Neue Empfängerdaten vom Planetenhopping am Comicfestival Hamburg von/an Charlotte von Bausznern:

Caroline Budden
III.I: Kaffee und Kuchen
Die zwei Stufen zum Börsenplaneten des Hamburger Comicfestivals sind mehr in feuchtes Nebelgeschwader getaucht denn strahlendes Zentralgestirn. Aber was kümmert das uns Astronauten, er kann ja fliegen, der Börsenplanet. Je schlechter das Wetter, desto besser der Background.
14.15 Uhr: Die Oberfläche dieses Planeten ist Unglaublich laut, Herrensahne, Drops, Earth unplugged, Zirp und Oh. Oder auch: Viel Gefaltetes in Zeiten der Krise. Im Kölibri sind zuerst die Tische mit den kleinen handkopierten Sternchen an der Reihe, und wer sich durch das gemütlich brummelnde Getümmel in den zweiten Raum treiben lässt (Durchstoss geht auch), kommt dann auch zu Carlsen, Reprodukt, Edition Moderne, Avant, und am Mami Verlag gar nicht vorbei. Das ist programmierte Umlaufbahn. Viele junge Menschen hinter den Tischen, viele mit Werkzeug auf dem Knie und dabei, Realität in Fiktion zu zeichnen.
Es geht da um einen Mann. Düstere Machenschaften. Facebook, nachgezeichnet. Schnöselmösels werden von Hans und Till aus ihren Mänteln verkauft (bei der Produktion war viel Bier und auch ein Praktikant beteiligt, wer hätte das gedacht). Und dann machst du so, mach mal so, sagen die Comicfighters mit Nerdbrille und lila kariertem Hemd, das ist die Zukunft, die turnt hier in den Sternen.
So ab 17.30 Uhr werden die Menschen hinter den Tischen älter. Es bleibt gemütlich, I guess I’m floating (Isabel Seliger), vor den Tischen auch mal keine Freunde sondern flugtüchtige Fremdkörper, also Laufkundschaft, das Gackimonster hat zu viel Milch getrunken, sagt der Zauberer im Franz, mit Griff nach ganz oben nach dem einzigen österreichischen Raumfahrer benannt. Dieser Wiener Franz wird von noch so einem freundlichen Astrionauten betreut: Narrative Drawing. Über Begrifflichkeiten unterhalten wir uns wann anders, weil jetzt echt: die Sonne.
III.II
Limonade bei Karolin Reinhold : Mex-i-Can! Rethinking the Americas im Buttclub
Was es mit dem Titel auf sich hat (diese empörende Anzüglichkeit, oder so), hab ich nicht ganz verstanden. Mex-i-can klingt eher nach Politparole. Egal, ach es wird doch noch voll, und die Technik klappt dann auch: Karolin Reinhold schlägt in ihrem Vortrag über „Love & Rockets“, dieser Saga zum Mitälterwerden der Gebrüder Jaime und Gilbert Hernandez, ansatzweise akademische Töne an. Ein erstaunlicher Start für die Vortragsreihe des Festivals, es fällt kein einziges Smashboombang, kein Fluchwort, Geschwindigkeitsstreifen sind auch nicht zu sehen, und die Kultur kommt in Anführungszeichen. Reinholt hantiert mit Messgeräten, die den piktoralen Elementen des „kulturellen Bastards“ zwar Konstitutivität zuweist, die Grenzüberschreitung im Graphischen aber nicht erkennen (wollen). Es wäre ein Versuch wert, den kulturwissenschaftlich-inhaltlichen Ansatz mit einem Diskurs, der an diesem Festival zwar konsequent gelebt, nur nicht ausgesprochen wird, enger zu koordinieren. Bleiben die goldenen Steckdosen des Buttclubs.
III.III
ComicReigen oder Brummkreisel-Party im Golden Pudel Club
Standardkerzen, weisser Zwerg. Auf dem Weg zur Supernova habe ich mich mit einem freundlichen Raumshuttledienstfahrer unterhalten (ich schätze, er hatte sein Gefährt auf 2D umgeschaltet), der mich in meiner irrigen Annahme, Animation wäre nur grenzwertig Comic, gehörig korrigiert hat. Dragonball und Sailormoon.
Direkt vor dem Knotenpunkt des Abends habe ich das wahrscheinlich zurückhaltendste Verkaufsgespräch mit dem freundlichen Astronauten in den grossen grauen Hosen geführt. Sein Verlag undergroundcomix ist offensichtlich so gefährlich, dass er mir gerade die Rechercheempfängerdaten verweigert. Youggoth Rising No. 1 jedenfalls ist konventioneller Comic, Europa der 30er Jahre, Maya-Fantasmus, und er ist wohl mal einem Kaninchen unter Zeitdruck nachgelaufen.
Teilchenwinde, Synthese, Sonnenleuchtkräfte, es ist saukalt in diesem legendären Pudel (davor auch). Weiter unterhalte ich mich mit Martin tom Dieck endlich mal über Papier Tusche Feder und alte Kopiergeräte, die verschwinden. Ab Mitternacht klären sich die Sichtverhältnisse am Nachthimmel und das goldene Loch beginnt Publikum zu schlucken. Den einen oder anderen Astronauten erkennt man trotz Helm. Drinnen gäbs auch Videos im grellen Raum, gleich bei einem aufgedunsenen Tim ohne Struppi, no future hat immer noch kein Alter. Am Donnerstag sagte Martina Lenzin zu uns Satellitenspaziergängern: Wir verlangen viel. Jetzt gilts. Seid mit uns. Um zwei Uhr steht alles auf Erwartung, Gravitationskorrektor, schliesslich haben wir es nicht mit dem Ende einer Entwicklung zu tun: Comicastronauten brauchen keine Supernova, weil sie selber supernover sind. Parties beschreibt man nicht.
III.IV
Zuhause
Beim Zähneputzen mit so kleinen Empfangsäuglein denk ich noch: Wie war das noch mal, Jul Gordon? Ich sollte mir ihre Anleitung zum Zähneputzen an den Spiegel pinnen. Wenn ich noch wüsste, in welchem schönen Heft die drin war.
Es gab: Geöffnete Luken. Einer zuviel, gaps, schon wieder viel Autofiktionaligraphie, Sauna, einen unheimlichen Moment, Väter mit Brillen. Hab ich die Sonne schon erwähnt? Die scheint jetzt wieder.
Morgen serviert das Frühstück dann Fernfunk mit Rückblick, ausgeschlafen.