Was haben Fußball und Crime Fiction miteinander zu tun? Nein, spannend wie ein Krimi lassen wir als Dumpfbatzmetapher nicht durchgehen. Samstag ist Krimitag und Spieltag auch. Außerdem hängt sowieso alles mit allem zusammen. Kriminalliteratur, Comics, Filme, Alkoholika, Jazz und Fußball. Das ist nun mal so. Das reicht uns.
Deswegen sind wir high und happy, Ihnen endlich eine kompetente Fußballkolumne anbieten zu können. Mara Braun bespricht samstags den Spieltag und kommentiert die Ergebnisse. Ach, die können differieren? Umso schlimmer für die Realität, würde Hegel sagen. Eben! Von nun an jeden Samstag (und bei Bedarf auch mittwochs):
Hinter der Linie, vor dem Spieltag
Eine Kolumne von Mara Braun
Schwer zu glauben, aber ab und an ist Fußball auch einfach langweilig. Zum Beispiel, wenn in jedem Satz, der mit Bayern München endet, „purzelnde Rekorde“ ihre Erwähnung finden. Oder wenn Borussia Dortmund das vorentscheidende Spiel gegen Neapel gewinnt. Es ist ja ganz putzig, wenn Roman Weidenfeller anschließend noch etwas atemlos ins Reportermikro haucht, man mache es einfach immer wieder spannend bei den Schwarzgelben – Insider aber wissen natürlich, dabei handelt es sich um einen gepflegten Scherz. Oder habt ihr etwa nicht mitgezählt, zum wievielten mal die Borussen unter Klopp in der Champions League spielen? Ich sage nur, modernes Märchen, Mainz 05, beim dritten Mal wird’s noch mal so schön – da soll doch bitte niemand überrascht tun, wenn der Mann am Ende den Henkelpott hochstemmt.
Erst mal geht es für den BVB-Trainer aber genau dorthin, wo seine so märchenhafte Karriere dereinst ihren Anfang genommen hat, nämlich zu Mainz 05. Und während ihn die Fans dort in alter Tradition mit dem Fußballfastnachtsschmerzfreischlagerhit „Im Schatten des Doms“ aus dem Konzept zu bringen versuchen, heult Verteidiger Manuel Friedrich in seine Stollen. Innerhalb einer Woche an Kloppos Brust und in den Mainzer Schoß zurückzukehren, das ist doch ein bisschen zu viel für den betagten Kicker. Mit Kampfeswille, Raffinesse, dem jungen Karius abermals im Tor und einer kleinen Portion Glück gewinnen die 05er gegen die beiden Wiederkehrer, die auf diesen Sieg des Gegners bei der Heimfahrt im Bus heimlich und leicht nostalgisch ein lauwarmes Kirner trinken. Ein Luxus, von dem vereinzelte Dortmundfans mit unterdurchschnittlich ausgeprägten Geografiekenntnissen nur träumen können – die befinden sich seit Dienstag und nach wie vor auf der verwirrt-verirrten Rückreise aus Nepal.
Gagelmann im Ausnahmezustand
Beim Heimspiel der Schalker gegen Stuttgart sitzt an diesem Samstag statt eines altbekannten Trainers gar niemand auf der Bank: Jens Keller ist von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) auf die Tribüne verbannt worden, Rückkehr – ungewiss. Gerüchteweise muss er zuvor den Beweis antreten, ein Interview von bis zu drei Minuten ohne die Wendung „von dem her“ absolvieren zu können. Die Schalker beeindruckt die Abwesenheit des Coaches kein bisschen, das Spiel endet 3:1 – Katerstimmung in Stuttgart.
