Geschrieben am 1. August 2021 von für Crimemag, CrimeMag August 2021

Sekundärliteratur: About Crime Fiction

Hinweise zur Sekundärliteratur von Thomas Przybilka – Auszug aus der aktuellen Lieferung 

Seit Jahren bibliografiert, archiviert und kommentiert der Ehrenglauser-Preisträger Thomas Przybilka in seinem BoKAS (= Bonner Krimi-Archiv Sekundärliteratur) wissenschaftliche und publizistische Arbeiten aus aller Welt, die sich mit den unendlichen Facetten von Kriminalliteratur befassen. In unregelmäßig regelmäßigen Abständen erscheinen dann seine unschätzbar wertvollen Zusammenfassungen der aktuellen Sekundärliteratur, die jeder zur Kenntnis nehmen muss, der sich auch nur ein bisschen über seine Lieblingsliteratur kundig machen möchte. Ein solcher „Newsletter“ hat leicht einmal 160 bis 200 Seiten; deswegen empfiehlt CrimeMag unregelmäßig ein paar Titel aus dieser Fülle, die uns besonders bemerkenswert erscheinen.

Binder, Sabine: Women and Crime in Post-Transitional South African Crime Fiction. A Study of Female Victims, Perpetrators and Detectives. 2020, VIII/244 S., Brill (Costerus New Series, Bd. 230), 90-04-43743-6 / 978-90-04-43743-2, EURO 99,00

Die Schweizer Sabine Binder, Dozentin an der Universität Zürich, war vor einigen Jahren Gast an der Universität Stellenbosch, um zur südafrikanischen Kriminalliteratur zu forschen. Das Ergebnis ihres Forschungsaufenthalts liegt jetzt als Analyse über weibliche Opfer, Detektive und Täter im südafrikanischen Krimi nach Beendigung der Apartheid vor. Sabine Binder hat dafür zahlreiche südafrikanische Kriminalromane, auch im Hinblick auf deren feministisches Potential begutachtet. Die vorliegende Analyse zeigt auf, dass der südafrikanische Kriminalroman sich als Plattform für eine soziale, kulturelle und ethische Debatte versteht. Im Fokus dieser Kriminalliteratur stehen oftmals Themen wie Gerechtigkeit für weibliche Opfer, Rassismus und Frauenfeindlichkeit. Für diese Arbeit hat Sabine Binder die Kriminalromane von Penny Lorimer, Malla Nunn, Margie Orford, Mike Nikol, Jassy Mackenzie, Angela Markholwa, Michéle Rowe, Hawa Jande Golakai und Charlotte Otter und deren ProtagonistInnen ausführlich analysiert.

Sabine Binder ist Dozentin an der Zürcher Universität für Lehrerbildung. Sie hat über südafrikanische Krimis, Gender und Lehrmethoden publiziert.

Farina, William: Italian Crime Fiction in the Era of the Anti-Mafia Movement. 2020, 226 S., McFarland & Company, 1-4766-7735-2 / 978-1-4766-7735-4, US $ 65,00 

Am 23. Mai 1992 wurde Italiens führender Anti-Mafia Richter Giovanni Falcone zusammen mit Bodyguards und seiner Ehefrau in der Nähe von Palermo ermordet. Wenig später, am 19. Juli 1992, fiel auch Paolo Borsellino, ebenfalls Anti-Mafia Richter und Freund Falcones, einem Attentat zum Opfer. Auftraggeber und Hintermänner dieser beiden tötlichen Attentate war die sizilianische Mafia, bekannt unter dem Namen „Cosa Nostra“. Für die italienische Kriminalliteratur waren diese beiden Attentate ausschlaggebend und wegweisend für eine intensive fiktionale Beschäftigung mit dieser italienischen Terrororganisation. William Farina bezeichnet diese neuen Krimi-Richtung als „New Italian Epic“. Farina analysiert in seinem Werk die Geschichte der Mafia und der mafiösen Strukturen, um sich dann mit den Arbeiten einiger italienischer Autoren und einen englischsprachigen Autoren zu beschäftigen. Wer Interesse an den Krimis dieser Autoren und der Entwicklung der jüngsten italienischen Geschichte hat, findet in „Italian Crime Fiction in the Era of the Anti-Mafia Movement“ ausführliche Informationen. Eine Readinglist englischsprachiger Bücher der im Inhalt aufgeführten Autoren ergänzt Farinas Untersuchung. 

