbar gewesen waren und ob sie sich hätten vermeiden lassen.

Der Zusammenstoß war vorhersehbar. Es hatte genügend einschlägige Warnungen und Hinweise gegeben. Die DDR-Führung wäre unglaubwürdig geworden, hätte sie die Demonstrationen in Leipzig weiter hingenommen. Es gab für sie nur noch die Wahl zwischen dem chinesischen Modell und einer Entwicklung wie etwa in Polen. Sie hatte sich für die Pekinger Lösung entschieden und damit für den eigenen Machterhalt.

Wäre es gelungen, die Demonstration noch rechtzeitig abzusa­gen, wären die Schüsse nicht gefallen, doch offenbar gab es niemanden, der die Kraft und die Autorität besaß, einen solchen Verzicht erfolgreich zu vertreten und durchzu­setzen. Der Appell von Kurt Masur blieb ungehört. Die Erre­gung unter den Menschen war schlichtweg zu groß.

Offensichtlich hatte die Berichterstattung der in Leipzig zugänglichen westlichen Medien bei alledem ihren Anteil. Ein förmliches Zusammenspiel, wie von der offiziellen DDR immer wieder behauptet, hat selbstverständlich niemals stattgefunden. Dass gleichwohl und in einem weiteren Sinne eine unabsichtliche Einflussnahme erfolgte, lässt sich freilich nicht abweisen, und die westlichen Journalisten sind insofern für das Geschehen mitverantwortlich, als auch sie die War­nungen der DDR-Machthaber entschieden zu leicht nah­men.

Wie aber stand es mit den Sowjets?

Die Rote Armee hat nicht eingegriffen, weil sie nicht eingreifen musste. Nach allem, was wir inzwischen wissen, befand sie sich in erhöhter Alarmbereitschaft, übrigens mit der Billigung von Michail Gorbatschow.

Dabei war gerade die Hoffnung auf Gorbatschow ein wesentlicher Impuls für die Demonstrationen in Leipzig gewesen. Gorbatschows Perestroika bedeutete für weite Kreise der Oppositionellen in der DDR eine Art Vorbild oder Modell, ausweislich auch der zahlreichen Gorbi-Rufe auf den ostdeutschen Straßen.

Nun war Michail Gorbatschow gerade Gast in Ost-Berlin, als die dortigen Übergriffe der Staatsmacht geschahen. Wieso sollte er jetzt die Übergriffe in Leipzig verhindern? Und wie sollte sich das gestalten? Die Stabilität in Ostdeutsch­land war in diesem besonderen Falle bloß noch mit Blutvergießen zu haben.

[…]

 

Wie es weitergeht, erfahren Sie in der Digitalausgabe der Single „Die Seiltänzerin“, dort ist „Blutmontag“ die B-Seite:

Rolf Schneider: Die Seiltänzerin. Story. Plus B-Seite: Blutmontag. Digitales Original. CulturBooks Single, April 2016. Circa 52 Seiten. 1,99 Euro. ISBN 978-3-95988-038-1

Über das Buch
»Die Seiltänzerin« heißt diese Single-Auskopplung von Rolf Schneider. Sie dreht sich um ein Gemälde des russischen Künstlers Alexej Subkow: Die Seiltänzerin entsteht 1925, und es wird eine unruhige Reise durch die Jahrzehnte antreten, fast auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs landen, irgendwann aber wieder in seine Heimat zurückkehren. Rolf Schneider zeichnet kurze Porträts der wechselnden Besitzer des Gemäldes und beschreibt den Weg, der Die Seiltänzerin mitten durch die politischen Umwälzungen im ehemaligen Ostblock hindurchführt.

Und als B-Seite der Single gibt es die Geschichte »Blutmontag«: Was, wenn sich die DDR-Regierung im Oktober 1989 für das chinesische Modell entschieden und die friedlichen Demonstrationen blutig niedergeschlagen hätte? Rolf Schneider lässt sich auf dieses Gedankenspiel ein und dekliniert die Folgen durch. Eine ernüchternde Alternative zum Mauerfall.

Rolf Schneider setzt sich kritisch, ungewöhnlich und ironisch gebrochen mit der Geschichte des Ostblocks, der DDR und den tatsächlichen politischen Begebenheiten auseinander.

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