Geschrieben am 17. Mai 2016 von für Comic, Crimemag

Comic: Erik Kriek: In the Pines – 5 Murder Ballads

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Marcus Müntefering hat sich die von Erik Kriek interpretierten Murder Ballads angesehen und ist sehr angetan.

Murder Ballads nennt man in der US-amerikanischen Folk- und Countryszene Songs, die sich mit Verbrechen und Strafe auseinandersetzen, nicht selten von moralischen Motiven geleitet. Ein Mord geschieht, und am Ende ist der Mörder selbst tot – oder halb wahnsinnig vor Schuldgefühlen. Einige der besten dieser Killer-Songs hat sich jetzt der niederländische Comic-Künstler Erik Kriek zum Vorbild für seine neue Geschichtensammlung „In the Pines“ genommen. Oder vielleicht sollte man besser sagen: zum Ausgangspunkt, denn Titel und grobe Handlungszüge sind meist alles, was er von der Vorlage übernimmt.

Mit „The Long Black Veil“ hat Kriek eine der berühmtesten Murder Ballads ausgesucht, die man hierzulande vor allem in der Version von Johnny Cash kennt. Der schlichten Geschichte von dem Mann, der unschuldig zum Tode verurteilt wird, weil diejenige, die ihm ein Alibi geben könnte, die Frau seines besten Freundes ist, fügt Kriek lediglich eine schön fiese Pointe hinzu. Anders geht er mit „Where the Wild Roses Grow“ um, dem campen Duett von Nick Cave und Kylie Minogue: Hier dreht er die Geschlechterverhältnisse um, was die Geschichte erst richtig interessant macht. Übrigens verrät Kriek in einem lesenswerten Interview mit stern.de, dass er Nick Cave gar nicht besonders schätzt, sondern den Song nur ausgewählt hat, weil er auch in Europa populär ist.

Kriek ist musikalisch eher Traditionalist: Die weiteren Murder Ballads in seinem Buch basieren auf Songs von Steve Earle, dem großartigen Bewahrer der linken amerikanischen Folk-Tradition („Taneytown“), der (im besten Sinne) spröden Countrysängerin Gillian Welch („Caleb Meyer“) und auf dem Traditional „Pretty Polly“.

Schwarzweiß sind die Tableaus, die Kriek entwirft, mit von Story zu Story wechselnden Pastellfarben unterlegt. Dadurch und durch die Technik, die etwas Holschnittartiges besitzt (hier ausdrücklich nicht im übertragenen Sinne gemeint!), bekommen die Bilder etwas extrem Rauhes, fast schon Grobes, das wunderbar zu den düsteren Geschichten von Mord, Wahn und Vergeltung passt.

Übrigens liegt „In the Pines“ auch eine CD bei: Der Autor covert zusammen mit der Band The Bluegrass Boogeymen die fünf Stücke plus das Traditional, das dem Buch seinen Namen gab. Eine nette Zugabe, aber wer wirklich spüren will, welche Wucht Murder Ballads entwickeln können, der sollte sich die Versionen von Cave, Cash & Co anhören.

Marcus Müntefering

Erik Kriek: In the Pines – 5 Murder Ballads. Avant-Verlag, Berlin 2016. 128 S., 24,95 Euro.

 

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