Große Aufregung herrscht am frühen Nachmittag in Berlin, wo überraschend Schiedsrichter Peter Gagelmann aufläuft – und das, wo nach seinen jüngsten Schimpfeskapaden vom DFB festgelegt worden war, dass er die Gäste aus Schwaben nicht mehr pfeifen darf. Dumm nur, dass sich der Referee das Spiel vor Monaten hatte zuteilen lassen, um die Pflichtaufgabe in der Hauptstadt mit einem Geburtstagsbesuch bei einer entfernten Verwandten zu verbinden – zwar hatte Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel zuletzt mehrfach versucht, Gagelmann über die veränderte Spielzuständigkeit zu informieren und zum Sonntagsspiel nach Hannover zu schicken, der aber hatte sich seinen Vorgesetzten mit der dutzendfachen Wiederholung der Worte „verpiss dich“ effektiv vom Leib gehalten. In Berlin erkennt der Schiedsrichter sechs reguläre Tore der Augsburger nicht an, in der Folge gewinnt die Hertha mit 1:0.
Niederlage ist Niederlage ist Mist
Als perfekter Gastgeber erweist sich zum zweiten Mal binnen weniger Tage die Mannschaft von Bayer Leverkusen. Noch nicht ganz wieder berappelt vom desaströsen Auftritt unter der Woche in der Champions League verliert die Werkself 0:1 gegen Nürnberg und beschert so den Franken ihren ersten Saisonsieg. Auf seine Aussage vom Mittwoch angesprochen, es sei egal, ob man ein Spiel 0:1 oder 0:5 verliere, reagiert Kapitän Simon Rolfes eher unsouverän mit dem Abbruch des Interviews.
Der weitere Samstag präsentiert sich im Ergebnisticker so unspektakulär wie anfangs bereits angedroht. Natürlich schlägt Bayern zu Hause die Braunschweiger, nicht ganz standesgemäß, aber immerhin 2:0. Das Spiel der beiden Mannschaften ohne Abwehr endet in Sinsheim 3:3 und Robin Dutt prophezeit sicher nicht nur aufgrund der winterlichen Minusgrade einen eher frostigen Empfang bei der Rückkehr nach Bremen. Im Norden jagt derweil gerade ein Derby das nächste, als Sieger geht dabei auch am Freitag der HSV vom Platz. Dessen letzter Gegner Hannover muss am Sonntag gegen Frankfurt ran und bei diesem Spiel dürfte es ebenfalls nur in geringem Maße den Temperaturen geschuldet sein, dass vor Anpfiff allseits Knieschlottern herrscht. Mit ihrem 1:1 der eher langweiligeren Sorte liefern die Mannschaften ein klassisches Spiel für die beliebte Fußballerphrase „ein Ergebnis, das niemandem weiterhilft“.
Ebenfalls ohne Überraschungen endet das Spätspiel der Gladbacher gegen den SC Freiburg, das die Heimmannschaft mit einem verdienten 3:1 für sich entscheidet. Okay, das war jetzt zum Ende hin doch ein wenig öde? Dann sei hier abschließend noch die Brücke zum Thema Sex geschlagen – das zieht ja bekanntlich immer – und zwar mit einer sehr offensichtlichen, aber eher selten thematisierten Gemeinsamkeit: Im Fußball wie beim weiblichen Orgasmus können Millimeter über Jubel oder Enttäuschung entscheiden. In diesem Sinne, viele Tore – und ein glückliches Händchen.
- Mainz 05 – BVB 3:2
- Schalke – Stuttgart 3:1
- Hertha – Augsburg 1:0
- Leverkusen – Nürnberg 0:1
- München – Braunschweig 2:0
- Hoffenheim – Bremen 3:3
- Wolfsburg – Hamburg 1:3
- Hannover – Frankfurt 1:1
- Gladbach – Freiburg 3:1
Mara Braun
Dieser Text wurde am 28.11. 2013, um 08:00 Uhr fertiggestellt.
Mara Braun, geboren 1978 in Heidelberg, aufgewachsen im hessischen Odenwald mit einem Abstecher nach Mississippi, seit 1998 in Mainz am Rhein. Studium der Filmwissenschaft & Publizistik. Journalistin, Autorin, Fußballbegeisterte, Bücherwurm, Überzeugungstäterin. Im September 2013 erschien „111 Gründe, Mainz 05 zu lieben“ (Schwarzkopf & Schwarzkopf). Mara Braun bei Facebook, bei Twitter, im Blog. Mara Braun in Action.