Geschrieben am 15. Februar 2016 von für Crimemag, Film/Fernsehen

DVD: Inspector Barnaby

Barnaby 24Das Immergleiche immer neu

Beim vierundzwanzigsten DVD-Set ist die britische Fernsehserie “Inspector Barnaby” inzwischen angelangt: 18 Staffeln mit zusammen 109 Folgen. Anna Veronica Wutschel hat sich das Geheimnis des Erfolgsrezepts dieser Serie näher angesehen.

Die Immanenz des Immergleichen beruhigt die Natur des Menschen ebenso, wie sie ihr rasch Überdruss bereitet. Die Sensation des Neuen fasziniert den Mensch ebenso, wie sie ihn zuweilen überfordert. Eine erfolgreiche Serie wie “Inspector Barnaby”, die seit der Erstausstrahlung der Pilotfolge “Badger’s Drift” 1997 in Endlosschleife immer wieder überraschend erfolgreich dasselbe neu erzählt, weiß diese Weisheit vorteilhaft zu nutzen. In den letzen 19 Jahren konnten auch eine Menge tief greifender Personalumstellungen diesen Erfolg nicht schmälern. Zunächst verließen den Zuschauer unter Chief Inspector Tom Barnaby (John Nettles) dessen Assistent Detective Sergeant Gavin Troy (Daniel Casey), der zunächst durch DS Daniel Scott (John Hopkins) sowie nach dessen Abgang durch Ben Jones (Jason Hughes) ersetzt wurde.

Nach 81 Folgen verabschiedete sich dann Tom Barnaby selbst nebst Familie in den wohlverdienten Ruhestand und übergab das Ermittler-Zepter an seinen Cousin John Barnaby (Neil Dudgeon). Selbst den Gerichtsmediziner Dr. George Bullard (der großartige, inzwischen verstorbene Barry Jackson) zog es irgendwann in den Angler-Ruhestand nach Irland, er wurde daraufhin von seiner Kollegin Kate Wilding (Tamzin Malleson) abgelöst. In der vorliegenden 24. Staffel verlässt uns nun auch noch Ben Jones. Der Assistent, der eigentlich gehofft hatte, die Barnaby-Nachfolge antreten zu dürfen, wird selbst zum Inspector befördert und nach Brighton versetzt. Der Neue, der sportaktive Charlie Nelson (Gwilym Lee), findet sich indes ohne größere Probleme ins mörderische Midsomer-Idyll ein. Nach der bewährt entspannenden Alles-Neu-Alles-Beim-Alten-Rezeptur fällt dieser Personalwechsel ebenso wenig auf, wie all die anderen. Lediglich Sykes, John Barnabys Hund, sorgt mit grandioser Darbietung seit seinem ersten Auftritt in “Köpfen ist auch keine Lösung” zuverlässig für den ein oder anderen Extra-Schmunzler.

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Grusel ohne Grusel, zuverlässig

“Inspector Barnaby” hält also immer noch, was die ersten, nach den Romanen von Caroline Graham erdachten Drehbücher zu verheißen vermochten. Zwischen hinreißend malerischer Idylle, grandiosen aristokratischen Herrenhäusern und charmant verwinkelten Cottages wird skurril mit beißend bös kommentierenden Dialogen verlässlich konsequent brutal gemordet. “Barnaby” liefert Grusel ohne Grusel und selbst den grausamsten Verfehlungen kann das Schreckliche mit britisch humoriger Art ausgetrieben werden. Trauer scheint in Midsomer generell ein Fremdwort, das Ableben des Nächsten nur allzu oft ein Quell der Freude. Und tatsächlich ist auch in der 24. Staffel jede Folge so federleicht berückend dahininszeniert, als könnte sie trotz aller Garstigkeit als filmische Beigabe wie ein vermeintlich luftig leichtes Raffaello zum gepflegten Tee gereicht werden.

Ein Käse als Mordwaffe und andere Fälle

In “König Dame Tod” erwacht die frühere Maikönigin Harriet Farmer nach einem Jahr aus dem Koma. An den brutalen Schlag auf ihren Kopf kann sie sich ebenso wenig erinnern wie an das vermeintliche Treffen mit ihrem Freund Finn, mit dem sie durchbrennen wollte. Finn ist seit der tragischen Nacht verschwunden. War er es, der Harriet so schwer verletzt hat, dass er in Panik das Dorf verließ? Oder ist ihm selbst Entsetzliches zugestoßen? Diese dringenden Fragen verliert man fast gänzlich aus dem Blickwinkel, als eine Mordserie im ortsansässigen, international renommierten Schachclub einen Spieler nach dem nächsten vom Spielfeld räumt. Und der berechnende Mörder scheint Barnaby und Jones immer einige Züge voraus. Das macht nichts, denn Barnaby löst den Fall durch eine spektakuläre Rückführung, die Harriets Amnesie heilt. Das ist nahezu famos (albern)!

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Auch in “Reif Für Die Rache” scheinen die Spielarten der Absurdität ordentlich ausgereizt. Ein Laib des guten Midsomer Blue, einer delikaten Käsesorte, die womöglich nur wenigen Feinschmeckern bekannt sein dürfte, wird in der Käserei zur Mordwaffe. Und in der elitären Privatschule nebenan stapeln sich die gegenseitigen verleumderischen Anschuldigungen. Man pflegt den guten Ruf, die Kinder der Molkerei-Angestellten mittels Stipendium zu höherer Bildung zu führen. Nur um die mit helfender Hand Aufgenommenen hinterrücks ebenso rasch wieder auszusortieren. Illegaler Käsehandel sowie ein militanter Veganer stören dabei das friedliche Leben des (Mütter-)Schulvorstandsrates ganz ungemein. Mit dieser Folge ist wirklich ein feiner Ausstand für Jones gelungen.

“Wer Mit Geistern Spielt” führt sodann den neuen Assistenten direkt ins paranormale weihnachtliche Gruselgeschehen. Spukt’s im Geisterhaus? Oder klingelt nur die Kasse der Organisatoren? Doch ist es tatsächlich gute Werbung, wenn Besucher der Geisterführung mit einem antiken Schwert aufgespießt werden? Während sich Barnaby 8 einschläfernde Stunden die Aufzeichnung der Überwachungskamera einer wie verlassenen Hauseinfahrt zu Gemüte führt, nimmt Nelson bei seinem ersten Midsomer-Einsatz furchtlos an einer weiteren Spuknacht teil.

Und in “Da Hilft Nur Beten” inspiriert anscheinend ein mittelalterliches Fresko, das einige böse Folterszenen darstellt, einen Täter zu einer Serie übler Morde. Zugleich zieht eine Sturmflut auf, doch während die ersten drei Folgen tatsächlich gewohnt beruhigend amüsante Unterhaltung lieferten, kann in der Schlussepisode selbst die Naturgewalt den Zuschauer kaum vor dem Wegdösen aus dem munteren Treiben bewahren. Und, ach ja, Barnaby und seine Ehefrau Sarah (Fiona Dolman) erwarten Nachwuchs. Spannung ist also vorprogrammiert. Vor allem darf man sich darauf freuen, wie Sykes auf das neue Familienmitglied reagieren wird.

Anna Veronica Wutschel

Inspector Barnaby. Volume 24. (4 DVDs.) Darsteller: Neil Dudgeon, Jason Hughes, Gwilym Lee, Tamzin Malleson, Fiona Dolman u. a. Studio: Edel Germany. Laufzeit: 356 Minuten plus Bonus (Interview mit Gwilym Lee). Sprache: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0). Erscheinungstermin: 15.01.2016. Preis: 31,99 EUR.

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