Weltlyrik Tag

Posted On Mai 22, 2013By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Robin Robertson

Über die Zeit In der Zeit, die ich brauchte, um Luft anzuhalten und unterzutauchen im Badewasser (das Blut dumpf in den Adern pochen zu hören, und dann zurück an die Oberfläche zu kehren), waren meine Eltern gestorben, war das Haus verkauft worden, wurde es abgerissen um mich herum, Wand um Wand, mit Kugel und Kette. Ich mache einen Schwimmzug unter Wasser, erreiche schnaufend die andere Seite – da ist meine Ehe gescheitert, sind die Töchter erwachsen, in festen Händen, ist schlaffer die Haut um Beine und Arme, und mein HerzRead More

Posted On Mai 15, 2013By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Adonis

Auf die Nacht der Bilder zu Als wir noch die gleichen Träume hatten Und die gleichen Segel Wie die Seefahrer der Liebe Als wir ihre Gestade entdeckten: Ebbe und Flut, wir erheben uns und wir sinken nieder Mein Leib reiste in einem Schiff Aus Sehnsucht, Und meine Gesänge in einem Schiff Aus Funken – Auf die Nacht der Bilder zu. Unsere Liebe – Wir sollten ihre Wälder vermählen Mit der dort anbrandenden Luft – Unsere Liebe durchforstet die Berge und Ebenen, die sie Ringsum umzingeln Unsere Liebe – eine TreppeRead More

Posted On April 3, 2013By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Johannes Kühn

Der Preis Sie sind, die Spötter, über mir wie Vögel mich belästigend im Flug, bei mir gewesen viele Jahre. Nun bietet diese Ehrung ihren Schein, und wie trüber Spuk verschwänden sie. Vielleicht werd ich erlöst auch vom Ruf aus Fernen: Narr, noch immer schwebst du hin mit Versen, für uns belachenswerten. Ich hoffe es. Johannes Kühn ein „Weltlyriker“? Das ist doch nur ein freundlicher, 1934 geborener Herr, der sein Leben lang seinen kleinen saarländischen Geburtsort nur selten verlassen hat. Studium in der 30 km nördlich gelegenen Landeshauptstadt Saarbrücken und –Read More

Posted On März 27, 2013By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Philippe Jaccottet

So viele Jahre und wahrhaftig so dürftiges Wissen, so leicht versagendes Herz? Nicht die schäbigste Münze, den Fährmann zu entlohnen, wenn er herankommt? – Sieh meinen Vorrat: Gras und rasches Wasser, ich habe mich leicht erhalten, auf daß der Nachen weniger einsinkt. Übersetzung: Friedhelm Kemp Soll man Philippe Jaccottet (geboren 1925 in Moudon, Westschweiz, Kanton Waadt) nun einen Lyriker oder einen Essayisten oder einen Übersetzer oder einfach „nur“ einen Schriftsteller nennen? Was aber ist damit gewonnen, wenn man für ihn und sein Werk nach einem einzigen Etikett sucht? Und welcherRead More

Posted On März 6, 2013By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Bei Dao

An einem Abzweig Vergangene Tage tadeln die Blüte des Augenblicks All die Nächte, die Frühlinge stolz machen rollen mit dem Gestein dahin Sie zerschlagen alles Glas im Traum Warum nur weile ich hier? Briefe aus der Lebensmitte verbreiten eine weite Wehmut Schuhe, die nie einen Zweifel kannten, wechseln Stümpfe oder ihre List Ohne jeden Plan schweife ich bei irgendeinem Konferenzbericht noch weiter in die Ferne Ich folge einer Partikel und biege ab Gemeinsam mit armen Seelen heiße ich an einem Abzweig das Abendlicht willkommen. Aus dem Chinesischen von Wolfgang KubikRead More

Posted On Februar 27, 2013By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: William Wordsworth

Old Man Travelling Animal Tranquillity and Decay, a Sketch — The little hedge-row birds, That peck along the road, regard him not. He travels on, and in his face, his step, His gait, is one expression ; every limb, His look and bending figure, all bespeak A man who does not move with pain, but moves With thought – He is insensibly subdued To settled quiet : he is one by whom All effort seems forgotten, one to whom Long patience has such mild composure given, That patience now dothRead More

Posted On Februar 20, 2013By Redaktion CMIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Werltlyrik: Ida Vitale

Geschichte Wir sind die lange Treppe hinaufgelaufen Haben kaum geachtet auf mögliche Details links und rechts, Überraschungen eines Fensters offen zur Welt hinter den Scheiben, Spiegelungen, Reminiszenzen dessen, der vor uns hinaufstieg. Rasch überquerten wir die nutzlose Rast des Treppenabsatzes, liegengebliebene Rosen, alles andere als echt, die Ranken des immer auf seine unauslöschliche Weise blinden Himmels. Wir stiegen und stiegen ewig das Gleiche hinauf, nur wurde das Licht immer schwächer, der Schacht immer tiefer. Übersetzt von Angelica Amman Man glaubt schon einige Dichterinnen und Dichter zu kennen, die mit ihrerRead More

Posted On Februar 6, 2013By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Chirikuré Chirikuré