Über u.a.: Roberto Saviano/ Wu Ming /Gianrico Carofiglio / / Maurizio de Giovanni /Massimo Carlotto /Giancarlo de Cataldo / Elena Ferrante /Michael Dibdin / Sicilian Backlash / Andrea Camilleri. 

William Farina hat zahlreiche Veröffentlichungen (wie zur Artuslegende, frühem Christentum, amerikanischen Bürgerkrieg, Shakespeare und Baseball) vorgelegt. William Farina lebt in Chicago. 

Ghosn, Katia / Tadié, Benoît (Hg): Le récit criminel arabe / Arabic Crime Fiction. 2021, VI/268 S., 3 Abbildungen, Harrassowitz Verlag (Mîzân – Studien zur Literatur in der islamischen Welt, Bd. 32), 3-447-11576-9 / 978-3-447-11576-6, EURO 58,00

Arabic fiction has thematized crime ever since the classical period. However, the existence of detective stories or, more generally, of crime fiction as a genre within Arabic culture has yet to be fully acknowledged. This book therefore offers both a theoretical reflection on this genre in its context and a set of studies on instance of crime fiction in the Arab world. Covering a vast historical and geographical range, it tackles famous writers as well as authors of young adult fiction, deals with the current practitioners of noir as well as with classical detective stories, as also focuses on the adjacent fields of film and television production. „Arabic Crime Fiction / Le récit criminel arabe“ thus fills a theoretical and historical gap in current scholarship. Bringing together specialists of Arab literature and cinema and/or crime fiction, it provides an overview of a rich and varied genre, at the crossroads between the narrative, philosophical, and legal traditions of the Arab world, the realities of contemporary society, and the international forms of crime fiction. It thus demonstrates that Arabic crime fiction does, indeed, exist, even though it is not yet fully recognized by the publishing market and academic institutions.

Kniesche, Thomas W. (Hg): Contemporary German Crime Fiction. A Companion. 2019, 336 S., Walter de Gruyter (Companions to Contemporary German Culture, Bd. 7), 3-11-042655-2 / 978-3-11-042655-7, EURO 24,95 

Herausgeber Thomas W. Kniesche dürfte den Abonnenten des KTS als Autor von Referenzwerken zur Kriminalliteratur ein Begriff sein. Sein hier vorgestelles Werk vermittelt Lesern in der anglophonen Welt ein umfassendes Bild und pointierten Blick auf die deutschsprachige Kriminalliteratur. Hierfür konnte Thomas W. Kniesche ausgewiesene Experten auf dem Gebiet des deutschsprachigen Krimis zur Mitarbeit gewinnen. Neben einem kurzen Überblick zur deutschen wie internationalen Kriminalliteratur werden einzelne Subgenres (Soziokrimi, NDK, Frauenkrimi etc) analysiert, sowie eine überschaubare Auswahl von wichtigen und richtungsweisenden Kriminalschriftstellerinnen und –schriftstellern im Porträt vorgestellt und ausführlich auf ihr Werk eingegangen. Der Anhang verweist in einer Bibliographie der Primärliteratur auf jene AutorInnen, die in den Augen des Herausgebers wie auch der Beiträger wichtig sind, um den englischsprachigen Lesern mit deutschen Sprachkenntnissen die deutschsprachige Kriminalliteratur in ihren verschiedenen Facetten zu vermitteln. Eine (erfreulich) ausführliche Aufstellung weiterführender (internationaler) Literatur ergänzt und ein Index erschließt das Werk.

