Geschrieben am 15. Oktober 2011 von für Carlos, Crimemag

Carlos

Aus dem Leben großer Geister, ja, da obwaltet tonnenschwer Kultur. Aber tonnenschwerer obwaltet sie at Carlos … Voilà:

Wenn man „Literaturanekdoten“ googelt, kann es einen hierhin verschlagen, und wir lesen gar Brüllkomisches:

Fjodor Dostojewski

Dostojewski war oft geistesabwesend. Er bemerkte dann nicht, wenn jemand mit ihm sprach, und antwortete ganz mechanisch. Eines Tages sprach ihn auf der Straße eine Bettlerin an und erzählte von ihrem kranken Mann und ihren zwei Kindern zu Hause. Gedankenlos gab Dostojewski ihr dreißig Kopeken. Da schimpfte die Bettlerin los: „Schämst du dich nicht, mich so in aller Öffentlichkeit zu blamieren?!“ Es war des Dichters eigene Frau, die ihren Mann einmal nasführen wollte.

Oder auch:

Wilhelm Raabe

Ein Stuttgarter Verleger lud Raabe zur Mitarbeit an seiner Zeitschrift ein. Um die Ansprüche des Dichters gering zu halten, schloss er seinen Brief mit einem Wortspiel: „Zahle Honorar rar.“
Raabe antwortete umgehend: „Liefere Beiträge träge!“

Und schließlich:

Johann W. v. Goethe

Wenn Goethe mit seinem Freund, dem Schweizer Maler und Kunsthistoriker Johann H. Meyer, spazierenfuhr, soll sich ihr Gedankenaustausch folgendermaßen abgespielt haben: Goethe sagte von Zeit zu Zeit: „Hm, hm.“ Worauf Meyer erwiderte: „So ischt’s!“
Jaja, und so war’s bestimmt auch.

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Es fällt freilich auf, dass die deutsche Krimigegenwart in diesem bunten Strauß der Extremstvergnüglichkeiten etwas zu kurz kommt. Das gilt es zu ändern!

Thomas Wörtche

Der scharfzüngige Berliner Krimikritiker Thomas Wörtche war für seine scharfe Zunge bekannt, die er nicht selten als spitze Feder einsetzte. Als er einmal zur Leibesertüchtigung auf dem Kurfürstendamm Rollschuh fuhr, was angesichts seiner vielen Projekte selten genug auch nur möglich war, tötete er versehentlich den Pudel einer älteren Dame aus gehobenen Kreisen durch Überfahren.

„Ick werd dir verklagen!“, zürnte diese, erschrocken ins Idiom der Straße fallend.

„Ich verstehe Ihnen“, parierte der Wortmetz, fuhr aber nicht weiter, sondern beglich den Schaden aufs Großzügigste und hieß einen Dienstmann an, den Kadaver zu entfernen, die Dame freilich nach Hause zu bringen und beruhigend auf sie einzusprechen. Auch jener konnte sich über ein beträchtliches Trinkgeld freuen.

Frank Göhre

Der Hamburger Krimiautor Frank Göhre war zeitlebens unempfindlich gegen das Getöse der Literaturkritik. Ganz anders verhielt es sich, wenn man auch nur ein verächtliches Wort über seine Feuerlöschersammlung fallen ließ. Ein ums andere Mal forderte er da Genugtuung und traf sich im Morgengrauen am Elbufer – mal mit dem Degen, mal mit der Pistole, einmal sogar mit der Motorsense im Gepäck.

Nach einem Duell, das denkbar knapp zu seinen Gunsten ausgegangen war, sinnierte er über einem frühen, zur Dämpfung seiner febrilen Stimmung eingenommenen Rumpunsch zu seinem langjährigen Sekundanten, dem Küster Jansen hin: „Es ist doch seltsam, da schlage ich mich ein ums andere Mal auf Leben und Tod zugunsten meiner Feuerlöschersammlung, mal mit dem Degen, mal mit der Pistole, einmal sogar mit der Motorsense – und bin aber zeitlebens unempfindlich gegen das Getöse der Literaturkritik. Außerdem“, er leerte das Glas in einem Zug, „bin ich mir gar nicht sicher, ob man bei zwei Feuerlöschern schon von einer Sammlung sprechen kann.“

 

Felix Huby

Der schwäbische Krimiautor Felix Huby wurde bei einem Kuraufenthalt in Eiterbach im Odenwald von einer ungebildeten Fabrikantengattin aus Lausitz mit dem Betreiber des berühmten „Eselpark Nessendorf“ verwechselt.

Da Huby aber die falsche Anrede gar nicht hörte, kurierte er doch eine hartnäckige Ohrenentzündung aus, blieb der nassforschen Dame die fällige Blamage erspart und der Kasus war somit folgenlos.

Carlo Schäfer

Der Heidelberger Krimiautor Carlo Schäfer wurde einmal gefragt: „Entschuldigung, sind Sie Carlo Schäfer?“ Der Autor, von Natur aus scheu, antwortete nicht, sondern sprang in ein Gebüsch.

„Das war er bestimmt“, hörte er den Gefragthabenden zu seiner Ehefrau sagen. „Mag sein“, soll diese gleichmütig geantwortet haben, „solange unsere Hecke noch nicht voll angewachsen ist, sollten wir ihn jedenfalls nicht einladen.“

Hera Lind

Nachdem die große Autorin Hera Lind ihren ersten Krimi „Der Supermord“ veröffentlicht hatte, reiste sie zur Erholung in die Schweiz. Zu ihrer Freude sah sie im Gotthardexpress einen Neger, der ihr Buch las.

„Gefällt Ihnen das Buch?“, fragte sie freundlich. Doch der Neger konnte kein Deutsch. Die für ihren Humor bekannte Dichterin lachte herzlich über den Neger.

Claudia Schmid

Die Mannheimer Krimiautorin Claudia Schmid wurde einst nach einer Lesung von einer Besucherin derselben gefragt, was es für sie bedeute zu schreiben.
Die Dichterin antwortete: „Schreiben bedeutet für mich, meiner ausgeprägten Fantasie absolut freien Lauf zu lassen. Ein Ort kann eine Geschichte bei mir anregen, oder Personen – oft auch Begebenheiten. Der kreative Prozess des Schreibens macht mir total viel Spaß und ich kann meine Beobachtungsgabe für andere Menschen hier einfließen lassen. Mein besonderes Interesse gilt dem Abgründigen im scheinbar ach so Normalen, dem, was sich hinter der glatten Oberfläche verbirgt. Historische Stoffe interessieren mich sehr – Personen, die in ihrer Zeit etwas Herausragendes bewegt haben und als Anreger und Ideen-Anstifter über Generationen hinweg nachhaltig gewirkt haben, so wie der geniale Erfinder und Tüftler Karl Drais mit seiner Laufmaschine, die letztendlich Jahre später zur Erfindung des Automobils führte.“

„Hm, Hm, Sie meinen sicher das Fahrrad! Oder wollen sie mich nasführen?“, fragte da die Besucherin.
Die Dichterin schaute sich um: „In diesem Raum kaum!“
Erleichtert stimmte die Besucherin zu: „Dummdideldu!“

Carlo Schäfer