Orte der Fiktion jedem Gesicht stellte sich dieselbe Frage nach Orten an denen ich gewesen bin nur das Herz antwortet der Mund ist schwach, doch was im Herzen, ist füllt die Kornkammer mit verträumten Gesichtern und Ungläubigkeit stellen sie weitere verwunderte Fragen fragen noch einmal, wo ich schon überall war ich antworte prompt: ich war im Land stummer Echos in den Sanden des uralten Timbuktu sie schütteln die Köpfe wie Stiere und während sie trinken, lachen sie spöttisch: solche Orte gibt es nur in der Fiktion ich senke den KopfRead More

Posted On Januar 30, 2013By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Adam Zagajewski

Jetzt, da du das Gedächtnis verloren hast (meinem Vater) Jetzt, da du das Gedächtnis verloren hast und nur hilflos lächeln kannst, möchte ich Dir helfen – hast doch einst du, wie ein Demiurg, meine Phantasie geöffnet. Ich denke an unsere Ausflüge, Wolken aus Wolle, tief über dem feuchten Wald in den Bergen schwebend ( ihn diesem Wald kanntest du jeden Pfad), und auch an den Sommertag, als wir auf die Spitze des hohen Leuchtturms an der Ostsee kletterten und lange auf das endlose Wogen des Meeres schauten, seine weißen NähteRead More

Posted On Januar 23, 2013By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Charles Simic

21. Dezember Diese Kriege, die nur enden, um neu zu beginnen, wie der Friseur beim Haarschneiden, oder wie diese Winter mit den trüben Tagen, die bis zu Kain zurückreichen. Alles, was ich je getan habe, war – so scheint es –, mit einem Stock in Ruinen herumzustochern, bis mich Ruß und Asche bedeckten, die ich nicht abwaschen konnte, selbst wenn ich gewollt hätte. Aus dem Amerikanischen von Wiebke Meier Der 1938 in Belgrad geborene und bereits 1945 in die USA ausgewanderte Charles Simic ist sicherlich in der ersten Reihe derRead More

Posted On November 14, 2012By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Jan Skácel

Empfindsam und noch empfindsamer Für den alten aberglauben und für so kluge ohren, fürs radar der sommernächte unter den linden, für die häßlichkeit des eigenen antlitzes schlugen einst die menschen die fledermaus ans tor. Mit dem stift durchdrangen sie die dünne haut der flügel, die kleine leiche hing zerknittert in der stille, und das schamvolle entsetzen, seidenglatt, rauschte lange auf den kleinen fallschirmen der glocken. Warum trag ich dieses marterbild in mir, und warum prüfe ich, bevor in einem neuen haus ich um nachtlager bitte, aufmerksam und lange die pfostenRead More

Posted On Oktober 10, 2012By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Wallace Stevens

The Emperor of Ice-Cream Call the roller of big cigars, The muscular one, and bid him whip In kitchen cups concupiscent curds. Let the wenches dawdle in such dress As they are used to wear, and let the boys Bring flowers in last month’s newspapers. Let be be finale of seem. The only emperor is the emperor of ice-cream. Take from the dresser of deal, Lacking the three glass knobs, that sheet On which she embroidered fantails once And spread it so as to cover her face. If her hornyRead More

Posted On September 19, 2012By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Ndjock Ngana

„Gefangenschaft” von Ndjock Ngana In nur einer Stadt zu leben, in einem einzigen Land, in einem einzigen Universum, in nur einer Welt – das ist eine Gefangenschaft. Nur einen einzigen Freund zu lieben, nur einen Vater, nur eine Mutter, nur einen einzigen Menschen – das ist eine Gefangenschaft. Nur eine einzige Sprache zu kennen, nur eine einzige Arbeit, eine einzige Kultur, eine einzige Zivilisation, nur eine einzige Logik zu kennen – das ist eine Gefangenschaft. Nur einen einzigen Körper zu haben, nur ein Denken, ein einziges Bewusstsein, eine einzige ExistenzRead More

Posted On September 12, 2012By Die RedaktionIn Litmag, LitMag-Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Oktay Rifat

Die See, die Frau und die Eule von Oktay Rifat Die Frau mit der Eule schaut uns an, ohne je zu blinzeln. In ihrer offenen Hand liegt eine Münze. Wir und die Fischer schauen sie müssig an. Einer von ihnen wirft einen Fisch, ein anderer flickt sein Netz, schert sich um nichts. Ihre Augen und ihre Hand bleiben offen wie die Augen der Eule. Plötzlich kommt die See herein und schüttet ihr Indigoblau auf Eule und Frau. Ohne sich umzuschauen kehren sie dahin zurück, wo sie herkamen. Blaues tieftiefes Blau.Read More

Posted On August 8, 2012By Carl Wilhelm MackeIn Litmag, Lyrik

LitMag-Weltlyrik: Conceiçao Lima

Amadors zweiter Aufstand Die Wolken werden wieder den Gipfel bedecken, und die Männer marschieren über die Ebene. Unerwartet werden wieder die Fluten steigen, um von den Wegen tote Blätter und verlorene Schritte fortzuspülen. Übersetzt aus dem afrikanischen Portugiesisch von Juana und Tobias Burghardt. Conceiçao Lima (Maria de Conceiçao Costa de Deus Lima) wurde 1961 in Santana, Insel São Tomé, Republik São Tomé und Príncipe geboren.  Sie gehört inzwischen zu den großen zeitgenössischen Lyrikerinnen der lusoafrikanischen Sprache und Kultur. Längere Zeit arbeitete sie als Journalistin für verschiedene Medien ihrer Heimat. InRead More