Thomas W. Kniesche ist Associate Professor für Deutsch an der Brown University. Veröffentlichungen über Günter Grass, deutsch-jüdische Literatur, Kriminalliteratur und deutsche SiFi-Literatur. Letzte Veröffentlichungen: „Einführung in den Kriminalroman“ (2015) und „Büchermorde – Mordsbücher“ (2016).

Sagaster, Boerte / Strohmeier, Martin / Guth, Stephan (Hg): Crime Fiction in and around the Eastern Mediterranian. 2016, VII/156 S., Harrassowitz Verlag (Mîzân – Studien zur Literatur in der islamischen Welt, Bd. 23), 3-447-10492-9 / 978-3-447-10492-0, EURO 39,00

For a long time, crime fiction has been considered popular literature – an assessment that prevented serious critical engagement with it. It is only in recent years that critical literary theories have begun to be applied to genres such as crime fiction, while at the same time the interest of literary scholars in crime fiction by authors not belonging to the European-American ‘Western‘ cultures has grown. The articles assembled in this volume seek to address the role of crime fiction in and around the Eastern Mediterranean in countries such as Turkey, Greece, Morocco, Algeria, Syria, Saudi-Arabia, and Egypt, focusing on generic, terminological, literary critical, social, and cultural themes. The book is intended to be an invitation for literary scholars doing research on different literatures of the Eastern Mediterranean to compare and discuss their results and to engage in further research in this field.

Togola, Adama: Poétique et savoirs du polar d’Afrique francophone. 2020, 254 S., Éditions l’Harmattan (sang maudit), 2-343-20854-9 / 978-2-343-20854-1, EURO 27,00

Fragen nach der Beziehung des Krimis und Thrillers des französischsprachigen Afrikas zur Geschichte und Tradition des Genres, werden gewisse Regeln des Genres eingehalten, sind diese Regeln erkennbar? Diesen Fragen geht Adama Togola in 25 Kapiteln seiner Untersuchung, basierend auf zahlreichen Kriminalromanen aus dem frankophonen Afrika, nach. Eine umfangreiche Bibliographie weiterführender Literatur beschließt diese Analyse.

Adama Togola promovierte in französischer Literatur an der Universität von Montreal. Seine Forschungsschwerpunkte: französischsprachige Literatur, Kriminalliteratur, Genre-Poetik.

Tüfekçioğlu, Zeynep: Nation and Identity in Turkish Crime Fiction. Reading Ahmet Ümit’s Novels as a Medium of Ideological Negotiation. 2021, X/243 S., Harrassowitz Verlag (Mîzân  – Studien zur Literatur in der islamischen Welt, Bd. 33), 3-447-11578-5 / 978-3-447-11578-0, EURO 58,00PDF hier.

Best known for his crime fiction, Ahmet Ümit is among the most celebrated and prolific writers of contemporary Turkish literature. Yet despite its popularity in Turkey, and increasing recognition abroad, Ümit’s fiction has seldom been subject to scholarly inquiry. Adopting the framework of cultural narratology, Nation and Identity in Turkish Crime Fiction provides the most comprehensive analysis to date of Ahmet Ümit’s crime novels, seeking thereby to fill a gap, and also to widen our understanding of the politics of the Turkish novel by extending the focus of literary and cultural dynamics that have marked Turkish culture and politics over the last two decades. Zeynep Tüfekçioğlu conceptualizes Ümit’s fiction as a medium of ideological negotiation. The study unveils the significance of the various narrative techniques, literary tropes and themes found in Ümit’s fiction, which he employs to contest dominant discourses of national identity, history, and cultural memory. Tüfekçioğlu shows that since his early novels, Ahmet Ümit has been following and adopting the global trends in the genre, while also appropriating and subverting them for the purposes of cultural resistance. As such, this book will appeal to scholars of Turkish literary and cultural studies, as well as to scholars and devoted readers of crime fiction.

Die Fachgebiete von Frau Dr. Zeynept Tüfekçioğlu (Universität Duisburg-Essen) sind u.a. moderne türkische Literatur, Genealogie des türkischen Romans, Islam und Sufismus in der türkischen Literatur, Kriminalroman und Populärkultur.